Die schoenen Hyaenen
Anfang an richtig angefühlt. Sex mit anderen Männern ist anders. Da sind sozusagen zwei verschiedenen Arten im Bett. Ihre Art und unsere Art. Sogar mit Boyd und dann mit Michael McLain habe ich diesen Wettstreit empfunden.«
Jahne dachte an Michael und Sam und nickte.
»Und mit Dean ist das eben nicht so. Da habe ich nicht den Eindruck, er oder ich müßten etwas Besonderes tun. Es gibt keinen Wettstreit. Es sind nur wir, und wir sind eins. Das ist nicht so aufregend wie mit Michael. Das gebe ich zu. Und eine Weile lang hat mich das auch durcheinandergebracht. Aber jetzt bin ich sicher: Auch wenn es nicht Sex ist, wie er sein sollte, ist es Sex, wie Dean und ich ihn mögen.« Tränen traten in die bezaubernden Augen des Mädchens, als sie Jahne unsicher ansah.
Plötzlich wurde Jahne unheimlich neidisch. Denn für sie hatte es immer nur den Kampf zwischen ihr und den Liebhabern gegeben. Kampf um Besitz, um das Dominieren, um die Freiheit. Die Schlacht der Geschlechter. Stets war der Aufregung die Enttäuschung gefolgt, die Einsamkeit und das Gefühl, betrogen worden zu sein. Immer. Niemand ist je auf meiner Seite gestanden, dachte sie. Außer vielleicht Neil. Doch er war nicht aufregend und nicht ansehnlich genug für Jahne gewesen. Sie hatte nie mit ihm geschlafen. Nun war es für Neil wohl zu spät. Vielleicht auch zu spät für Jahne.
Sie betrachtete ihre schöne junge Freundin, die ein so einfaches, ehrliches Gemüt hatte und so rein war wie frischgefallener Schnee. Sie dachte an die vielen Ratschläge, die sie Sharleen gegeben hatte. Herablassend hatte Jahne sich gegenüber der jüngeren Kollegin benommen. Das machte sie jetzt verlegen.
»Was wirst du jetzt machen?« fragte Jahne.
»Wir nehmen meinen Freund beim Wort. Dean und ich. Wir ziehen mit Dobe nach Wyoming. Wir sind ja Partner auf einem Stück Land, das er gekauft hat. Dean und ich werden später heiraten.«
»Du gehst also, ohne einen Blick zurück?«
»Sicher doch! Und ich werde glücklich werden. Der Schuß hätte auch mich treffen können oder dich.«
»Wirst du nichts vermissen? Du wirst dann nicht mehr im Mittelpunkt stehen wie jetzt. Dann gibt es keine Spannung mehr. Nur noch den Alltag.«
»Vermissen werde ich es bestimmt. So wie früher wird es nie wieder sein. Das wissen wir beide. Doch so wahnsinnig viel Geld bleibt am Ende ja auch nicht übrig. Viel ging für Steuern und Honorare drauf. Das Haus war so stark belastet, daß wir viel an Zinsen und Tilgung zahlen mußten. Sieht ganz so aus, als wäre nur Mr. Ortis der große Absahner. Der wird mir nicht fehlen. Ich habe meine Stiefmutter mehr vermißt, als sie bei uns war, als in der Zeit ihres Untertauchens, wenn du verstehst, was ich meine. Die Vorstellung, berühmt zu sein, wird mir bestimmt ein bißchen fehlen. Wäre ja unnatürlich, wenn es anders wäre. Aber das alles hier fehlt mir nicht.« Sie sah sich um. »Nur du wirst mir fehlen. Aber ich hoffe, du kommst uns besuchen.«
»Das verspreche ich dir.«
»Und was machst du? Bleibst du hier?«
»Ich muß noch einiges regeln.«
»Und danach?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Du bist auf unserer Ranch immer willkommen, Jahne.« »Danke!« Gerührt fand Jahne, daß sie eine so gute und ehrliche Freundin nicht verdient habe. Um die gedrückte Stimmung zu verscheuchen, scherzte sie: »Von nun an gibt es keine Crimson, Cara und Clover mehr.«
Sharleen ging auf Jahnes Stimmung ein. Sie warf den Kopf zurück und pfiff. »Du irrst dich. Wir nehmen doch die drei Hunde mit.« Lachend streichelte sie den Kopf des ersten Hundes, der an ihr hochsprang.
22.
Jahne zog sich sorgfältig an. Wie für einen Termin zum Vorsprechen. Allerdings wußte sie selbst nicht, welche Rolle nun von ihr verlangt wurde. Die der guten Freundin? Dafür war es an sich zu spät. Die Rolle hatte sie Neil gegenüber viel zu lang vernachlässigt. Die Rolle der guten Fee? Doch Jahne taugte nicht dazu. Neil brauchte einen guten Psychiater und einen noch besseren Anwalt. Nichts sonst. Zumindest konnte sie Neil mit Geld aushelfen. Es sei denn, ihr Hilfsangebot kam schon zu spät.
Wahrscheinlich wird Neil nicht einmal ahnen, wer ich bin. Er wird mich ja nie als Mary Jane erkennen. Vielleicht will er mich nicht einmal sehen! Sie betrachtete sich im Spiegel ihres marmorgekachelten Badezimmers. Sie trug Jeans und einen weiten Pullover, den sie bei dem Kurzurlaub mit Sam in Nordkalifornien getragen hatte. Das Spiegelbild zeigte ihr eine schicke Frau, eine Frau, die
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