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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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Mistkerl John Simon hat dich in den höchsten Tönen gelobt, und der macht doch alle runter. Scheiß auf Hollywood, scheiß auf Sam, scheiß auf sie alle.«
    Neil, Mary Janes bester Freund, nahm sie in die Arme, wenn sie weinte, brachte sie zum Lachen und kochte ihr Nudeln. Neil war ein großartiger Freund, doch er behielt nicht recht. Nach Jack and Jill and Compromise wurde Mary Jane keine neue Rolle angeboten.
    Sam kehrte zurück. Schuldbewusst und betreten. Mary Jane versuchte, sich mit den Tatsachen abzufinden. Verständnis zu zeigen. Sam hatte eben keine Wahl gehabt. Klar wollte Hollywood die momentan schärfste Frau für die Rolle, und die hieß eben Crystal Plenum. Als Crystal Plenum die Rolle übernahm, bemühte Mary Jane sich nach Kräften, es Sam nicht zu verübeln, daß er sich wahnsinnig darüber freute.
    Das letzte halbe Jahr lang hatte Mary Jane alles versucht, Sam verzeihen zu können, während seine Karriere sprunghaft nach oben schnellte. Sie mußte ihm verzeihen, wollte sie ihn nicht verlieren. Sie liebte ihn, und sie wußte, daß er sich für sie, so gut es eben ging, eingesetzt hatte. Hollywood hatte einfach keine Verwendung für dicke, unscheinbare Frauen, auf der Leinwand, die schon auf die Vierzig zugingen. Was das anlangte, hatte niemand in Amerika für solche Frauen Verwendung.
    Fröstelnd zog Mary Jane den alten Mantel fester um sich.
    Sam hatte versucht, ihr die Enttäuschung zu nehmen. Er spielte die Bedeutung seiner Flüge nach Hollywood und die Vorbereitungen herunter. Er begann, an einer neuen Produktion zu arbeiten, in der Mary Jane die Hauptrolle übernehmen sollte. Doch Sam nahm ihr übel, daß sie so niedergeschlagen war.
    Wieder erschauerte sie. Der Wind wurde eisiger. Am Times Square ging sie nach Westen durch das Theaterviertel. Ein häßliches, schrill-billiges Viertel, mit alten, zerfetzten und aufgeweichten Reklamezetteln an noch älteren Ziegelmauern, nach Urin riechenden Toreinfahrten. Dennoch ein Viertel, das Mary Jane liebte. Es war Mittwoch, Matinee-Tag. Unter den Markisen der Theatereingänge drängelten sich jetzt, am Spätnachmittag, die Besucher.
    Mary Janes Blick fiel auf das große Plakat über dem Plymouth Theater. Dead Stop . Dafür hatte sie vorgesprochen. Absage. Voller Neid dachte sie an die glücklichen Schauspieler, die Rollen bekommen hatten und jetzt nach der Aufführung hochgestimmt in ihren winzigen Garderoben saßen.
    Seit Jack and Jill nicht mehr auf dem Spielplan stand, fühlte Mary Jane sich verloren und fürchtete nun, auch Sam zu verlieren. Er schwärmte von seinem Film, während sie immer tiefer in ihrem Elend versank. Sie sah ihm zu, wenn er sich für seine Ausflüge an die Westküste vorbereitete und haßte sich selbst, weil sie wie eine Klette an ihm hing, bevor er abfuhr.
    Sam konnte es nicht leiden, wenn sich jemand an ihn klammerte. Darum hatte er wohl auch darauf bestanden, sich erst am Abend auf der Probe mit ihr zu treffen. So ging er Gefühlsausbrüchen aus dem Weg. Die erste Probe mit Sam seit Wochen! Seit fast vier Jahren probte er mit der Truppe und studierte verschiedene Aufführungen ein. Ohne ihn fühlten die Schauspieler sich verloren. Sie alle bauten auf Sam.
    Zugegeben, Sam hatte Mary Jane aufgefordert, mit ihm nach Los Angeles zu fahren. Sie hatte abgelehnt. Ein Fehler? Zumindest das Wetter wäre dort besser gewesen. Kein Schnee, aber auch keine Arbeit.

2.
    Sam Shields nahm seinen Pullover aus der Reisetasche und warf ihn auf das Bett. Nach dem Flug von L.A. nach New York hätte er eigentlich müde sein müssen. Doch er barst vor Energie. Außerdem war die Privatmaschine der Metro Goldwyn Mayer ein schickes Transportmittel. Nur Ersteklassesitze, nur Ersteklassepassagiere. Das MGM-Studio hatte Sam in einem Rolls Royce zum Flughafen bringen lassen. Gipfel des Luxus.
    Geld, eigenes oder das anderer, hatte immer mehr oder weniger außerhalb Sams Reichweite gelegen. Er war an der North Shore von Long Island aufgewachsen, in einem winzigen, gemieteten Haus, das so feucht war, daß die Tapeten sich von den Wänden lösten. Es reichte nie für ordentliche Kleidung oder ein vernünftiges Stück Fleisch, aber immer für ausreichend Gin, dem seine Eltern zusprachen. Sam hatte früh gelernt, wie man ohne Schätze auskommt. Seinem Vater, einem erfolglosen Werbefachmann, hatte die erstklassige Schulbildung nicht geholfen — nur die Mutter, eine schlanke, gut aussehende Frau, hatte ihn wohl für eine ausgezeichnete Partie gehalten und ihn

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