Die schoenen Hyaenen
Das ist einfach so passiert«, versuchte er kleinlaut eine Entschuldigung.
»Wovon, verdammt noch mal, redest du da?«
Sam hielt es für unwahrscheinlich, daß sie nichts von seiner Affaire mit Crystal wußte. Jeder im Ensemble wußte davon, Crystals Mann ausgenommen. April hatte gute Informanten. Wenn sie wirklich nichts gewußt hatte, würde LeVine schnell dafür gesorgt haben, daß die Wissenslücke aufgefüllt wurde. Seymore LeVine, offiziell Co-Produzent, war nur ein Schnüffler. Sein Vater war der Boss von International und auch Aprils Boss. April mußte also alles wissen. Vielleicht wollte sie ein volles Geständnis. Manche Frauen bestanden auf so was.
»Crystal und ich... also irgendwie ist das...«
»Heiliger Strohsack! Das! Die schläft doch mit allen Regisseuren. Wen kümmert das schon? Aber warum hängst du schon zwei ganze Tage hinter dem Termin her? Ist dir überhaupt klar, was das kostet? Wir haben noch nicht einmal mit den Außenaufnahmen begonnen. Seymore hat ausgerechnet, daß wir mindestens eine Woche hinter der Zeit herhinken.«
Sam mußte erst umdenken. »Zieh es mir von meinem Gehalt ab.«
»Entzückend! Es kostet schon jetzt das Doppelte dessen, was du insgesamt zu erwarten hast. Ahnst du,, was ein Tag an Studioaufnahmen kostet? Diese Saukerle von der Gewerkschaft machen Hackfleisch aus uns, wenn du nicht aufpaßt. Keine Überstunden, verstanden? Das ist ein Befehl. Wozu, verflucht noch mal, brauchst du überhaupt Zeit zum Proben? Wir sind nicht am Broadway.«
»Mike Nichols probt immer mit seinem Ensemble. Und als Schauspielerin braucht Crystal... «
»Du bist kein Mike Nichols, Sam, und Crystal ist keine Schauspielerin. Dreh endlich den Scheißfilm runter. Verstanden?«
Sie legte auf.
Seit dem Anruf lebte Sam in Angst, das Budget zu überziehen. Auch wenn er ein Mike Nichols gewesen wäre, konnte man Crystal Plenum mit Sicherheit keine Schauspielerin nennen. Sie war ein Star. Sam begriff erst jetzt den Unterschied. Sie hatte Sam auf Schritt und Tritt bekämpft, wenn er ihr den Sinn ihrer Rolle beizubringen versuchte. Sie wollte die Jill in voller Hollywoodmaskierung spielen: manikürte Fingernägel, hübsches Outfit. Sie hatte die Rolle ja unbedingt haben wollen, hatte sogar darum gekämpft. Doch sie wollte eine Crystal Plenum-Jill daraus machen, und das durfte Sam nicht zulassen.
Sam konnte sich keine Niederlage leisten. Der Gedanke daran, hier zu versagen, lähmte ihn vor Grauen. Nur im Bett wurde er mit Crystal richtig fertig. Da konnte er sie umschmeicheln und ihr versichern, wie toll sie herauskommen würde.
Schon am folgenden Morgen haderte sie mit ihrer Frisur. »Gott, ich sehe beschissen aus!« rief sie bei einem Blick in den Spiegel.
»Du siehst aus, wie Jill aussehen muß«, sagte Sam.
»Ich sehe alt aus.«
»Super. Du bist müde, du bist einsam, dein Leben taugt nichts. So siehst du aus.«
Er legte die Hände um ihr Gesicht und zwang sie, sich von dem Spiegel abzuwenden. »Du wirst sie alle mitreißen. Du wirst die Rolle deines Lebens spielen.«
Sie sah ihn mit einem unsicheren Kinderblick an. Sie, die immer auf ihr Aussehen baute und hatte bauen können, wußte nicht weiter, wenn das Äußere nicht mehr gefragt war.
Als Crystal sich die ersten Drehtage vorführen ließ, brach sie weinend zusammen. Sie weinte eine ganze Nacht und den nächsten Tag. Die Dreharbeiten mußten ausfallen.
Wieder beruhigte Sam sie. Und er beschloß, daß künftig niemand mehr die Aufnahmen des Tages zu sehen bekam, außer Seymor, ihm und dem Aufnahmeleiter. Sam hielt die Filmrollen unter Verschluß. Er achtete auf das Budget und hatte zweimal pro Nacht Sex mit Crystal. Das war anstrengend, aber machbar.
Denn trotz des Zeitdrucks und all der anderen Schwierigkeiten, fühlte er sich endlich im Mittelpunkt. Das, was er vollbrachte, würden einmal Millionen sehen, nicht nur einige hundert. Und alles wäre auf Celluloid gebannt, bis das Material zerfiel. Er schuf sich ein Stückchen Unsterblichkeit.
New York war sehr weit weggerückt. Er dachte nur ungern daran. Denn mit dem Leben von damals verband ihn nichts mehr. Er nannte ein Büro sein eigen, ein Büro in den International Studios. Er verfügte über eine Sekretärin und hatte ein Verhältnis mit dem großen Filmstar Crystal Plenum. Zwar störte es ihn sehr, daß sie verheiratet war. Doch Crystal versicherte ihm, daß ihre Ehe nur noch auf dem Papier existierte und diese Affäre keine Rolle spiele, genausowenig wie ihre vierjährige
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