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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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Tochter.
    Bethanie war Sam natürlich rechtlich losgeworden. Ihr hatte er ja auch nichts versprochen. Immerhin war sie durch ihn nach L.A. gekommen, konnte sich eine Wohnung leisten und spielte kleine Rollen in Seifenopern. Sie hatte also nicht den geringsten Grund zu klagen.
    Oft dachte Sam an Mary Jane. Scham und Schuldgefühle plagten ihn. Er hätte sie anrufen sollen. Doch er hielt sich an den Wahlspruch seines Vaters: Was vorbei ist, ist vorbei. Dennoch fehlte sie ihm. Er hätte sich gern mit ihr über die Oberflächlichkeit und die kleinlichen Eifersüchteleien in L.A. lustig gemacht. Keine andere Frau hatte es je fertiggebracht, in Sam so viel Selbstvertrauen zu wecken.
    Andererseits war es richtig gewesen, sich nicht mit Mary Jane in Verbindung zu setzen. Sie wäre ihm bei Crystal nur im Weg gewesen, und er hätte auch keine Zeit für sie gehabt.

7.
    Jahne hörte noch den Applaus. Acht Vorhänge hatte sie gehabt. Beverly, der Bühnenleiter, steckte ihr im Vorbeigehen eine Zeitung zu. »Kritik auf Seite sechsunddreißig. Lies sie, Jahne. Du kannst zufrieden sein.«
    Jahne schloß die Tür ihrer Garderobe und lehnte sich an die Wand. Sie versuchte, zu Atem zu kommen. Zum fünfzehnten Mal stand sie nun als Nora in dem Drama von Ibsen auf der Bühne, und der Erfolg hatte sich ständig gesteigert. Jahne war außer sich vor Freude. So hatte sie sich das immer vorgestellt. Den Applaus, die Liebe und die Hochachtung des Publikums. Es störte sie nicht, daß es nur ein Theater in West-Hollywood war und hier niemand zwischen Ibsen und Ionesco zu unterscheiden wußte. Das änderte nichts an ihrem Triumph.
    Sie zog sich aus und stand vor dem zimmerhohen Spiegel in ihrer Garderobe. Erst drehte sie sich nach der einen, dann nach der anderen Seite. Das Licht fiel auf einige Narben. Hastig vergewisserte sie sich, daß ihre Tür abgeschlossen war.
    Der Bauchschnitt über dem Ansatz des Schamhaares verblaßte allmählich zu einer hellbraunen Bleistiftlinie. Anders die beiden Narben von der Mitte ihrer Brüste bis zum Brustkorb. Die waren noch immer rot. Sie cremte sie täglich mit Vitamin E ein. Die Schnitte um ihre Brustwarzen konnte man kaum erkennen. Doch wenn sie die Arme hob, sah man die Narben vom Ellenbogen bis zur Achselhöhle. Das gleiche galt für die Innenseiten ihrer Oberschenkel und ihren Po. Niemand außer Pete sah sie je nackt, und da bestand sie ja darauf, daß sie sich im Dunkeln liebten.
    Dr. Moore hatte behauptet, daß sie gutes Gewebe habe, und das stimmte offenbar. Die Einschnitte waren schnell verheilt. Sehen würde man sie immer. Sie erinnerten Jahne an New York und das Gestern. Darum vermied sie es im allgemeinen, die Narben anzusehen.
    Sie zog einen Baumwollkimono an und sank auf die altersschwache Couch. Dann las sie die Kritik, die ihr Beverly zugesteckt hatte. Der Artikel begann mit einer Würdigung von Melrose:
» Die Geschichte des Melrose Playhouse ist, wenn man so will, die Geschichte des Theaters an der Westküste. Auch wenn es nicht das Lunt-Fontanne oder der Winter Garden am Broadway ist, kann das Melrose viele Erfolge in Reihe verzeichnen. Jeden muß die Entdeckung neuer Talente, auf die es dieses Theater anlegt — und die ihm keineswegs in den Schoß fallen — mit Neid erfüllen. Wieder einmal setzt das Melrose Playhouse neue Maßstäbe, nicht nur in seiner mutigen Modernisierung der Nora, sondern auch in der Wahl seiner Hauptdarstellerin. Jahne Moore als Nora ist eine meisterhafte Schauspielerin und bildschön. Sie spielt eine Ehefrau in Hollywood, eine Gefangene ihres Lebens in Beverly Hills, die sich aus ihrem goldenen Käfig hinaussehnt. Diese Nora versteht es, Mitgefühl zu erregen und die Tragik spürbar zu machen, trotz ihrer Schönheit und obwohl sie ein Leben führt, das im Grunde beneidenswert ist. Moore wird mit diesen Schwierigkeiten dank ihres großen Talents fertig. Während die Modernisierung des Stücks gewisse Schwächen zeigt, ist die schauspielerische Leistung von Jahne Moore bewundernswert. «
    An sich glich der Artikel vielen ähnlichen, die Jahne seit der Premiere des Stückes gelesen hatte. Doch dieser Artikel stammte von Biltstein, dem bekannten Kritiker der L.A. Times. Damit wurden auch wichtige Leute aus Hollywood angezogen.
    Es klopfte. Nur sehr sanft. Doch Jahne schrak zusammen. »Wer ist da?«
    »Marty DiGennaro.«
    Jahne öffnete lächelnd die Tür. Das Ensemble neckte sie oft und spielte ihr Streiche. Das war also wieder einer. Doch das Lächeln erstarb

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