Die schoenen Hyaenen
immer nur nach seinem letzten Erfolg beurteilt. Und der lag weit zurück.
Früher, als er noch mit Milton Glick zusammen war, konnte ihnen niemand das Wasser reichen. Sie machten die besten Rollenbesetzungen weit und breit. Fürs Fernsehen, für Filme, für alles, was verlangt wurde. Keine lausigen Werbespots. Damals konnte er jede Nacht mit einer anderen Puppe ins Bett gehen. Sein Büro befand sich in einer guten Gegend. Er wohnte in einer Suite im Sands.
Besonders weh tat es, daß Glick, Pauls Ex-Partner, mit seinem neuen Partner Weinstein nach wie vor Erfolge verzeichnete. Sie galten als erste Adresse, wenn ein neuer Film zu besetzen war.
Mit Paul Grasso ging es dagegen bergab. Er mußte jeden Dollar zweimal umdrehen. Klar, er kam über die Runden, aber die großen Fische schwammen an ihm vorbei.
Seine Sekretärin meldete ihm über die Sprechanlage, daß Lila Kyle eingetroffen war. »Sie soll warten.« Wieder so ein hirnloses Töchterchen von einem Ex-Star, das eine Rolle haben will, dachte Paul angewidert. Doch er konnte Robbie Lymon keinen Gefallen abschlagen. Theresa und er hatten noch immer einen Namen.
Außerdem interessierte es Paul, was aus dem Kind der schönen Theresa O'Donnell und von Kerry Kyle — der als besser aussehend galt als Tyrone Power — geworden war.
Er ließ Lila hereinkommen. Seine Sekretärin hatte strikte Anweisung, Paul nach fünfzehn Minuten anzurufen. Die Viertelstunde mußte reichen. Er konnte ihr ohnehin keine Rolle anbieten.
Lila kam herein. Paul brauchte einen Moment, um sich zu fassen. Was für eine Schönheit! Tadelloser Busen, ellenlange Beine, wallendes rotes Haar bis zu ihrem schön gerundeten Po. An ihr war nichts Lässiges, wie es die Kids heutzutage bevorzugten. Dieses Mädchen stellte etwas dar. Eine Persönlichkeit.
»Lila! Ich dachte immer, Sie nennen sich Lila O'Donnell, bis Robbie meine Sekretärin kürzlich aufklärte. Ich bin sprachlos. Wie alt sind Sie? Einundzwanzig, zweiundzwanzig? Mein Gott, sind Sie schön!«
»Danke, Paul. Sie haben sich nicht sehr verändert. Wie ich sehe, rauchen Sie noch immer Ihre ekligen Zigarren. Sie sind ein bißchen breiter um die Hüften geworden, aber noch immer ein gutaussehender Mann.«
Lila setzte sich und schlug die schönen Beine übereinander.
Blablabla. Damit kommst du bei mir auch nicht weiter. »Ich habe immer geahnt, daß Sie einmal schöner würden als Ihre Mutter und Ihr Vater. Nennen Sie mich Onkel Paul. Sie waren ein süßes Kind... «
»Ich bin nicht hier, um in Erinnerungen zu schwelgen, Paul. Dazu eignen wir uns beide nicht. Also komme ich direkt zur Sache. Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen, von dem wir beide profitieren.«
Er setzte sich zurück, nahm seine erkaltete Zigarre aus dem Aschenbecher und steckte sie wieder in Brand. Das verschaffte ihm Zeit zum Überlegen. Denn die Unterhaltung lief nicht so ab, wie er das erwartet hatte: Bel-Air-Sprößling auf der Suche nach einem Job. »Schön, was können Sie mir anbieten?«
»Als erstes müssen Sie mich mit Marty DiGennaro zusammenbringen.«
Paul lächelte breit und faltete die Hände über seinem Bauch. Also doch das übliche Blablabla. War sie in den verknallt? Wollte sie nur, daß er sie zum Star machte, oder beides? »Und inwiefern soll ich davon profitieren?«
»Marty DiGennaro wird eine TV-Serie drehen und sucht nach einem neuen Talent. Jungfräuliches, unverbrauchtes Talent. «
Paul lachte laut. »Scheiße. Entschuldigen Sie die derbe Bemerkung. Aber da haben Sie die Namen verwechselt. Marty DiGennaro macht nie etwas fürs Fernsehen.« Er spuckte das Wort Fernsehen aus, als sei es etwas Unanständiges. Offenbar war das Mädchen hübsch, aber strohdumm.
Als könnte sie seine Gedanken lesen, wurde ihre Miene hart. »Ich habe nicht drei Wochen auf einen Termin bei Ihnen gewartet, damit Sie wie mit einem Dummerchen mit mir umspringen, Paul Grasso. Wenn Sie mir zuhören, könnten Sie sogar etwas lernen. Klar, Onkel Paul? Marty DiGennaro macht eine TV-Serie. Er hat das Drehbuch, die Vorlage, den Sender, alles. Außer den Hauptpersonen. Ich habe den Vertrag gesehen. Glauben Sie mir nicht?«
»Nein.« In einer Stadt wie L.A. konnte man eine so große Sensation nicht geheimhalten. Lila errötete vor Ärger und nahm aus ihrer weißen Ledertasche einen Packen Papier. Den reichte sie ihm über den Schreibtisch.
Es war ein Vertrag. Paul begriff, daß er dabei war, sein Gesicht zu verlieren. Doch sie hatte ihn festgenagelt. Herrgott, jahrelang
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