Die schoenen Muetter anderer Toechter
Sub zu uns Lesben herübergeschwappt war, nur ein müdes Lächeln übrig. Ich war nicht politisch genug, um dagegen zu wettern. Ich war gewiss nicht hipp genug, um ihn mitzumachen. Piercing, Branding, gestählte Muskeln und sonnenstudiogefärbte Haut lagen außerhalb meiner Welt. Doch SIE machte mich mit ihrer Art, der Modeerscheinung des sanften Exhibitionismus nachzueifern, geradezu willenlos. Ich starrte SIE an. Vielleicht sollte ich einfach gehen? So wie Jackie letzte Woche: auf dem Absatz rum und nix wie weg.
Warum fiel mir immer Flucht ein, wenn ich sie ansah?
Da trat von links eine Frau an SIE heran und sagte ihr etwas ins Ohr. Sie lachten beide. Ich war hingerissen. Denn schließlich hatte ich sie noch nicht lachen gesehen.
Die letzte Woche, in der ich gearbeitet, Freundinnen gesehen, über den Manuskriptdiebstahl diskutiert hatte, erschien mir plötzlich wie reine Zeitverschwendung. Wie konnte in meinem Leben irgendetwas auch nur für kurze Zeit wichtiger sein, als diese Frau lieben zu wollen!?
Als ich jetzt ihre Freundin genauer betrachtete, staunte ich nicht schlecht: Es war eben jene, die vor ein paar Minuten noch Frauke mit begehrlichen Blicken bedacht hatte. Ihre Haare waren zu einem superkorrekt geschnittenen, messerscharfen Pagenkopf frisiert. Wirklich ›in‹. Als ich sie jetzt nebeneinander stehen sah, ging mir auch auf, warum die andere mir bekannt vorgekommen war: Es war das knapp sitzende T-Shirt mit den tiefen V-Ausschnitt, das SIE letzten Samstag getragen hatte.
Klamotten mit der besten Freundin austauschen. Das hatte ich auch mal gemacht. Vor vielen Jahren … Mir wurde etwas flau.
Andererseits war es auch ein gutes Zeichen. Ich kombinierte den Klamottentausch mit den flüchtigen, vertrauten Berührungen, dem Trinken aus einem Glas, den suchenden Blicken, die nur hin und wieder zueinanderglitten, um von einem wissenden Nicken begleitet zu werden. Diese Kombination ergab: Busenfreundinnen, keine Liebesbeziehung!
Solchermaßen erleichtert, wandte ich mich zu Frauke, um ihr einen Tipp zu geben, wo es heute Abend wirklich etwas zu sehen gab. Doch ich kam nicht dazu.
Fraukes Gesicht war zu einer entschlossenen Miene gerafft. Sie blickte unverwandt quer durch den Raum und sagte so knapp, wie sie es nur in lebensbedrohlichen Situationen tun würde: »Wenn ihr Frederike da nicht helfen könnt, dann werd ich es eben tun.« Und damit war sie fort.
Sie steuerte an der Tanzfläche entlang direkt auf Pes Standpunkt zu. Ich beobachtete atemlos, wie sie ihr reizendstes Lächeln aufsetzte, um genau auf Pes Höhe zu straucheln und sich mit einer Hand auf deren Schulter abzustützen.
Pe hatte eine Sekunde lang Mühe, diesem Angriff standzuhalten, denn Frauke war fast so groß wie sie selber, doch dann fing sie sich und ebenso Frauke, die sie sogleich in ein Gespräch zu verwickeln versuchte. Und Frauke, die ja aus eigens diesem Grund auf sie zugesteuert war, ging nach anfänglichem Zieren scheinbar magnetisch angezogen darauf ein.
Was sollte ich in so einer Situation tun? Atmen! Ja, richtig. Erst einmal atmen. Alles andere würde ganz von allein geschehen.
Und es geschah wirklich. Es passierte etwas, das ich nie im Leben für möglich gehalten hätte. Gerade noch hatte ich deprimierende Gedanken zur Illusionsfabrik Szene gewälzt, hatte Abscheu empfunden und mich weiß Göttin nicht mehr dazugezählt. Doch nun stand diese wunderbare Frau dort an der Tür, in einem Lichtkegel, den nur ich sehen konnte. Adrenalin strömte anstelle von Blut durch meinen Körper, der sich plötzlich reckte und dehnte, als sei so viel ungenutzter Platz in ihm. Platz zum Sehnen und Verlangen. Platz zum hingebungsvollen Verschenken. Platz zum Lieben. Wie leichtfertig gehen wir doch mit dem Wunder des Liebens um. Und wie grandios war es, dass ich mit einem Mal wieder, nach einem Jahr des Alleinseins, mich tief berührt fühlte wie von den Schwingen eines gewaltigen Vogels. Er würde mich davontragen, wenn ich erst einmal ihre Nähe gekostet hatte, das wusste ich. Alles in mir stand in den Startlöchern zu einer wunderbaren Liebesgeschichte. Es kribbelte und zerrte in mir voller Vorfreude. Ich scharrte im Geiste bereits mit den Hufen, konnte es nicht erwarten, loszustürmen. Auf zu Liebesgedichten, auf zu Waldspaziergängen und Sonnenuntergängen am See, auf zu Kerzenlicht und der Entdeckung neuer Düfte, zu innigen Zungenküssen und tastenden Fingern.
Und, nein, ich hatte nicht den Eindruck, das Ganze etwas zu
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