Die schoenen Muetter anderer Toechter
überstürzen!
Ich stand unverändert auf meine Krücken gestützt, sah wie bei einem Tennisspiel von links nach rechts, von rechts nach links, um weder SIE noch Frauke aus den Augen zu lassen. Und da griff eine sehr, sehr große Hand in den gewaltigen Sack mit Goldstaub und Zauberglimmer. Die riesige Hand streute das Glitzern und Flimmern quer durch den Saal. Ich rieb mir die Augen, doch es verschwand nicht. Überall war Pink und Lila, Grün und Knatschgelb. Regenbögen spannten sich über die Tanzfläche und ließen den Boden erbeben, wo sie auftrafen. Mein Herz schlug rasch, und Freude pulsierte durch mich hindurch bis in die Fingerspitzen. Das hatte natürlich alles etwas mit ihr zu tun, aber ich konnte es nicht aufhalten, und ich wollte es ja auch gar nicht ändern. Viel zu freundlich war plötzlich mein Ausblick.
Und so nahm innerhalb von wenigen Minuten alles um mich herum die Gestalt des Wunderlandes an. Während ich außer Atem beobachtete, wie meine liebe Kollegin und Freundin in geradezu halsbrecherischer Art mit der Frau herumplänkelte, die in der Szene dafür bekannt war, dass sie am liebsten alles abschleppte, was neu war.
Solcherart verstört, in kürzester Zeit von der desillusionierten Szenelesbe zur verzauberten Verliebten mutiert, stellte ich fest, dass ich strahlte. Meine Mundwinkel zogen sich eindeutig übertrieben nach oben.
Es gab nur eines, das mich beunruhigte: Was sollte geschehen, sollte SIE plötzlich hinausgehen? Und was um alles in der Welt sollte ich bloß tun, wenn Pe plötzlich einen Überraschungsangriff auf Frauke starten sollte, der sich in einer scheinbar flüchtigen Umarmung oder gar einem spontanem Kuss äußern würde?
Welche Göttin auch immer dafür zuständig war, armen Alm-Beurlaubten auf einer Tanzveranstaltung beizustehen, sie war mir gnädig. Ich wurde keiner Situation ausgesetzt, in der ich mich entweder hätte halbieren oder einen Augapfel verlieren müssen.
Nach dreißig Minuten tat sich am anderen Ende der Tanzfläche etwas. Pe verabschiedete sich unter großen Gesten der Kennenlernfreude, die ich schon unendlich oft hatte beobachten können, und stakste etwas steifbeinig gen Ausgang.
Frauke wartete schlau, bis die große Blonde definitiv verschwunden war. Dann schoss sie wie ein Irrwirsch durch die tanzenden Frauen auf mich zu. Ihr Gesicht war gerötet, aber sie strahlte. Sie sah aus, als könne ihr ab jetzt auf dieser Welt absolut nichts mehr an Herausforderungen begegnen, die sie nicht bestehen würde.
»Wie fandest du meinen Einsatz?«, wollte sie Beifall heischend wissen.
»Ich war geschockt«, sagte ich ehrlich, und sie nickte zufrieden. »Hast du denn etwas herausfinden können?«
»Sie war es!«, stellte sie überzeugt fest. »Ich bin mir ganz sicher. Sie ist so … so schleimig.«
»Das ist nicht mal ein Indiz«, wandte ich ein und sah wieder zur Ecke neben der Tür hinüber. SIE stand immer noch da. Aber ihre Freundin war fort. Wo?
»Glaub mir, ich habe da einen siebten Sinn. So was weiß man einfach plötzlich. Puff! Und du bist dir sonnenklar, dass jemand zu so etwas fähig ist!« Frauke bemerkte meinen angespannten Blick hinüber zur Tür. »Wo schaust du hin? Ach, du liebes bisschen, ist sie das? Oh, Michelin, sorry, das hatte ich doch glatt ganz … ich mein, ich hab’s nicht vergessen. Es war nur vorübergehend außerhalb meiner …«
»Krieg dich wieder ein«, beruhigte ich sie. »Nicht du bist wegen ihr hier, sondern ich. Ist doch so, oder? Aber jetzt sag mal selbst: Ist sie nicht einfach wundervoll?«
Frauke wagte einige sehr lange, intensive Blicke. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich eine Mischung aus wohlwollender Anerkennung und verzagtem Unverständnis ab.
»Sehr hübsch. Sehr attraktiv. Sehr … jung«, sagte sie, zwar ganz richtig, aber nicht unbedingt zu meiner vollsten Zufriedenheit.
Ich knuffte sie in die Seite.
»Und gut, dass du jetzt von Pe erlöst bist. Dann kann ich jetzt endlich mal einen Versuch starten.« Zitterte meine Stimme da etwa ein wenig?
Frauke nickte aufmunternd und sah sich vorsichtig in Richtung Wand um, wo vor einer halben Stunde noch flirtversessen IHRE Busenfreundin gelehnt hatte. Wahrscheinlich befürchtete Frauke, nun doch, wo ich sie allein ließ, zum Opfer zu werden. Ich wollte ihr gerade mitteilen, dass ihre Interessentin und meine Interessante sich gut kannten, als Frauke, die über meine Schulter sah, mich anstieß: »Sie geht.«
Ich fuhr herum, dass meine Krücken wackelten.
»Was?
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