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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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war nur ein Hauch von Duft, und er zog so schnell vorüber, dass ich fast den Kopf gedreht hätte, um hinterherzuschnüffeln.
    »Hab ich. Aber es ist gar nicht so leicht zu erfüllen«, antwortete ich ihr.
    »Verrätst du es mir?«
    »Ich habe mir gewünscht, heute Abend eine wirklich nette Bekanntschaft zumachen.«
    »Das ist ein ziemlich gemeiner Trick«, meinte sie augenzwinkernd. »Ich könnte mich jetzt dafür verantwortlich fühlen, dass du nicht enttäuscht wirst.«
    Sie zeigte mir beim Lächeln ihre weißen Zähne. Zwischen den oberen Schneidezähnen war eine winzige, verwirrende Zahnlücke zu sehen. Verwirrend deshalb, weil ich bisher der Meinung gewesen war, derartige Zahnfehler müssten sich negativ auf das Gesamtbild auswirken. Jetzt wurde ich allerdings eines Besseren belehrt. Ab dem heutigen Abend würde ich kleine Zahnlücken einfach sexy finden.
    So standen wir nebeneinander, sahen auf die Tanzfläche, und hin und wieder, wenn sie ihre Haare hinters Ohr strich, glitt ihr Blick über mein Gesicht. Manchmal ließ ich sie einfach nur schauen, mich in Ruhe angucken und kennenlernen. Manchmal erwiderte ich diesen Blick. Ihre Kirschaugen glänzten. Es ging ein Funkenregen nieder zwischen uns – als hätte jemand gleich zwei große Wunderkerzen entzündet.
    »Gehst du öfter zum Schwof?«, fragte sie schließlich. Ich nahm an, sie ertrug die Stille zwischen uns nicht länger. »Ich kenne dich irgendwoher.«
    Dieser Zusatz brachte mich in Verlegenheit. Ich erröte selten, aber jetzt spürte ich, wie mir die Hitze über die Ohren floss. So unauffällig war meine Beschattung neulich Abend wohl doch nicht gewesen.
    »Früher sehr häufig. In letzter Zeit nicht mehr, nein. Ich hatte eine Weile eine ziemlich hinderliche Allergie gegen Zigarettenrauch.«
    »Oh«, machte sie und steckte die gerade hervorgekramte Packung rasch wieder in den Bund ihrer Hose zurück. Ich sah es und wertete es als Pluspunkt. Es schien ihr etwas daran zu liegen, mich nicht gleich wieder zu vergraulen. »Wie unangenehm. Ich komme jetzt eigentlich ziemlich regelmäßig her. Na ja, noch nicht so wahnsinnig lange. Früher bin ich an der Kasse immer abgeblitzt, weil ich zu jung war.«
    War das vielleicht ein Versuch, mir durch die Blume mitzuteilen, dass sie mich entschieden zu alt für eine Schwofbekanntschaft hielt?
    »Das ist das Schicksal, das viele Lesben teilen«, seufzte ich. »Wir sehen einfach so wahnsinnig jung aus.«
    Göttin sei Dank. Sie lachte.
    »Ich bin übrigens Michelin.«
    »Ungewöhnlicher Name. Ich heiße Lena.«
    Lena. Lena Rose. Ich schmolz bereits dahin.
    »Bist du allein hier?«, wollte Lena wissen.
    »Oh nein, ich bin mit einer Freundin hier. Sie steht da hinten.« Ich schaute zurück, doch ich konnte Frauke nur im Anschnitt sehen, da sie sich fast hinter eine Säule geschoben hatte. Sie sah zur Seite und lächelte nervös, dann sagte sie etwas zu einer Frau, die leider für meine Augen hinter dem Betonpfeiler verborgen blieb.
    »Mist!«, entfuhr es mir.
    »Wie?« Lena folgte meinem Blick.
    Ich sah sie kurzentschlossen an. »Magst du mitkommen? Ich hab sie dummerweise allein da stehen lassen, und ich fürchte, jetzt muss sie sich gerade irgendjemanden vom Hals halten. Sie hasst solche Situationen.«
    Lena sah mich mit einem Blick an, in dem ich sowohl Zögern als auch Neugierde lesen konnte. Ich schickte ein kleines Stoßgebet zum Himmel, damit sich unsere Wege hier nicht bereits wieder trennen würden.
    »Warum nicht?«, sagte sie lächelnd.
    Ich humpelte vor ihr her und konnte es nicht fassen, dass sie mir tatsächlich folgte. Ich wusste, dass ich die richtige Wahl getroffen hatte. Oder besser: Die Wahl hatte mich richtig getroffen.
    Frauke nahm uns erst wahr, als ich den Gummipfropfen meiner rechten Krücke auf ihrem linken Fuß abstellte. Ihr Gesicht war leicht gerötet, und ihre Augen blitzten vor Aufregung viele kleine elektromagnetische Impulse. Neben Frauke stand Lenas Freundin. Lena grinste still amüsiert von einem Ohr zum anderen. Ich dachte daran, dass ich gesagt hatte, Frauke müsse sich irgendjemanden »vom Hals halten« …
    »Hi. Nancy«, stellte diese sich vor.
    Ich nannte meinen Namen und Lena zu Frauke gewandt ihren und Frauke zu Lena gewandt ihren. Dann lachten wir alle lange und grundlos.
    Nancy wechselte erfreulicherweise die Seite, sodass nun Lena zwischen ihr und mir eingeklemmt war und Frauke an meiner rechten Seite wieder aufatmen konnte.
    Die beiden Freundinnen tauschten einige lange

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