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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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hatte.
    Sie vermied jeden tiefen Blick, und ihre Berührungen waren zwar mit Sicherheit gewollt, besaßen jedoch einen so flüchtigen Charakter, dass ich sie niemals darauf hätte festnageln können. Außerdem ließ sie sich auch nicht von den geschicktesten Fragen dazu bewegen, einen einzigen aussagekräftigen Satz über ihr Liebesleben fallen zu lassen. Ich war ein wenig ratlos. Das, was mich an Lena so fesselte, nämlich ihre Unberührtheit von der Szene, machte mir nun auch die Probleme. Sie kannte anscheinend die Spielregeln nicht. Und die lauteten: Zeig ihr spätestens bei der zweiten Verabredung, was du von ihr willst. Doch genau das tat Lena eben nicht. Ich tappte vollkommen im Dunkeln, was ihre Absichten, mich betreffend, anbelangte.
    Trotzdem hatte ich den Abend mit einem populären Liebesfilm genossen. Lenas Parfüm zog zwei Stunden lang als zarter Hauch an meiner Nase vorüber. Noch in der Nacht glaubte ich, ihn zu riechen, und träumte von der dazugehörigen Gestalt. Am Montagmorgen schellte der Wecker viel zu früh für meine süßen Träume, denn ich hatte mal wieder einen Dreh. Endlich mal wieder, sollte ich wohl besser sagen, denn mein Konto bei der Städtischen Sparkasse näherte sich einem bedenklichen Stand. Schließlich war es für niemanden besonders lustig, nur über Minusgeld zu verfügen.
    Es war ein Auftrag für eine Kindersendung, und ich hatte die Aufgabe, den Elfjährigen vor der Flimmerkiste ein so komplexes Thema wie Genmanipulation zu erklären. Erschwerend kam hinzu, dass es nicht nur Fernsehen für , sondern auch mit Kindern werden sollte. Doch glücklicherweise hatten mir Frauke und das Schicksal eine schlaue Dreizehnjährige vermittelt, die nicht nur recht gewitzt daherkam, sondern außerdem auch noch die notwendige Disziplin mitbrachte, um mehrere Stunden lang konzentriert mitzuspielen.
    Erschöpft, aber auch heiter und ausgeglichen, wie ich es immer nach einem angenehmen Drehtag war, stieg ich gegen sechs Uhr die Treppe zu meiner Wohnung hinauf. Wie die Galopper auf der Rennbahn aus ihren Boxen schossen, so stürmten jetzt aus allen Winkeln meines Bewusstseins Bilder und Erinnerungen, die alle mit Lena zusammenhingen. Nachdem ich meine Arbeit gut hinter mich gebracht hatte, konnte ich mich nämlich jetzt wieder der wahren Süße des Lebens widmen.
    Ich sah Lenas Gesicht noch vor mir, wie es im diffusen Licht der Kinoleinwand geschimmert hatte. Sie tauchte so sehr ins Geschehen dort vorn ein, dass sie nicht merkte, wie intensiv ich sie hin und wieder aus dem Augenwinkel betrachtete. In der Kussszene öffneten sich ihre Lippen leicht, und ihre Augen bekamen einen verdächtigen Glanz. Dort vorn fand gerade ein Liebespaar zueinander, und ich hatte es kaum fassen können, neben Lena im dunklen Kino zu sitzen und nicht mal ihre Hand halten zu dürfen.
    Es war wirklich sonderbar mit ihr. Sie schien mich zu mögen, denn warum sonst sollte sie sich mit mir verabreden? Aber den Schritt zur echten Annäherung hatte sie bisher noch nicht gewagt. Ging es überhaupt um wagen, oder wollte sie vielleicht gar nicht? Unsere Gespräche wurden nie wirklich privat, und ihre Nähe war immer nur die Ahnung eines winzigen Augenblicks. Nun, an diesem Abend würde ich das Rätsel wohl nicht mehr lösen können.
    Als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, blaffte drinnen Loulou einmal kurz auf. Nanu?! Ich hatte eigentlich damit gerechnet, in eine leere Wohnung zu kommen.
    Ich schloss auf und streichelte Loulous struppigen Kopf. Der Freudentaumel, mit dem ich sonst begrüßt wurde, blieb aus. Stattdessen sah sie mich mit ihren braunen Hundeaugen vorwurfsvoll an. Kein Wunder, dass sie schlecht gelaunt war, denn normalerweise war Frauke um diese Uhrzeit längst mit ihr in Feld und Flur unterwegs.
    Aus der Küche erklangen Fraukes muntere Stimme und ein unbekanntes Lachen. Das Lachen einer Frau. Ich streifte meine Schuhe ab und lugte vorsichtig durch die Tür.
    Mich traf fast der Schlag.
    Dort an meinem wunderbaren ausladenden Küchentisch saß niemand anderes als Iris, die Handballkönigin, und trank aus meiner Lieblingstasse einen frischen Kaffee.
    »Tag, Michelin!«, begrüßte sie mich freundlich, doch mit der sicherlich angebrachten Zurückhaltung.
    Frauke, die meiner kalkweißen Miene ansah, dass ich keineswegs erfreut über den Besuch war, sagte betreten: »War doch okay, dass ich Iris erlaubt habe, hier so lange auf dich zu warten?«
    Ich musste mich schon sehr wundern! Früher hätte Frauke jede

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