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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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ein sonderbar klackerndes Geräusch. Ich begriff erst, dass das der Schlüssel im Schloss gewesen war, als die Wohnungstür sich öffnete.
    Frau Rose legte den Zeigefinger an den Mund.
    »Mami? Ich bin da-ha.«
    Ein Paar Schuhe flog hörbar in die Ecke. Schritte näherten sich der Küchentür, die sogleich aufgestoßen wurde.
    Lena stand dort im Türrahmen und starrte mich an.
    »Guten Abend«, sagte Frau Rose genüsslich und nahm sich noch ein After Eight, mit dem sie die Nachspeise verziert hatte.
    »Hi, Lena.« Meine Stimme klang ein wenig hölzern. Sie war strahlend schön in einem kurzen hellblauen Kleid, über das sie ein schwarzes Sakko gezogen hatte.
    Lena hob die Hand und zeigte voller Erstaunen auf mich.
    »Was machst du denn hier? Ich hatte doch vergessen, dir meine Adresse zu geben …«
    »Scheinbar haben wir doch entfernte gemeinsame Bekannte«, log ich ungeschickt und verbot mir das übertrieben freundliche Grinsen, das sich bereits vor lauter Aufregung auf meine Lippen stehlen wollte.
    »Wo bist du gewesen?«, ertönte Frau Roses Stimme noch wesentlich weniger freundlich.
    »Ich war den halben Abend im ›Sentimental‹. Es bestand ja zumindest die Möglichkeit, sich da zufällig zu treffen.« Lena sah in meine Richtung, aber nicht direkt in meine Augen. Irgendetwas an der Art, wie sie sich am Türrahmen festhielt, sagte mir, dass sie nicht ganz die Wahrheit sagte.
    »Und die andere Hälfte des Abends?« Frau Rose wartete nicht ab, bis ihre Tochter sich zu einer Antwort entschloss, sondern fuhr gleich fort: »Kommt dir vielleicht jetzt gerade eine vage Erinnerung an unsere Verabredung für heute Abend?«
    Lena machte auf zerknirscht. »Tut mir echt leid. Irgendwie bin ich momentan ziemlich durcheinander. Sonst hätte ich das mit der Adresse auch nicht vergessen.« (Das ging an mich!) »Und vor allem hätte ich mich nicht gleich zweimal an einem Abend verabredet …«
    Frau Rose nickte resigniert, als hätte sie keine andere Antwort erwartet, stand auf und ging zur Tür.
    »Wir sollten uns gleich noch mal unterhalten«, zischte sie Lena zu, als sie an ihr vorbeiging. Weiter hinten im Flur schloss sich eine Tür.
    Lena ließ sich etwas blass nah neben mir auf den Stuhl plumpsen. Sie sah mir zögerlich forschend ins Gesicht und biss sich dabei auf die Unterlippe.
    »War es sehr schlimm?«, wisperte sie mit Blick in den Flur. Sie gab der Tür einen kleinen Schubs, und sie schloss sich ein Stück.
    »Es war total lecker. Noch nie so ein tolles Essen serviert bekommen und so köstlichen Wein. Kann mich wirklich nicht beklagen.«
    Lena legte ihre Hand auf meinen Arm, und ich bekam einen Schluckauf. Es war die erste Berührung, die von ihr ausging. Und sie hätte mich nicht davon überzeugen können, dass es so locker-lässig gemeint war, wie es scheinen sollte. »Mann, ist mir das peinlich! Ich dachte gerade, ich kriege einen Schlag, als ich euch hier so sitzen sah. So was ist mir einfach noch nie passiert!«
    Ich lachte laut. Meine Güte, der ›köstliche Wein‹ war mir ganz schön zu Kopf gestiegen. »Mir bestimmt auch nicht! Ich bin hier raufgetapert und hatte ja keine Ahnung, dass deine Mutter mir aufmachen würde. Ich hab ganz schön dumm aus der Wäsche geguckt, das kannst du mir glauben.«
    »Und Mama?«, fragte Lena und sah zur Tür. Hinten im Flur rauschte die Klospülung.
    Ich machte einen Kussmund. »Süß! Sie ist echt total süß. Also, sie war erst ziemlich sauer, weil du nicht pünktlich warst. Aber dass sie mich dann so spontan eingeladen hat, das fand ich schon eine echte Nummer. Ich meine, ich an ihrer Stelle … Es ist doch schon eine irre kompromittierende Situation, wenn da plötzlich eine neue Bekannte der Tochter steht und man nicht weiß, ob man sie die Treppe runterschubsen oder ihr einen Stuhl anbieten soll, findest du nicht?«
    Ich hatte das Gefühl, einen Knoten in der Zunge zu haben. Mein Sprachzentrum befand sich sozusagen nicht mehr unter meiner Kontrolle. Meine Lippen und der dicke Muskel dazwischen führten ein Eigenleben.
    »Ich weiß nicht recht, was ich finden soll«, entgegnete Lena nun und blickte mich zögernd an. »Du bist nicht sauer, dass wir uns nicht getroffen haben? Du könntest ja auch denken, ich hätte dich einfach versetzt?!« Ihre Wimpern waren so lang und schwarz, dass es schien, als würden sie mit jedem Augenklimpern um Verzeihung bitten. Dem konnte ich natürlich nicht widerstehen.
    Ich winkte ab. »Mach dir keine Gedanken. War ja keine

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