Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
Vom Netzwerk:
»Aber ehrlich gesagt, möchte ich momentan nirgend-wo begraben sein.«
    Angela klappte das Buch wieder zu.
    »Dann zeig mir jetzt mal, wo es sich lohnt, lebendig herumzulaufen!«

    Natürlich waren wir ein seltsames Gespann. Dessen war ich mir die ganze Zeit bewusst.
    Es war so vollkommen anders als mit Lena. Ich spürte immer wieder, dass Angela anders war als sie, einen anderen Horizont in sich trug und von anderen Voraussetzungen ausging. Aber sie war mir nicht fremd. Obwohl auch zwischen uns zehn Jahre lagen und obwohl sie seit zwanzig Jahren verheiratet war.
    Wir saßen am See und warfen Steinchen hinein.
    Keine von uns beherrschte es, diese flachen Dinger so geschickt über die Wasseroberfläche zu jagen, dass sie mehr als zwei- oder dreimal darüberhüpften. Doch wir gaben nicht auf und versuchten es immer wieder.
    Manchmal sprachen wir minutenlang nicht. Doch An-gela schien dieses Schweigen nicht als störend zu empfinden.
    Und ich? Ich fand zum ersten Mal wieder ein wenig Ruhe, nach Wochen des Bebens und Zitterns, der Hektik und des Wünschens. Ein Ziel vor Augen zu haben, war zweifellos eine hehre Sache. Aber wenn dieses Ziel alles andere im Leben zur Seite schob, wenn es wichtiger wurde als der eigene Seelenfrieden, dann war es an der Zeit, an einen See zu fahren, Steine hineinzuwerfen und zu schweigen. Die Welt ausschalten, Erwartungen einstellen, sich dem Lauf der Dinge für ein paar Stunden zu entziehen.
    Ich sah zum Auto hinüber, wo ich mein Handy ausgeschaltet unter dem Sitz versteckt hatte. Der Fluch der modernen Technik, der uns scheinbar überall erreichbar sein lässt, ließ sich relativ leicht austricksen.
    Manchmal, wenn ein geworfener Stein winzig kleine Miniaturwellen ans Ufer kräuseln ließ, dachte ich an den vergangenen Abend. Bilder tauchten vor meinem geistigen Auge auf. Lena, die an der Verandatür lehnte und sich langsam zu mir herumdrehte, mich ansah, an mir vorbeisah. Der Anblick ihrer Hände. Ihr Gesicht im Schlaf. Aber der Sex, nein, der ließ sich nicht von mir greifen. Diese Berührungen lagen in den Tiefen meines Gedächtnisses wie in Watte gepackt. Ich schnupperte heimlich an meiner Hand. Aber was bei langen Liebesnächten sonst untrüglich am folgenden Tag auf diese Art noch zu erinnern ist, fehlte hier. Es hatte schlicht und ergreifend einfach nicht lange genug gedauert, als dass meine Hand jetzt noch nach ihr riechen könnte. War am Ende alles nur ein Traum gewesen? Ein Hirngespinst, das ich mir zurechtgebraut hatte aus Angst … aus Angst wovor?
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Was ist?«, erkundigte Angela sich ein wenig besorgt. »Du siehst plötzlich so blass aus.«
    Ich erschrak darüber, dass sie in meinem Gesicht gelesen hatte. Wenn sie direkt in meinen Kopf hineinsehen könnte, würde sie darin die Befürchtung finden, dass Lena mich als Mutter-Emanzipationsobjekt benutzt hatte. Und Angela war nicht die Richtige, um mit ihr über diese Sorge zu sprechen.
    »Ach, es ist so heiß«, wich ich ihr nicht besonders geschickt aus. Sie warf mir einen prüfenden Blick zu, der mir sagte, dass sie mir nicht glaubte, doch sie bohrte nicht weiter. Mir blieb eine Beklemmung zurück. Der aufziehende innere Frieden wurde bereits wieder in die Flucht geschlagen. Es war mir irgendwie unheimlich, dass Angela mich bei meinen Gedanken zu Lena überraschen konnte.
    »Erzähl doch mal ein bisschen mehr von deinem Ex«, bat ich sie spontan. »Wie ist er so?«
    Innerlich seufzte ich auf, denn auch diese Frage stellte ich nicht ohne Hintergedanken. Immerhin hatte ich Lena ein Versprechen gegeben, mich mit ihr um die Familienzusammenführung zu bemühen. Davon abgesehen interessierte es mich auch rein persönlich.
    »Volker?«, Angelas Stimme klang so verwundert, als hätte sie jahrelang nicht an ihn gedacht und ich hätte sie nun plötzlich an etwas lange Vergangenes erinnert. »Du stellst Fragen. Ich kann dir das vielleicht gar nicht mehr beantworten. Ich meine, wir haben uns ziemlich auseinandergelebt. Wir wissen nicht mehr viel voneinander. Das war wohl auch der Grund, wieso er sich anderweitig umgesehen hat.«
    Das war eine sehr nette Umschreibung für die Tatsache, dass sie ein Jahr lang betrogen worden war.
    »Habt ihr vorher denn wenigstens über euer ›Auseinanderleben‹ geredet?«
    »Reden?«, echote Angela. »Mit einem Mann?«
    »War das eine dumme Frage?«
    Sie zuckte die Achseln. »Du hast doch deine eigenen Erfahrungen. Vielleicht kannst du mich ja von dem Vorurteil erlösen,

Weitere Kostenlose Bücher