Die schoenen Muetter anderer Toechter
bestätigte somit nicht gerade meine Vermutung.
»Also gut, da hilft nur eins: Nancy beinhart festnageln. Ich würde Folgendes vorschlagen: Du saust zu Frederike und packst sie ins Auto. Wir treffen uns dann bei den Rosen, denn da ist Nancy vor einer halben Stunde aufgetaucht.« Die Aussicht darauf, Lena unter diesen Umständen wiederzusehen, verursachte mir Magenbeschwerden, aber jetzt musste rasch gehandelt werden. »Wir müssen sie sofort packen und zwingen, uns zu sagen, woher sie wusste, dass das Manuskript tagsüber gestohlen wurde! Der Überraschungseffekt wird auf unserer Seite sein!«
Frauke wiegte den Kopf. Sie schien nicht meiner Meinung zu sein.
»Ich schätze mal, es wäre besser, wenn du allein hinfährst und sehr, sehr vorsichtig herausfindest, ob Nancy und Iris bekannt miteinander sind. Wenn wir es auf die harte Tour versuchen, könnte das nach hinten losgehen. Sie könnte einfach alles leugnen, behaupten, es sei ein Zufall, und damit wären sie gewarnt.«
Mit einer Sache würde ich mich in meinem Leben einfach abfinden müssen: Meine GbR-Partnerin war einfach die bessere Detektivin von uns beiden.
»Aber du könntest trotzdem zu Frederike fahren und ihr die Kassette vorspielen. Es ist bestimmt versöhnlich, wenn diejenige, die scheinbar etwas vermasselt hatte, plötzlich eine Lösungsmöglichkeit parat hat«, schlug ich vor.
Diesmal nickte sie und griff nach der Hundeleine. Loulou blieb aber auf dem Teppich liegen und grunzte nur müde. Sie hatte ein untrügliches Gespür dafür, ob Frauke tatsächlich gehen wollte. Und das war offensichtlich noch nicht der Fall.
»Was passiert ist, tut mir auch leid, Michelin«, sagte Frauke leise. »Ich hoffe, dass du mir diesen Ausbruch verzeihen kannst?«
»Hab ich doch längst«, erwiderte ich mit rauer Stimme. Plötzlich war mir sehr kläglich zumute. Wir hatten vielleicht eine Spur, was Frederikes Manuskript anging, aber genau deswegen würde ich jetzt gleich Lena gegenübertreten müssen – ohne zu wissen, was wir einander eigentlich bedeuteten. Meine leuchtenden Visionen unserer ersten Begegnung vor Wochen war zusammengeschmolzen auf ein kleines Fragezeichen in meinem Bauch.
»Alles okay mit dir?«, fragte Frauke. Und das war es, was ich noch gebraucht hatte, um den Mund aufzumachen und alles heraussprudeln zu lassen. Denn natürlich war nichts okay mit mir. Und als ich Frauke nun von der Einwegzahnbürste und dem mysteriösen Zettel erzählte, wurde ihre Miene sehr ernst.
»Hm. Was sage ich denn jetzt dazu?«, murmelte sie schließlich, nachdem ich geendet hatte und wir ein paar Minuten schweigend auf dem Teppich gesessen hatten. »Das klingt wirklich nicht besonders gut. Scheint ganz so, als solltest du dringend mal mit Lena reden.«
Das war es auch, was ich vorhatte und was ich fürchtete. Ich war keine Träumerin, die sich der Realität verweigerte, nur um schöner träumen zu können. Im Grunde wusste ich schon seit gestern Abend, dass etwas an der Geschichte mit Lena nicht so lief, wie es laufen müsste, wenn dies eine glückliche Liebesgeschichte werden sollte.
Frauke fühlte sich aufgrund meines Schweigens ein wenig unbehaglich.
»Tja, und ansonsten fallen mir so blöde Sprüche ein. Weißt du, so was, was wir früher immer zu hören bekamen, als wir noch nicht kapiert hatten, dass solche Themen wie Liebeskummer bei unseren Eltern einfach nicht gut aufgehoben sind.«
»Was denn für Sprüche?«, fragte ich.
»Willst du es wirklich hören?«
»Ich würd gern einmal herzhaft lachen!«
»Andere Mütter haben auch schöne Töchter!«, zitierte Frauke, nicht ohne ein gewisses Maß an Überzeugung.
Ich spürte, wie sich meine Lippen kräuselten. »Das werde ich mir gut merken«, sagte ich dann.
N EUNTES K APITEL
Die schönen Mütter anderer Töchter
I ch zog mein unwiderstehliches dunkelgrünes Kleid über einem knappen T-Shirt an und tuschte mir die Wimpern, die – obwohl durchaus hübsch – gegen Lenas immer spärlich und zu hell wirken mussten. Wenigstens würde es in Lenas Augen keinesfalls auffällig sein, wenn ich am Nachmittag nach einer gemeinsamen Nacht mal kurz vorbeischauen wollte. Allerdings könnte es ja durchaus sein, dass sie mich gar nicht sehen wollte. Immerhin lag inzwischen der Schluss nahe, dass ihr Motiv zu diesem kurzweiligen Abend nicht unbedingt in ihrer heftig entflammten Liebe lag. Sondern eher in kindischer Konkurrenz zu ihrer Mutter? Wie absurd!
Das alles machte mich nervös, und das konnte ich nicht
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