Die schoenen Muetter anderer Toechter
dass eine Frau mit anderen Frauen besser reden kann als mit ihrem eigenen Mann?«
Ich lachte. »Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss. Dieses Vorurteil kann ich dir leider nicht austreiben. Und was meine eigenen Erfahrungen angeht, erschöpfen sie sich in einer dreimonatigen Kurzbeziehung zu einem unheimlich lieben Teddybär-Typen, der rasend in mich verknallt war und nicht verstand, wieso ich nicht verrückt danach war, mein Gesicht an seiner übermäßig behaarten Brust zu vergraben.«
Jetzt lachte Angela. Ihre heitere Stimme hallte weit über das Wasser.
»Volker hat nur wenig Haare auf der Brust.«
»Oho!«, machte ich triumphierend. »Da hätten wir doch schon mal eine erste Aussage über ihn! Darauf hätten wir auch vorher kommen können. Wenn du glaubst, über seine inneren Werte nichts mehr sagen zu können, hättest du zumindest sein Aussehen beschreiben können. Es sei denn, du hast ihn in den letzten zehn Jahren mehr oder weniger auch nicht mehr angesehen?«
»Du kannst ja richtig bösartig sein! Aber ich kann dich beruhigen. Ich weiß genau, wie er aussieht: dunkle Haare, sehr dunkle Augen, immer gebräunte Haut, schlank, sportlich, groß, aber nicht riesig. Kurz gesagt: überdurchschnittlich gut aussehend. Zufrieden?«
»Pah!«, machte ich unbeeindruckt. »Diese Beschreibung passt auf Zigtausend andere Männer auch.«
Angela spitzte die Lippen. »Also, gut. Dann würde ich jetzt gerne mal eine individuelle Beschreibung deiner Ex-Freundin hören.«
Ich war erstaunt über ihre Frage, sagte aber nichts. Ich hatte einfach nicht damit gerechnet, dass sie das interessieren würde.
»Oder frage ich so was besser nicht?«, schob Angela provozierend nach.
»Warum solltest du nicht?«, fragte ich zurück und brauchte noch eine Minute, um anzufangen. »Ellen ist so alt wie ich und fast genauso groß. Sie ist eine Elfenprinzessin ohne Flügel, die versehentlich in die Menschenwelt geboren wurde. Ihre Haut schimmert hell, ohne dass sie blass wirkt. Sie tanzt beim Gehen einen langsamen Elfentanz, sodass ihre langen weißblonden Haare wie ein Brautschleier um sie wehen. Obwohl sie zart und zerbrechlich aussieht, besitzt sie ungeahnte Stärken. Sie gewinnt überraschend jeden spielerischen Ringkampf, weil sie nämlich dreimal die Woche zum Kickboxen geht. Ihre Augen sind wie zwei hellblaue Monde, die voll strahlen, wenn es ihr gut geht. Wenn sie aber schlecht gelaunt ist, werden sie zu zwei stechenden Sicheln, deren Blick man lieber ausweicht. Und ist sie traurig, versteckt sich das Leuchten der Monde hinter dunklen Wolken.« Ich hätte noch weiterreden können, aber schon jetzt tauchte Ellens Bild derart deutlich vor mir auf, dass ich mich regelrecht beobachtet fühlte.
»Du hast recht«, sagte Angela leise, nach einer kleinen Pause, die zwischen uns in der Luft vibrierte. »Diese Beschreibung passt wirklich nicht auf viele Tausend andere Frauen. Im Gegenteil, es klingt so, als sei sie einfach einzigartig. Und wunderbar.«
Ihre unausgesprochene Frage hing in der Luft. Ich antwortete: »Ellen, mit ihrer dünnen Elfenhaut, hat immer Angst, dass sie sich regelrecht auflöst, wenn ihr ein Mensch zu nahe kommt. Ich brauche aber ein großes Maß an intensiver Nähe, um glücklich zu sein, und fordere es irgendwann ein, wenn es mir nicht freiwillig entgegengebracht wird. Deshalb haben wir uns nach vier Jahren getrennt.«
Obwohl ich immer geglaubt hatte, dass vier Jahre schon eine Menge gemeinsamer Zeit waren, erschienen sie mir jetzt plötzlich nicht mehr viel. Angela hatte mehr als zwanzig Jahre mit Volker verbracht. Das war eine lange Zeit!
»Er hätte alles für Lena getan. Aber schon lange nicht mehr für mich. Vielleicht weil auch ich nicht mehr alles für ihn zu tun bereit war? Es ist alles so vorhersehbar, wenn man auf einer asphaltierten Straße nebeneinanderher schreitet. So viele vor uns sind den Weg gegangen. Das Einzige, was man von uns sieht, ist ein bisschen Staub, aber keine Spuren, weißt du?! Wir haben unsere Chance nicht genutzt, um irgendetwas anders zu machen. Ich war Schauspielerin und er der Karrieremann. Dann kam das Kind, und es war klar, dass ich alles aufgeben musste, wofür ich bis dato gelebt hatte. Das ist scheußlich spießig, oder? Als Sekretärin für eine phantastisch nette Chefin zu arbeiten, in der Tochterfirma des Unternehmens, in dem Volker auch Abteilungsleiter ist, das war es, was ich später noch erwarten konnte. Ich weiß nicht, wann ich aufgehört habe, ihm meine
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