Die schönsten Dinge
verpasst haben. Aber davon habe ich mich nicht aufhalten lassen. Wenn meine Freundin den Gefahren der, ähm, Wildnis trotzt, ganz allein, nur mit ihren Assistenten, dann muss ich ihr doch helfen. Da ist kein Bach zu breit. Kein Berg zu hoch.«
»So eine Ãberraschung«, sagt Julius. »Wir kennen Mr Timothy ja bereits, wie ich gerade erzählt habe, aber bis eben wussten wir nicht einmal, dass Dr. Ella einen Freund hat.«
»Wir wollten es nicht herumtratschen«, sagt Timothy.
Ich würde ihm gern den Koffer in den Rachen stopfen, damit er jetzt auch nicht weitertratscht. Moment mal. Es scheint mir schon besser zu gehen. Ich verspüre wieder den Wunsch, Timothy irgendwas anzutun.
»Schon gar nicht einen so gut aussehenden Freund.« Gretas Augen funkeln, in ihrem straffgezurrten Hirn braut sich ein Plan zusammen. Sie hakt sich bei Timothy ein, und er lässt beinahe den Koffer fallen. »Was machen Sie doch gleich?«
»Einzelhandel. GroÃhandel. Sachen verkaufen, Sie wissen schon«, antwortet Timothy. »Das ist weniger spannend, als es klingt.«
»Tatsächlich«, meint Daniel. »Nun â¦Â«
»Tim«, sagen Greta und Julius wie aus einem Munde.
»Nun, Timmy. Sie haben es geschafft. Ich bin Daniel. Schnappen Sie sich eine Decke. Jeder Freund von Ella ist auch mein Freund. Möchten Sie etwas Wein?«
»Gern«, sagt Timothy. »Ach, Sie sind Daniel? Sie ⦠äh ⦠hat mir schon viel von Ihnen erzählt.«
»Alles Lügen.« Daniel holt weitere Becher und schenkt allen dreien Wein ein. »Prost.«
Timothy hält seinen Becher mit beiden Händen und trinkt ihn mit einem Schluck halb leer. Erst jetzt, nach dem ganzen Gerede, scheint er mich zu bemerken. Ich sitze immer noch vor dem Campingkocher. »Hallo, Schatz«, sagt er, bückt sich und küsst mich auf die Wange. Ich muss mich zusammenreiÃen, um ihm keine zu knallen. »Amüsierst du dich gut?«
»Ja. Ja, danke.« Ich schenke mir auch Wein nach und trinke etwas. »Timothy, waren deine Eltern Geschwister? Ich arbeite. Was zum Teufel hast du hier zu suchen?«
»Liebling, Schatz, äh, Ella. Wusstest du, dass mein Blackberry hier drauÃen nicht funktioniert? Was ist, wenn jemand wegen einer Lieferung anruft? Oder meine Mutter fragen will, ob ich zum Abendessen nach Hause komme? Ich habe keinen Empfang. Gar keinen. Als wären wir in einem DeLorean zurück in die Achtziger gefahren.« Timothy nimmt meine Hand zwischen beide Hände, als wollte er ein Della-Sandwich machen. »Ich muss mit dir reden, meine liebe Ella.«
»Mir scheint, wir sind das vierte und fünfte Rad an einem Dreirad«, sagt Julius. »Oder vielleicht an einem Roller. Einem Roller mit drei Rädern.«
»Wir sollten in unsere Zelte gehen«, meint Greta.
»Unsinn«, sagt Daniel und schenkt allen Wein nach. »Tun Sie das nicht. Vor allem Sie, Glenda, mit Ihrer Klaustrophobie. Sonst bekommen Sie noch eine Panikattacke.«
»Stimmt«, sagt Greta. Unauffällig weicht sie einen Schritt von Timothy zurück.
»AuÃerdem sind wir hier doch unter Freunden«, sagt Daniel. »Wir haben keine Geheimnisse voreinander, oder, Timmy, alter Freund? Sie wollen doch bestimmt nicht, dass wir gehen.«
»Nein, nein, natürlich nicht.« Timothy trinkt seinen Wein aus und streckt ihm den Becher zum Nachfüllen hin. »Es ist nur so, Ella und ich â¦Â« Er sieht sich um, um sicherzugehen, dass uns hier drauÃen am Ende der Welt auch niemand belauscht, dann senkt er seine Stimme zu einem Flüstern, das in der Stadt kaum noch zu hören sein dürfte. »Wir müssen etwas bereden. Ich muss sie was fragen. Was Wichtiges.« Timothy tippt sich mit einem Finger an die Nase und sieht Daniel vielsagend an.
»Das klingt ja sehr ernst.« Daniel nickt bedächtig. »Trinken Sie lieber noch was.«
»An mir sollâs nicht liegen«, sagt Timothy. SchlieÃlich setzen sich alle. Julius und Greta sehen aus, als säÃen sie beim Zahnarzt im Wartezimmer und würden auf gedämpfte Schreie lauschen, während Daniel völlig entspannt auf der Decke liegt. Timothy sitzt neben Daniel wie der schiefe Turm von Melbourne.
»Was wollen Sie Ella denn fragen?«, erkundigt sich Daniel. »Meiner Erfahrung nach sollte man bei einer ernsthaften Frau wie Ella ganz genau wissen, was man sagen will. Da darf man sich
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