Die schönsten Dinge
stützt sich Timothy nur noch auf ein Knie. Er beugt sich vor und nimmt wieder meine Hand.
»Er meint âºEllaâ¹Â«, sagt Julius. »Noch ein Grund, warum ich mich dem Teufel Alkohol nicht hingebe. Man vergisst sogar den Namen seiner Freundin.«
»Ich kenne dich, seit du fünf warst, und ich glaube, ich habe ihn noch nie gesehen«, sagt Timothy. »Den Blick, meine ich. Sag mir die Wahrheit, Ella.«
»Immer raus damit, Ella«, sagt Daniel. »Es geht doch nichts über die Wahrheit.«
»Genau! Hätte ich nicht besser sagen können«, pflichtet Timothy ihm bei. »Ella, ich habe doch auch Augen. Und auch Spiegel im Haus. Drei sogar: im Bad, hinter der Schlafzimmertür und über dem Tisch im Flur. Den im Auto unter der Sonnenblende mit dem Schieber davor gar nicht mitgezählt. Meine Augen habe ich also gesehen, mehr als einmal. Denk daran, bevor du antwortest.«
»Hast du einen Schlag auf den Kopf bekommen?«, frage ich.
»Die Frage will ich dir schon seit Wochen stellen. Es ist ganz einfach. Man muss dafür nicht studiert haben«, sagt Timothy. »Liebst du mich?«
»Lass dir Zeit«, sagt Greta. »Nur nichts überstürzen«, meint Daniel. »Ãberlegen Sie sich die Antwort gut.«
»Timothy, hier ist wohl kaum der richtige Ort dafür.«
»Unsinn, Ella. Timmy hat Ihnen eine berechtigte Frage gestellt. Eine Antwort wäre doch das Mindeste. Warten Sie mal ⦠zeigen Sie mir Ihre Augen.« Daniel beugt sich vor, fasst mich am Kinn und hält meinen Kopf hoch. »Was meinen Sie, Timmy? Ich kann nichts sehen.«
»Was erwartet ihr beide denn? Dass meine Pupillen zu kleinen Herzchen werden?« Ich wische mir Sand von den Beinen und weiche seinem Blick aus. »Na gut, na gut. Nein. Ich liebe dich nicht, Timothy. Zufrieden?«
»Sehr«, sagt Greta.
»Dann willst du mich wohl auch nicht heiraten«, sagt Timothy.
»Auf keinen Fall.«
»Trotz dieser romantischen Geste? Ich bin stundenlang gefahren, zum Teil ohne Navi, bin den ganzen Weg mit einem ziemlich schweren Koffer gelaufen, habe mich zweimal lang gelegt, auf dem Weg eine Schlange gesehen, musste hinter einem Baum pinkeln und wäre fast in dem Bach ertrunken, bevor mich die deutschen Touris gerettet haben.«
»Sie sind ein echter Romantiker, Timmy«, sagt Daniel. »Das muss man Ihnen lassen. Wenn ich eine Frau wäre, würde ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen.«
»Vielleicht hätte ich erst ihren Vater fragen sollen. Hätte ich erst ihren Vater fragen sollen?«
»In meinem Land ja«, sagt Julius. »Und Sie hätten ihm Ziegen anbieten müssen.«
»Was sollte mein Vater mit einer Ziege anfangen?«
»Himmel, nein, nicht nur eine.« Julius lacht. »Sie sind mehr als eine Ziege wert.«
»Danke, Joshua.«
»Sicher eine ganze Ziege und noch ein bisschen von einer kleineren«, fährt Julius fort. »Sagen wir, eineindrittel Ziegen.«
Mit zusammengekniffenen Augen funkle ich ihn an. Ich weiÃ, wo er schläft. Ich kann ihn nachher noch umbringen.
»Also hast du mich nie geliebt. Du hast mich nur benutzt. Für Sex«, sagt Timothy.
»Okay, das reicht.« Leicht schwankend rappele ich mich auf.
»Jetzt wird es doch erst spannend«, sagt Daniel.
»Ich haue euch gleich beiden eine rein.«
»Sehen Sie? Ich sag doch, sie wird leicht wütend«, sagt Timothy.
»Stimmt«, sagt Daniel.
»Passen Sie auf Ihre Ohren und Ihre Nase auf«, warnt Timothy.
»Hört auf, hört auf, alle beide.« Ich kralle mich mit den FüÃen in den Sand, der zu wanken scheint. »Du. Timothy. Nein, ich werde dich nicht heiraten.« Als ich tief durchatme, um mich zu beruhigen, drehen sich auch die Büsche nicht mehr. Ich überlege kurz, ihm einen Tritt zwischen die Beine zu verpassen, aber dann sehe ich sein Gesicht. »Aber ich werde die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit immer in Ehren halten, Timothy. Ich werde sie an einem geheimen Ort in meinem Herzen verschlieÃen und den Schlüssel wegwerfen, damit niemand sie finden kann, nicht einmal ich.«
»Ein geheimer Ort«, sagt Timothy. »Wie ein Behälter? Oder ein Lagerraum?«
»Genau. Und jetzt zu Ihnen, Joshua. Noch eine Geschichte über Brunnen oder Ziegen, und ich rufe bei der Einwanderungsbehörde an und lasse Ihr Studentenvisum einziehen. Das ist mein voller
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