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Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)

Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition)

Titel: Die schönsten Erzählungen (Die schönsten Erzählungen / Geschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Mütterchen, und eine Dame mit seltsam hochgezogenen Brauen flüsterte ihr etwas zu. Ein Diakon in langem schwarzem Rock, temperamentvoll und von robuster Gestalt, las mit lauter Stimme und entschiedenem, keinen Widerspruch duldendem Ton etwas vor. Der Büfettdiener Gerassim kam mit leisen Schritten an Pjotr Iwanowitsch vorbei und bestreute den Fußboden mit irgendeinem Pulver. Als Pjotr Iwanowitsch das sah, verspürte er auch sofort den leichten Geruch der in Verwesung übergehenden Leiche. Den Büfettdiener Gerassim hatte Pjotr Iwanowitsch schon bei seinem letzten Besuch in Iwan Iljitschs Zimmer angetroffen; er versah damals die Pflichten eines Krankenwärters, und Iwan Iljitsch hatte ihn besonders gern gehabt. Pjotr Iwanowitsch bekreuzigte sich immer wieder und verband damit jedes Mal eine leichte Verneigung, halb in Richtung auf den Sarg und den Diakon, halb in Richtung auf die Heiligenbilder, die in einer Ecke des Zimmers auf einem Tisch standen. Als es ihm dann schien, dass er sich lange genug bekreuzigt hatte, hielt er damit inne und begann, den Toten zu betrachten.
    Der Tote lag mit der allen Toten eigenen besonderen Schwere im Sarg, so dass seine erstarrten Glieder in der weichen Unterlage versanken; von dem Kissen, auf das der für immer herabgeknickte Kopf gebettet war, zeichnete sich scharf die wächserne gelbe Stirn mit den kahlen Stellen an den eingefallenen Schläfen ab, und die hervorstehende Nase erweckte den Anschein, als drückte sie die Oberlippe des Toten nieder. Iwan Iljitsch hatte sich seit Pjotr Iwanowitschs letztem Besuch sehr verändert und war noch mehr abgemagert, doch sein Gesicht sah, wie bei allen Toten, schöner und vor allem bedeutender aus als zu seinen Lebzeiten. In seinen Gesichtszügen schien sich auszudrücken, dass alles, was getan werden musste, vollbracht, und zwar auf richtige Weise vollbracht war. Außerdem sprach aus seinen Gesichtszügen noch ein Vorwurf oder eine Ermahnung für die Lebenden. Pjotr Iwanowitsch hielt diese Ermahnung für unangebracht oder bezog sie zum mindesten nicht auf sich selbst. Ihn überkam ein unangenehmes Gefühl, und daher bekreuzigte er sich schnell noch ein weiteres Mal, wandte sich dann, wie es ihm nachträglich erschien, mit allzu großer, gegen den Anstand verstoßender Hast von der Bahre ab und ging auf die Tür zu. Schwarz erwartete ihn im Durchgangszimmer; er stand da mit weit auseinandergespreizten Beinen und drehte hinter seinem Rücken mit beiden Händen den Zylinder spielerisch hin und her. Allein schon ein Blick auf das selbstgefällige, saubere und elegante Äußere von Schwarz wirkte auf Pjotr Iwanowitsch erfrischend. Ihm wurde klar, dass Schwarz über jegliche Sentimentalität erhaben war und sich keinen niederdrückenden Gefühlen hingab. Sein ganzes Aussehen schien zu besagen: Der Inzident dieser Totenmesse für Iwan Iljitsch kann keinesfalls als stichhaltiger Grund zur Änderung der Tagesordnung angesehen werden – das heißt, nichts kann uns daran hindern, heute Abend ein neues Päckchen Karten aufzureißen und, während vom Diener vier frische Kerzen aufgestellt werden, mit dem Spiel zu beginnen, wie es überhaupt abwegig ist, anzunehmen, dass dieser Zwischenfall uns davon abhalten könnte, auch den heutigen Tag auf angenehme Weise zu verbringen. Etwas Ähnliches flüsterte er denn auch dem an ihm vorübergehenden Pjotr Iwanowitsch zu und schlug vor, zu einer Partie Karten bei Fjodor Wassiljewitsch zusammenzukommen. Doch schien es Pjotr Iwanowitsch vom Schicksal nicht bestimmt zu sein, an diesem Abend Karten zu spielen. Praskowja Fjodorowna, eine kleine korpulente Dame, deren Figur sich trotz aller gegenteiligen Bemühungen von den Schultern abwärts immer mehr verbreiterte, kam, ganz in Schwarz gekleidet und den Kopf von einem Schleier verhüllt, die Brauen ebenso seltsam hochgezogen wie jene Dame, die Pjotr Iwanowitsch vorhin am Sarge aufgefallen war, zusammen mit mehreren anderen Damen aus ihren Gemächern, ging mit ihnen bis an die Tür des Zimmers, in dem der Tote aufgebahrt war, und sagte:
    »Treten Sie ein, die Messe beginnt gleich.«
    Schwarz, der stehengeblieben war, machte eine unverbindliche Verbeugung, aus der nicht hervorging, ob er dieser Aufforderung zu folgen gedachte oder nicht. Praskowja Fjodorowna bemerkte jetzt Pjotr Iwanowitsch, kam seufzend auf ihn zu, ergriff seine Hand und sagte:
    »Ich weiß, Sie sind ein wahrer Freund Iwan Iljitschs gewesen«, worauf sie ihn bewegt ansah und von ihm offensichtlich

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