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Die schönsten Erzählungen

Die schönsten Erzählungen

Titel: Die schönsten Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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geschwächt und müde aus. Matthias begrüßte sie und blickte ihr so klar in die Augen, daß ihr Herz sich rasch wieder erwärmte. Sie sah, es war ihm mit allem, was er gestern gesagt, vollkommen ernst, und er würde zuverlässig dabei bleiben.
    Sie schenkte ihm Kaffee und Milch ein, ohne mehr als die notwendigen geselligen Worte dazu zu sagen, und gab Auftrag, daß später für ihren Gast der Wagen angespannt werde, da er zum Bahnhof müsse. Zierlich aß sie aus silbernem Becherlein ein Ei und trank eine Schale Milch dazu, und erst als sie damit und der Gast ebenfalls mit seinem Morgenkaffee fertig war, begann sie zu sprechen.
    »Sie haben mir gestern«, sagte sie, »eine Frage und Bitte vorgelegt, über die ich mich nun besonnen habe. Sie haben auch ein Versprechen gegeben, nämlich in allem und jedem es so zu halten, wie ich es gutfinden werde. Ist das Ihr Ernst gewesen und wollen Sie sich noch dazu bekennen?«
    Er sah sie ernsthaft und innig an und sagte einfach: »Ja.«
    »Gut, so will ich Ihnen sagen, was ich mir zurechtgelegt habe. Sie wissen selbst, daß Sie mit Ihrer Bitte nicht nur mein Schuldner werden, sondern mir und meinem Leben auf eine Weise nähertreten wollen, deren Bedeutung und Folgen für uns beide wichtig werden können. Sie wollen nicht ein Geschenk von mir haben, sondern mein Vertrauen und meine Freundschaft. Das ist mir lieb und ehrenvoll, doch müssen Sie selbst zugeben, daß Ihre Bitte in einem Augenblick an mich gekommen ist, wo Sie nicht völlig tadelfrei dastehen und wo manches Bedenken wider Sie erlaubt und möglich ist.«
    Matthias nickte errötend, lächelte aber ein klein wenig dazu, weshalb sie ihren Ton sofort um einen Schatten strenger werden ließ.
    »Eben darum kann ich leider Ihren Vorschlag nicht annehmen, werter Herr. Es ist mir für die Zuverlässigkeit und Dauer Ihrer guten Gesinnung zu wenig Gewähr vorhanden. Wie es mit Ihrer Freundschaft und Treue beschaffen ist, das kann nur die Zeit lehren, und was aus meinem Geld würde, kann ich auch nicht wissen, seit Sie mir das mit Ihrem Freunde Breitinger erzählt haben. Ich bin daher gesonnen, Sie beim Wort zu nehmen. Siesind mir zu gut, als daß ich Sie mit Geld abfinden möchte, und Sie sind mir wieder zu fremd und unsicher, als daß ich Sie ohne weiteres in meinen Lebenskreis aufnehmen könnte. Darum stelle ich Ihre Treue auf eine vielleicht schwere Probe, indem ich Sie bitte: Reisen Sie heim, übergeben Sie Ihren ganzen Handel dem Kloster, fügen Sie sich in alles, auch in eine Bestrafung durch die Gerichte! Wenn Sie das tapfer und ehrlich tun wollen, ohne mich in der Sache irgend zu nennen, so verspreche ich Ihnen dagegen, nachher keinen Zweifel mehr an Ihnen zu haben und Ihnen zu helfen, wenn Sie mit Mut und Fröhlichkeit ein neues Leben anfangen wollen. – Haben Sie mich verstanden und soll es gelten?«
    Herr Matthias nahm ihre ausgestreckte Hand, blickte ihr mit Bewunderung und tiefer Rührung in das schön erregte bleiche Gesicht und machte eine sonderbare stürmische Bewegung, beinahe als wollte er sie in die Arme schließen. Statt dessen verbeugte er sich sehr tief und drückte auf die schmale Damenhand einen festen Kuß. Dann ging er aufrecht aus dem Zimmer, ohne weiteren Abschied zu nehmen, und schritt durch den Garten und stieg in das draußen wartende Kabriolett, während die überraschte Frau seiner großen Gestalt und entschiedenen Bewegung in sonderbar gemischter Empfindung nachschaute.
    6
    Als der Pater Matthias in seinem städtischen Anzug und mit einem merkwürdig veränderten Gesicht wieder in sein Kloster gegangen kam und ohne Umweg den Guardian aufsuchte, da zuckte Schrecken, Erstaunen und lüsterne Neugierde durch die alten Hallen. Doch erfuhr niemand etwas Gewisses. Hingegen fand schon nach einer Stunde eine geheime Sitzung der Oberen statt, in welcher die Herren trotz manchen Bedenkens schlüssig wurden, den übeln Fall mit aller Sorgfalt geheimzuhalten, die verlorenen Gelder zu verschmerzen und den Pater lediglich mit einer längeren Buße in einem ausländischen Kloster zu bestrafen.
    Da er hereingeführt und ihm dieser Entscheid mitgeteilt wurde, setzte er die milden Richter durch seine Weigerung, ihrenSpruch anzuerkennen, in kein geringes Erstaunen. Allein es half kein Drohen und kein gütiges Zureden, Matthias blieb dabei, um seine Entlassung aus dem Orden zu bitten. Wolle man ihm, fügte er hinzu, die durch seinen Leichtsinn verlorengegangene Opfersumme als persönliche Schuld stunden und deren

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