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Die schönsten Erzählungen

Die schönsten Erzählungen

Titel: Die schönsten Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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und sich in sie zu finden wußte, so war er doch auf diese nicht eingerichtet und wußte sich nicht in sie zu finden.
    Der gute Finkenbein gab ihm nicht selten ein ermunterndes Wort oder klopfte ihm mit gutmütig tröstendem Lachen auf die Schulter.
    »Du, Oberkommerzienrat, studier nicht soviel, du bist allweg gescheit genug, hast soviel reiche und gescheite Leut seinerzeit eingeseift, oder nicht? – Nicht brummen, Herr Millionär, ’s ist nicht bös gemeint. Ist das ein Spritzigtun – Mann Gottes, denk doch an den heiligen Vers über deiner Bettlade.«
    Und er breitete mit pastoraler Würde die Arme aus wie zum Segnen und sprach mit Salbung: »Kindlein, liebet euch untereinander!«
    »Oder paß auf, wir fangen jetzt eine Sparkasse an, und wenn sie voll ist, kaufen wir der Stadt ihren schäbigen Spittel ab und tun das Schild raus und machen die alte ›Sonne‹ wieder auf, daß Öl in die kranke Maschine kommt. Was meinst?«
    »Fünftausend Mark wenn wir hätten –«, fing Hürlin zu rechnen an, aber da lachten die anderen; er brach ab, seufzte und fiel in sein Brüten und Stieren zurück.
    Er hatte die Gewohnheit angenommen, tagaus, tagein in der Stube hin und her zu traben, einmal grimmig, einmal angstvoll, ein andermal lauernd und tückisch. Sonst aber störte er niemand. Der Holdria leistete ihm häufig Gesellschaft, schloß sich in gleichem Tritt seinen Dauerläufen durchs Zimmer an und beantwortete nach Kräften die Blicke, Gestikulationen und Seufzer des unruhigen Wanderers, der beständig vor dem bösen Geist auf der Flucht war, den er doch in sich trug. Wenn er sein Leben lang schwindelhafte Rollen geliebt und mit wechselndem Glück gespielt hatte, so war er nun dazu verurteilt, ein trauriges Ende mit seinen hanswurstmäßigen Manieren durchspielen zu müssen.
    Zu den Sprüngen und Kapriolen des aus dem Geleise Gekommenen gehörte es, daß er neuerdings mehrmals am Tage unter seine Bettstatt kroch, das alte Sonnenschild hervorholte und einen sehnsüchtig närrischen Kultus damit trieb, indem er es bald feierlich vor sich hertrug wie ein heiliges Schaustück, bald vor sich aufpflanzte und mit verzückten Augen betrachtete, bald wütend mit Fäusten schlug, um es dann sogleich wieder sorglich zu wiegen, zu liebkosen und endlich an seinen Ort zurückzubringen. Als er diese symbolischen Possen anfing, verlor er seinen Rest von Kredit bei den Sonnenbrüdern und wurde gleich seinem Freunde Holdria als völliger Narr behandelt. Namentlich der Seiler sah ihn mit unverhohlener Verachtung an, hänselte und demütigte ihn, wo er konnte, und ärgerte sich, daß Hürlin das kaum zu merken schien.
    Einmal nahm er ihm sein Sonnenschild und versteckte es in einer anderen Stube. Als Hürlin es holen wollte und nicht fand, irrte er eine Zeit im Haus umher, dann suchte er wiederholt am altenOrte danach, dann bedrohte er der Reihe nach alle Hausgenossen, den Stricker nicht ausgenommen, mit machtlos wütenden Reden und Lufthieben, und als alles das nichts half, setzte er sich an den Tisch, legte den Kopf in die Hände und brach in ein jammervolles Heulen aus, das eine halbe Stunde dauerte. Das war dem mitleidigen Finkenbein zuviel. Er gab dem zu Tod erschreckenden Seiler einen mächtigen Fausthieb und zwang ihn, das versteckte Kleinod sogleich herbeizubringen.
    Der zähe Fabrikant hätte trotz seiner fast weiß gewordenen Haare noch manche Jahre leben können. Aber der Wille zum Sterben, der in ihm arbeitete, fand bald einen Ausweg. In einer Dezembernacht konnte der alte Mann nicht schlafen. Im Bett aufsitzend gab er sich seinen öden Gedanken hin, stierte über die dunklen Wände hin und kam sich verlassener vor als je. In Langeweile, Angst und Trostlosigkeit stand er schließlich auf, ohne recht zu wissen, was er tue, nestelte seinen hanfenen Hosenträger los und hängte sich damit geräuschlos an der Türangel auf. So fanden ihn im Morgen der Holdria und der auf des Narren ängstliches Geschrei herübergekommene Hausvater. Das Gesicht war ein wenig bläulicher geworden, sonst war wenig daran zu entstellen gewesen.
    Schrecken und Überraschung waren nicht klein, aber von sehr kurzer Dauer. Nur der Schwachsinnige flennte leise in seinen Kaffeetopf hinein, alle anderen wußten oder fühlten, daß dieses Ende nicht zur unrechten Zeit gekommen war und daß es weder zur Klage noch zur Entrüstung Veranlassung biete. Auch hatte ihn ja niemand lieb gehabt.
    Wie seinerzeit der Finkenbein als vierter Gast in den Spittel gekommen

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