Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Blondel
Im Jahr 1189 rief Kaiser Friedrich Barbarossa zum dritten Kreuzzug auf, an dem auch der englische König Richard Löwenherz und Herzog Leopold V. von Österreich teilnahmen. Bei der Belagerung von Akkon im Golf von Haifa im heutigen Palästina übernahm Leopold V. das Kommando über die deutschen Kreuzfahrer, bis er vom französischen König Philipp II. und dem englischen König Löwenherz abgelöst wurde. Nach der Eroberung von Akkon am 12. Juli 1191 und der darauffolgenden Besetzung der Stadt zerstritt Leopold sich mit dem englischen König Richard Löwenherz. Leopold hisste nach den heftigen Kämpfen – in denen sein weißer Waffenrock zunächst blutrot geworden war und nach der Abnahme des Gürtels als rot-weiß-rotes Banner und Flagge Österreichs erschien – selbstbewusst seine Babenberger Fahne an einem Burgturm, womit er sich als Herzog in den Rang der beiden Könige stellte und den gleichen Beuteteil beanspruchte. Daraufhin ließ Richard Löwenherz die Fahne herunterreißen und durch den Dreck ziehen. Verärgert reiste Leopold V. nach Hause, wo er jedoch einen Haftbefehl für Löwenherz ausstellte.
Sehr spät im Herbst reiste Richard Löwenherz vom Heiligen Land über das stürmische Mittelmeer nach Hause, musste jedoch auf einer Zwischenstation erfahren, dass er schon auf allen Häfen gesucht wurde. So wählte er eine Route über die Adria, wo sein Schiff von Piraten überfallen wurde. Sein Schiffskoch und der Piratenkapitän kannten sich jedoch, wodurch der Angriff zu einer Verbrüderung wurde. Richard stieg mit einem Vertrauten auf das Piratenschiff um und ging in Aquileia bei Udine als Kaufmann getarnt an Land. In Friesach in Kärnten wurde er das erste Mal erkannt, er konnte jedoch entkommen. Dennoch war er nun gewarnt. Nach einer winterlichen Überquerung des Semmerings nächtigte er in einem kleinen Gasthaus in Erdberg, heute ein Stadtteil von Wien. Als er seinen Begleiter zum Einkaufen in die Stadt schickte, fiel dieser auf, weil er als einfacher Mann mit größeren Mengen morgenländischen Geldes zahlte. Daher wurde er verfolgt und man konnte im Gasthaus Richard Löwenherz gefangen nehmen. Nach einer anderen Version half der König dem Gastwirt gegen eine Mahlzeit am Grill aus und wurde an seinem kostbaren Ring an der Hand erkannt.
Richard Löwenherz wurde Leopold V. vorgeführt und zu Hadmar von Kuenring nach Dürnstein in Gefangenschaft gebracht. Leopold ließ die Sache einige Zeit ruhen, denn mit der Gefangennahme kam er unter enormen politischen Druck, da Kreuzfahrer unter dem besonderen Schutz der Kirche standen.
In England machte man sich zwischenzeitlich Sorgen, da man auf die Heimkehr des Königs wartete. Man hörte, dass der König irgendwo auf einer deutschen oder österreichischen Burg gefangen wäre, weil er Mitkämpfer schwer beleidigt hätte. Doch man wusste nicht, wo er gefangen war, in welchem Verlies er schmachtete.
Der treue Gefolgsmann des Königs, der Sänger Blondel, hörte davon und zog los, um seinen König ausfindig zu machen. Er pilgerte von Burg zu Burg und stimmte überall vor den Kerkerfenstern das Lieblingslied des Königs an:
„Der Pfeil in meinem Bogen,
Bringt bittern Todesschmerz.
Der Pfeil aus deinen Augen,
Dringt schmeichelnd in mein Herz.“
Eigentlich wollte Blondel schon enttäuscht aufgeben. Bei der Burg Dürnstein jedoch kam das ersehnte Echo aus den Kerkermauern! Blondel hatte seinen König gefunden. Als diese frohe Kunde nach England drang, stellten Leopold V. und der deutsche Kaiser Heinrich VI. die Lösegeldforderungen nach England. 100.000 Mark Silber, das sind etwa 23 Tonnen, musste England für die Freilassung von König Löwenherz bezahlen. Die Hälfte davon ging nach Österreich, womit die Prägeanstalt „Münze Österreich“ gegründet wurde. In Wien wurden neue Stadtmauern gebaut und Wiener Neustadt wurde mit dem Geld gegründet.
Die Bonapartenbuche
Es war im Jahre 1809, als französische Generäle in den Wald bei Engelhartstetten kamen und hier einen kurzen Halt einlegten, um zu essen. Auch Napoleon war darunter, der sich in der kleinen Gruppe recht sicher fühlte. Umso erstaunter waren sie, als eine zerlumpte Zigeunerin aus dem Unterholz auftauchte und sich mitten unter die Soldaten drängte.
„Was will die Hexe?“, fuhr ein Marschall sie an.
„Wahrsagen! Den hohen Herren wahrsagen!“, antwortete die Zigeunerin mit stolzer Brust.
Schon funkelten ein paar Degen, aber der große Feldherr winkte ab, man sollte sie
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