Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Wand. Doch mit dem Nagel sprang auch der giftige Pesthauch heraus und so starb der junge Karglbauer doch noch an der Pest.
Etwa 30 Jahre später hatte sich das Dorf von der Epidemie erholt und die Wagendorfer begannen ihre Häuser zu renovieren. Bei den Renovierungsarbeiten wurden auch die riesigen Balken der Holzhäuser bearbeitet, da stieg ein weißer Nebel aus den Ritzen und Klüften, und das war abermals der Pesthauch. Es starben wieder viele Leute, doch endlich zog der Pesthauch als weißes Wölkchen nach Gersdorf.
Auch in Leibnitz brach im Jahr 1704 der Schwarze Tod aus. Das lag daran, dass die vielen Schatzsucher die hügelartigen Gräber aus früheren Zeiten, die zwischen Altenmarkt, Wagna und Leitring liegen, aufgebrochen hatten.
In diesen Tumuli waren die Pestleichen der früheren Jahrhunderte begraben, und mit dem Öffnen der Gräber wurde auch der giftige Pesthauch wieder freigelassen. Daher wurde dann das Öffnen der Tumuli strengstens verboten und mit schweren Strafen belegt.
In manchen Gegenden gab es keinen Pesthauch, sondern ein unbekannter Vogel wurde gesehen, der immer den folgenden Spruch sang:
„Iss fest Kranawet und Bibernell,
aft wirst nit krank und stirbst nit schnell!“
Wer den Rat des Vögelchens befolgte und Wacholderbeeren aß, der starb auch nicht an der „Wilden Hitz“, wie die Pest auch genannt wurde.
In Gosdorf bei Mureck kam einst ein altes, hässliches Weib und klopfte an jede Türe, um übernachten zu dürfen. Doch keiner ließ es herein, überall wurde es schroff zurückgewiesen. Als die Alte im oberen Dorf beim „Grazer“ ankam, da ließ sie endlich der gutmütige Bauer herein und gab ihr ein Nachtlager. Schon am nächsten Morgen brach die Pest im unteren Dorf aus, sie kam auch bis in den oberen Teil – in Windeseile starben 200 Einwohner an der Seuche –, doch der Bauer „Grazer“ mit seinem Hof blieb von der Pest verschont. Das alte Weib, dem er Obdach gewährt hatte, war natürlich die Pestmutter gewesen.
In Oberschwarza bei Spielfeld zeigte sich die Pest wieder anders.
Einmal, als der Nachtwächter von Oberschwarza wie gewohnt beim Hollerkreuz beim Abendläuten betete, da hörte er hinter sich ein Räderrollen. Er blickte sich um und sah einen zweirädrigen Karren, der von einem alten Mann geschoben wurde. Darauf saß ein altes, hässliches Weib mit einem Rechen. Als sie immer näher gekommen waren, da hörte er, wie die Alte zum Mann sprach:
„Tu du glatt machen, ich werde glatt rechnen!“
Mit einem Ruck blieb der Karren stehen und konnte von dem Alten nicht mehr weiterbewegt werden, so sehr er sich auch gegen den Karren stemmte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als umzukehren und hinab nach Unterschwarza zu ziehen.
Nur weil der Nachtwächter sich nicht vom Beten hatte abbringen lassen, wurde Oberschwarza von der Pest verschont. In Unterschwarza begann der Mann nämlich wie besprochen zu mähen und das Weib nahm seinen Rechen, und sie machten ihre Arbeit durch das ganze Dorf. Nicht ein Mensch soll in Unterschwarza die Pest überlebt haben, während die Bewohner von Oberschwarza verschont blieben.
Der liebe Augustin in der Pestgrube
Schon ab dem 17. Jahrhundert und noch gute 150 Jahre später gehörte das Bierhaus „Zum Roten Dachel“ auf dem alten Fleischmarkt zu den am besten besuchten Schenken von Wien. So ein damaliges Bierhaus darf man sich nicht wie eine elegante Bierhalle vorstellen, nein, es waren einfache, etwas schmuddelige Schenken. Der Eigentümer und Wirt war damals Herr Ulrich Konrad Puffan. Diese Schenke besuchte oft der sehr beliebte und weit berühmte Sackpfeifer und Bänkelsänger Augustin, und viele andere Gäste kamen nur seinetwegen. Jeden Montag, Donnerstag und Sonntag erschienen sogar viele sittsame Bürger bis hin zu Würdenträgern, nur um sich an den derben Späßen und Schwänken Augustins zu erfreuen. Dazu wurde reichlich gegessen und getrunken, es gab Gersten- oder Weißbier, Wecken, glatte Semmeln, Cervelat und die damals schon beliebten Wiener Würsteln. Das war aber nicht nur die Zeit des lieben Augustin – im Sommer des Jahres 1679 kam eine Epidemie nach Wien, die als die „große Pest“ in die Geschichte eingehen sollte.
In der Leopoldstadt zeigten sich im Frühjahr die ersten Zeichen, sodass nach der Abreise von Leopold des I. im August eine allgemeine Angst um sich griff. Alles, was fliehen konnte, tat dies. Niemand wollte als Krankenpfleger oder als Totengräber zurückbleiben, selbst die Ärzte mussten
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