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Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
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gewähren lassen. Die alte Frau mit den dunklen wissenden Augen ging langsam auf Napoleon zu und sagte zu ihm:
    „Ich kenn dich nicht, aber du hast viel Gewalt! Geh, zeig mir dein Pulverhorn!“
    Der Feldherr schmunzelte und zeigte es ihr.
    „Ei“, sprach sie, nachdem sie hineingeschaut hatte, „für morgen wird das nicht langen!“
    Die Offiziere lachten laut auf. Napoleon aber blieb schweigsam.
    „Nun heb mir einer den Hinterfuß seines Leibrosses an“, bat die Frau weiter.
    Es geschah. Aber dann rief sie entsetzt aus:
    „Oha, man wird ihm das arme Tier unter dem Leib töten!“
    Und wiederum lachte die Runde, Napoleon aber blieb ernst.
    „Du zweifelst an meinen Worten?“, fuhr die Frau forsch fort. „Nun weiß ich, wie du heißt und wer du bist. Reich mir deine Rechte und ich werde dir mehr sagen können!“
    Der Kaiser reichte ihr seine rechte Hand und die Zigeunerin besah seine Schicksalslinien. Plötzlich ließ sie seine Hand fallen und rief im Weglaufen:
    „Unglücklicher, du verlierst die Schlacht!“
    Nun geriet Napoleon in Zorn, griff hastig nach seinem Dolch und schleuderte ihn der Fliehenden nach. Die Alte aber schlug Haken wie ein Hase und Napoleons Wurf verfehlte sein Ziel, der Dolch blieb in einem Buchenstamm stecken. Am nächsten Tag verloren die Franzosen tatsächlich die Schlacht bei Aspern und Essling.
    Noch heute steht im Marchfeld die riesige Buche, deren Baumrinde von Napoleons Dolch verletzt wurde. Im Laufe der Zeit ist sie schon von manchem Sturm und Blitz heimgesucht worden, doch die Wunde von Napoleon will bis heute nicht vernarben.
    Der Birnbaum auf dem Walserfeld
    Kurz vor der Stadt Salzburg befand sich früher die weite Walserheide und in deren Mitte ein großer Obstbaum. Das kleine Dorf Wals ist in unseren Tagen das „größte Dorf Österreichs“ und wird als „Speckgürtel“ Salzburgs bezeichnet, und jener Birnbaum gehört heute zu den bekanntesten seiner Gattung und wird sogar als Stammvater aller Birnbäume bezeichnet.
    Dieser eine Baum – ein Holzbirnbaum – hatte noch nie geblüht und daher auch niemals Früchte getragen. Aus diesem Grund, weil er nämlich unnütz war, versuchte man ihn zu entfernen und sägte ihn ab. Doch der Baum wuchs wieder nach und schien kräftiger als zuvor. Und nun wurde er wieder umgeschlagen, denn er brachte im Frühling keine Blüten hervor und bekam im Herbst auch keine Früchte, doch auch damit war er wieder nicht erloschen. Der Birnbaum wuchs wieder nach und war auch dieses Jahr umso stärker geworden, und das konnte jedermann sehen. Als der junge Baum nun zu einem stattlichen, großen Baum gewachsen war, da erzählten sich die Leute, dass, wenn der Baum blühe, es zu einem gewaltigen Krieg kommen werde. Dieser werde der Krieg der Endzeit sein und Kaiser Karl, der im Untersberg schläft, werde erscheinen, seinen Schild an den austreibenden Baum hängen und den Österreichern hilfreich zur Seite stehen, und mit ihm seine Männer. Der angekündigte Krieg werde eintreffen, wenn die Zeiten erfüllt seien – wenn Luzifer von seiner Kette loskommen und die Welt in seiner Wut mit sich reißen werde. Die Völker und Herren würden sich dann gegenseitig bekämpfen und ein Blutbad unter ihren Völkern anrichten, wie es nie gesehen wurde und nie mehr gesehen werden wird. Der Bauer werde aus seiner Pflugschar Waffen schmieden und gegen seine Brüder ins Feld ziehen, der Fuhrmann werde von seinem Wagen weg mit seiner Peitsche in den Kampf gehen, die Weiber mit Hacken und Gabeln, die Handwerker mit ihrem Werkzeug, der friedliche Künstler mit dem Schwert, der Holzknecht mit seiner Hacke in die Schlacht rennen und morden ohne Erbarmen.
    Dieser Krieg werde so plötzlich ausbrechen und vorübergehen, dass, wenn jemand zwei Brotlaibe auf der Flucht unter den Arm packte und es fiele ihm einer davon zur Erde, er sich ja nicht mehr die Zeit nehmen solle, denselben aufzuheben, sondern mit einem einzigen Laib davonlaufen solle; es werde ihm auch dieser Essvorrat genügen.
    In dieser Schlacht, in welcher der Boden auf dem Walserfeld von Blut rot getränkt sein werde, würden so viele Männer ihr Leben lassen, dass die Frauen um einen Stuhl raufen würden, auf dem jemals ein Mann gesessen hatte. Die Kämpfenden würden bis an die Knöchel im Blut stehen, sodass es ihnen in die Schuhe rinne und die Vornehmen würden sich wünschen, alle miteinander auf einem Sattel davonreiten zu können. Nur die guten Menschen würden von den Riesen des Untersberges

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