Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
die Donau schäumend die Felsen umspült, hört man in der Nacht und manchmal auch an nebelreichen Tagen wehmütige Klagetöne. Das kommt von den Wassergeistern, welche das Unglück ihres Fürsten beweinen.
Einst lebte ein alter Fischer, der nicht viel Kontakt zu seinen Nachbarn hatte, mit seiner Tochter friedlich am Ufer der Donau. Der Fischer ging frühmorgens immer seiner Arbeit nach und kehrte erst spät in der Nacht zurück. Doch eines Tages, als er nach Hause kam, stand eine große Menschenmenge vor seinem Haus und alle redeten aufgeregt durcheinander.
Neugierig fragte er nach, was denn hier geschehen wäre, und erfuhr zu seinem größten Schrecken, dass der Donaufürst seine Tochter in die Tiefe verschleppt hätte. Das Mädchen blieb verschwunden und der Vater wusste genau, dass der Donaufürst niemanden wieder hergab, den er einmal in den Händen hatte. Von diesem schrecklichen Tag an sah der Fischer keinen Sinn mehr im Leben. Zu Tode betrübt verließ er seine Hütte nicht mehr, ging auch nicht mehr arbeiten, saß nur noch in seiner Stube und schaute gedankenverloren ins Nichts.
In der nächsten mondhellen, stürmischen Nacht bestieg der Fischer sein Schifflein und fuhr mitten auf die Donau hinaus. Er stand und blickte starr auf die wellige Oberfläche. In solchen Nächten zeigt sich der Donaufürst denjenigen Menschen, welche nichts Gesegnetes am Körper tragen. Nach einiger Zeit kam er wirklich, der Donaufürst, er tauchte mitten im Fluss auf. Er hatte blaue, bis ins Wasser reichende Kopf- und Barthaare, um seine Schultern hatte er einen purpurroten Mantel und auf dem Kopf trug er seine dreieckige, muschelige Krone. Er fragte den Fischer, was er wünschte. Solch eine ablenkende Frage nach einem offenen Wunsch stellt er jedem und stürzt ihn dann in die Tiefe hinab, wo jener alles Gewünschte finden werde. Der Fischer hingegen sprach kein Wort, sondern blieb stumm und blickte traurig auf den Donaufürsten. Als dieser sich ihm näherte, nahm der Fischer sein Ruder in die Hand und schlug mit so großer Gewalt auf den Kopf des Fürsten, dass vier große Steine aus seiner Krone weit fort in die Donau und an das Ufer flogen. An dem Ruder war ein Rosenkranz befestigt, welcher ihn auch nach dem Schlag noch schützte, denn sonst wäre er zweifellos verloren gewesen.
Seit dieser Nacht muss der Fürst die Stücke seiner Krone auf dem Land suchen und erst dann, wenn er sie gefunden hat, wird er als Fürst wieder in die Tiefe zurückkehren. Einige sagen, er suche noch immer, andere hingegen behaupten, er sei schon längst wieder in seinen Palast zurückgekehrt. Weil aber der Donaufürst vier Steine verloren hat, so darf jeder Mensch, welcher ertrinkt, einen Tag in seinem Palast wohnen. Sobald nun ein Mensch im Wasser untergegangen ist und in den Palast des Wasserfürsten eintritt, so bindet die Fischerstochter einen Blumenstrauß, der an die Oberfläche des Wassers geschickt wird. Auch sie lebt im Palast des Donaufürsten und wird von Nixen bedient.
Wenn dann die Menschen einen Blumenstrauß auf dem Wasser finden, wissen sie, dass jemand ertrunken ist.
’s Wassermandl
An den ruhigen, seichten Stellen der March und überall dort, wo Schilf wächst, sieht man öfters eine zwergenhafte Kreatur, die mit grünen Schuppen bedeckt ist und lange Flachshaare hat, die sie gerne kämmt, oft stundenlang. Es handelt sich um ein niedliches Ding mit kleinen Augen, die kaum größer sind als eine Perle und im Sonnenlicht funkeln wie Smaragde: um das Wassermandl.
Mit den Kindern ist es ganz besonders lieb, doch der Schein trügt. Es wirft ihnen zuerst bunte Bänder und goldene Ringlein ans Ufer oder lässt purpurrote Blumen im seichten Wasser in die Höhe wachsen und hat damit schnell ihre Aufmerksamkeit gewonnen. Sobald sie aber mit den Händen danach greifen und keinen festen Stand mehr auf dem Boden haben, packt es sie dann und nimmt sie mit sich in die Tiefe.
Dort müssen sie nun für immer im diamantenen Schloss der Wassergeister leben und ganz gleich, wie viel sie jammern oder weinen, der Wassermann lässt niemanden zurück zur Erde. Darum warnt man die Kleinen, nur ja nichts vom Ufer aufzuheben oder zu pflücken, wenn sie es auch noch so gerne haben möchten, denn ’s Wassermandl lauert hinterm Schilf. Auch sollen sie nicht zu lange ins Wasser schauen, denn dort, wo das Wasser Ringlein macht, tanzen die bösen Zwerge.
Einmal wurde ein Mädchen vom Wassermandl in die tiefe March verschleppt. Sein Brüderl, das mit ihm
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