Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
Vom Netzwerk:
offenen Wasser umgebene Schilfbestände. Ein Fehltritt – und man ist verloren.
    Die beiden waren nicht nur Fischer, sondern auch Jäger, und in kaum einer Stunde hatten die beiden einige Vögel erlegt, ein paar Trappen und einige Wildenten. Als sie zu ihrem Boot zurückkehrten, um zu sehen, ob sie etwas gefangen hätten, zeigte ihnen das Schwimmholz an, dass ihnen ein großer Fisch ins Netz gegangen war – was für ein Tag!
    Mit einiger Anstrengung zogen sie das Netz ans Ufer, als der Franz plötzlich einen Schrei ausstieß und sich entsetzt an einem Baum festhielt.
    „Hast du einen Drachen oder den Teufel gesehen?“, fragte ihn der andere lachend.
    „Er ist’s auch, der Wasserteufel!“, brachte stotternd der Franz hervor.
    Nun trat auch Michael hinzu und besah sich den Fang. Im Netz lag eine menschenähnliche Gestalt und riss und zerrte an den Maschen, um sich zu befreien.
    Auch Michael erschrak und griff nach seinem Gewehr, doch Franz packte ihn am Arm und flüsterte:
    „Schieß nicht, denn der Teufel ist unverwundbar!“
    Nach einiger Zeit begannen die beiden zu beten und getrauten sich erst danach, dieses wunderliche Wesen genauer anzusehen und beschlossen dann, es mit ans Land zu nehmen.
    Der Gefangene gab keinen Ton von sich, er schien große Angst zu haben und hatte sich vollkommen in den Maschen des Fischernetzes verstrickt, die ihm von seinen Befreiungsversuchen in die Haut schnitten.
    Die Fischer begutachteten nun die Gestalt im Netz genauer. Das Männlein hatte die Größe eines zehnjährigen Jungen, sein Körper war mit Schlamm überzogen. Zwischen den einzelnen Fingern hatte es Schwimmhäute und an seinen Fingern und Zehen wuchsen lange, krallenartige Nägel. Auf dem breiten Kopf trug es zottige Haare, die Stirn war schmal, die Augen klein. Hinter den blauen Lippen blitzten zwei Reihen starker, weißer Zähne hervor.
    Den beiden Fischern war das Ganze nicht geheuer und sie banden nun das Netz um den Wehrlosen noch fester und ruderten voller Eifer mit dem seltenen Fang heimwärts.
    Den Wassermann brachten sie ins Schloss, denn darüber waren sie sich einig geworden, dass es sich bei dieser Kreatur nur um einen Wassermann handeln könne, für den sie vom Fürsten wohl eine reiche Belohnung erhalten würden. Von weit und breit kamen die Leute, um den Wassermann zu bestaunen.
    Doch was gab man einem Wassermännlein überhaupt zu essen? Die ersten Tage im Schloss rührte es keinen Bissen an, später dann aß es nur Gras, Wurzeln, Schnecken und allerlei Wassertiere. Der kleine Wassermann war sehr scheu und ängstlich, er lag stundenlang einfach nur in seiner Kammer, wo man ihn eingesperrt hatte.
    Erst nach mehreren Wochen konnte man das Männchen daran gewöhnen, Hose und Hemd zu tragen. Hut und Schuhe behielt es aber nicht an, und damit wurde es dann belassen. Es wurde auch getauft und erhielt den Namen Stefan. Nach langer Zeit lernte es sogar, einige Wörter zu sprechen und konnte kleine Arbeiten übernehmen, es half beim Wassertragen und beim Bratenwenden.
    Am glücklichsten war Stefan, wenn er zum Schlossteich gehen durfte, da fühlte er sich wirklich heimisch. Er sprang mitsamt den Kleidern hinein und fing Frösche, die er mit Genuss verschlang.
    Besonders ins Herz geschlossen hatte ihn die Tochter des Verwalters, die sich sehr fürsorglich um ihn bemühte, und der Waasen-Steffel – so wurde er umgangssprachlich nach seiner Taufe genannt – schien großes Vertrauen zu ihr zu haben. Nach einem Jahr wurde die Hochzeit der Verwalterstochter auf dem Schloss gefeiert, und niemand dachte in diesem Trubel mehr an den Steffel. Als die Hochzeitsgesellschaft bereits an der langen Tafel saß und speiste, da drängte sich Steffel vor Freude grunzend durch die Tür herein. Auch er wollte der Braut und seiner einzigen Freundin ein Geschenk bringen, sie war immer gut zu ihm gewesen. Er war ihr oft auf Schritt und Tritt gefolgt und hatte sich stets gefreut, wenn sie mit ihm redete. Mit einem tiefen Hofdiener verbeugte sich Steffel vor der Braut und leerte dann den Inhalt seines Korbes auf den Tisch. Nun wimmelte es von Fröschen, Eidechsen, Blindschleichen und jungen Entlein auf der Tafel, und diese sprangen über den Tisch in die Schüsseln und Teller hinein. Das war ein Chaos und ein Riesengeschrei!
    Unbemerkt lief Steffel in den Park hinaus, sprang in den Teich und schwamm durch den Wassergraben in die Tümpel und Seen des Waasen und wurde nie mehr gesehen.
    Der Donaufürst im Strudengau
    An allen Orten, wo

Weitere Kostenlose Bücher