Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
eine Kirche, in welcher besonders die heilige Maria verehrt wurde.
Aber nicht immer sollte diese Ortschaft bestehen. Der letzte Besitzer der Burg, der nichts mehr selbst erschaffen musste, wurde dadurch ganz zum Gegenteil seiner Ahnen. So fromm und gottesfürchtig diese waren, desto gott- und erbarmungsloser war er, nichts war ihm mehr heilig. Da er mächtig war, griff er die benachbarten Ritter an, plünderte ihre Burgen und brannte sie wahllos nieder. Doch die Gerechtigkeit Gottes erreichte auch ihn. Eines Nachts erschien die heilige Maria dem Priester des Ortes im Traum und sagte ihm, er sollte die Bewohner auffordern, diesen Ort schnellstmöglich zu verlassen, denn der schwere Zorn Gottes ruhte über der Region. Am nächsten Tag berichtete der Priester den Menschen, wie es ihm die Gottesmutter befohlen hatte, und forderte sie auf, diesen Ort zu verlassen. Sogleich waren alle dazu bereit, sie nahmen ihre Habseligkeiten und zogen fort, bis sie in die Gegend kamen, wo heute der Markt Mondsee steht. Da ließen sie sich nieder und errichteten ihr Dorf noch ansehnlicher als ihr altes. Der Ritter sah den Zug der Menschen von seiner Burg aus, lachte darüber, nannte sie alberne, angsterfüllte Leute und brachte den ganzen Tag feiernd mit seinen Gesellen zu. Da zog sich abends ein schreckliches Gewitter zusammen, das immer heftiger wurde und bald über der Burg stand. Doch ihre Bewohner ließen sich nicht stören und feierten ausgelassen weiter. Plötzlich zog ein fürchterlicher Blitz durch die Luft und schlug in die Burg ein, es fing an zu brennen, und da die betrunkenen Männer dies nicht mehr mitbekamen, brannte es lustig weiter. Donner auf Donner folgte, unter furchtbarem Beben der Erde begann die Burg mit ihrer Umgebung zu sinken und augenblicklich füllte sich das Tal mit Wasser, das aus den Spalten der Erde hervorquoll, sodass der Ritter und alle seine Gesellen in den Fluten umkamen. Der neu entstandene See brauchte einen Namen und wurde wegen seiner Halbmondform Mondsee genannt. Bei anhaltend trockenem Wetter, wenn der Wasserspiegel sehr niedrig ist, sollen Fischer auf dem See schon öfters die Spitze des Kirchturms gesehen haben.
Andere wiederum bezweifeln diesen Hergang und wissen von einem bayerischen Herzog zu berichten, der auf seinem Ritt an diesen See kam, ohne jemals von ihm gehört zu haben. Es war eine schwarze Nacht, der Mond war hinter dichten Wolken versteckt und der Herzog konnte den Weg nicht mehr finden. Er hatte sich verirrt und hoffte darauf, dass sein Pferd instinktiv auf den Weg zurückfinden würde. Doch in der finsteren Nacht konnte auch das Pferd nichts sehen, außerdem war es gewohnt, den Anweisungen des Herrn blind zu folgen, und so ging der Ritt direkt auf einen Abhang zu. In genau diesem Augenblick trat der Mond aus den Wolken heraus, ließ das Wasser vor ihnen hell aufblitzen und rettete Mensch und Tier vor dem gefährlichen Sturz. Von nun an erhielt der See den Namen Mondsee.
Das Rätsel vom Neusiedler See
Der Neusiedler See und die Donau müssen durch einen unterirdischen Fluss oder Bach miteinander verbunden sein, denn sonst wäre es nicht möglich, was ein Bindergeselle aus Neusiedl am See mit seinem Schlegel erlebt hat.
Es ist schon eine ganze Weile her, da dachte sich ein einsamer Bindergeselle, der in Neusiedl am See bei einem Meister in Arbeit stand, es wäre wohl interessanter, auf Wanderschaft zu gehen und sich die Welt anzusehen. Zu seiner Zeit zählte der Beruf des Binders zu den wichtigsten Zünften, zu seinen Arbeiten gehörten damals wie auch heute die Planung, Herstellung und Reparatur von Fässern jeglicher Art und Größe. Er war ein fleißiger und arbeitsamer Bursche, und so fand er überall leicht und schnell Arbeit und war immer gern gesehen. Es ging ihm so gut, dass er sich sogar einen Zehrpfennig anlegen konnte, und den verbarg er in dem Stiel von seinem kunstvoll angefertigten Schlegel, einem speziellen Holzhammer. Der Stiel war hohl und keiner ahnte, dass hier drinnen zehn Dukaten versteckt waren, denn dass ein Handwerker auf sein Handwerkszeug aufpasste, das war üblich.
Doch ein jeder, der die Heimat verlässt, bekommt es einmal mit dem nagenden Heimweh zu tun. So packte denn auch den fleißigen Bindergesellen das Heimweh. Er schnürte sein Bündel, legte den wertvollen Schlegel dazu und machte sich auf den Heimweg. In Regensburg nahm er eine billige Fahrgelegenheit wahr und bestieg ein Schiff, auf dem er bald lustig die Donau herunterfuhr.
Aber schon
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