Die Schöpfungsmaschine
Lehrerinnen, denn es trottete eine ganze Meute von Schulkindern hinter ihnen her …“
„Nein, nein!“ quietschte Sarah. „Das darf nicht wahr sein!“
„Doch wirklich …“ Aub grinste und nickte bekräftigend. „Das muss man sich einmal vorstellen. Da machen diese anständigen, ordentlichen Damen einen Ausflug mit ihrer Schulklasse, und mitten in der Landschaft …“ hier musste er selber lachen, „teilen sich plötzlich die Büsche, und heraus kommen Robbie und seine Freundin, Hand in Hand, nackt, wie Gott sie schuf …“ Aub hielt inne; er ließ ihnen Zeit, das Bild vor ihrem inneren Auge nachzuempfinden, dann fuhr er mit veränderter Stimme fort: „Was hättet ihr gesagt? Ihr habt fünf Sekunden Zeit. Mehr hat Robbie auch nicht gehabt.“
„Ah … Ich weiß nicht …“ Clifford zuckte hilflos mit den Schultern.
„Die Zeit ist um!“ verkündete Aub. „Wisst ihr, was Robbie gesagt hat? Wir haben ja vorhin schon einmal von Schlagfertigkeit gesprochen … Er sagte, völlig ernst und mit versteinerter Miene: ‚Entschuldigen Sie bitte, haben Sie hier irgendwo eine fliegende Untertasse stehen sehen? Wir wissen nicht mehr, wo wir unsere geparkt haben.’“
Clifford und Sarah krümmten sich vor Lachen. Aub fiel ein und fuhr, nach Atem ringend, fort: „Und Robbie schwört, dass sie ihm geglaubt haben. Er sagt, dass eine von ihnen ganz betroffen vorgeschlagen hat, dass man die Air Force zur Hilfe holen sollte. Die andere wollte wissen, wo sie denn herkämen. Robbie hat ihnen erzählt: ‚Von der Venus, aber die Ferien verbringen wir immer hier, weil es dort oben dauernd so bewölkt ist.’“
„Jetzt übertreibst du“, sagte Clifford, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte.
„Wirklich nicht, das schwöre ich. Dann kannte ich noch einen Burschen, der hat mal …“
„Trink erst mal was, bevor du mit einer neuen Geschichte anfängst“, unterbrach ihn Clifford. Er ergriff die Flasche, doch dann runzelte er betrübt die Stirn, als er feststellte, dass sie leer war. „War das etwa alles, was wir hatten?“ fragte er Sarah.
„Wir hatten viel mehr“, sagte sie zu ihm. „Ihr beide plündert uns ja aus wie die Heuschrecken.“
„Wir?!“ Clifford zeigte anklagend mit dem Finger auf sie. „Du hast auch nicht schlecht mitgehalten.“ Er legte die Hände entschlossen auf den Tisch. „Uns bleibt also keine andere Wahl. Heute Abend gehen wir aus und zeigen Aub die Stadt. Frau, ab nach oben! Mach dich stadtfein! Wir räumen inzwischen das Geschirr ab.“
„Dass ich das noch erleben darf“, sagte sie. „Gut, warum nicht? Über die Kosten können wir uns morgen immer noch Sorgen machen.“
9
Als Clifford am nächsten Tag erwachte, fühlte er sich elend und gebrechlich. Es war nach zwölf Uhr, und Sarah war schon aufgestanden. Er lag lange Zeit bewegungslos und versuchte die zusammenhangslosen Erinnerungsfetzen zusammenzufügen, die ihm von der ausschweifenden Nacht geblieben waren. Er haderte mit dem Schicksal, das ihn in diesen schmerzvollen Zustand versetzt hatte, und fragte sich, ob man einen Abend, der solche Folgen hatte, wohl als einen „gelungenen Abend“ bezeichnen konnte. Verbissen bemühte er sich, genug Willenskraft aufzubringen, um dem Tag ins Auge zu sehen.
Endlich richtete er sich auf, stöhnte und fiel wieder aufs Kopfkissen zurück. Er machte einen zweiten Versuch, und diesmal schaffte er es. Kurze Zeit später, nachdem er geduscht, sich rasiert und angezogen hatte, trottete er wie ein Schlafwandler aus dem Badezimmer und schickte sich an, die beschwerliche Reise die Treppe hinab anzutreten. Er wollte doch sehen, was der verbliebene Rest des Tages für ihn bereithielt.
Aub saß mit aschgrauem Gesicht hölzern steif in einem Sessel im Wohnzimmer. Vermischtes Geklirr und Geklapper aus der Küche verkündeten, dass wenigstens Sarah noch zu sinnvoller Aktivität imstande war. Clifford ließ sich vorsichtig Aub gegenüber in einem Sessel nieder und begann mit ihm gemeinsam schweigend über den Sinn des Lebens nachzugrübeln.
„Mein Gott …“, sagte Aub, nachdem ungefähr tausend Jahre verstrichen waren.
Ein weiteres Jahrtausend zog ins Land.
Sarah erschien im Türrahmen. In der Hand trug sie einen Steingutkrug mit dampfendem schwarzem Kaffee. „Ja, da ist ja tatsächlich auch die andere Hälfte des dynamischen Duos“, sagte sie und musterte Clifford, während sie Aub den Krug in die reglose Hand drückte. „Ich wollte schon ein Bestattungsunternehmen rufen und
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