Die Schöpfungsmaschine
Grund?“
„Ich hatte Lust dazu.“
Sie lachten wieder. Aubs Gegenwart genügte schon, das Zimmer mit einer Welle von Optimismus und Zuversicht zu erfüllen. Was auch auf sie zukommen mochte, sie würden schon damit fertig werden. Plötzlich war ein guter Ausgang für alles greifbar nahe. Irgendwie …
„Also, was hast du denn weiter vor?“ wollte Clifford wissen. „Wie sind deine Pläne?“
„Ich habe keine Pläne.“ Aub zuckte mit den Schultern und nahm Clifford das Glas aus der Hand. „Ich werde mich gemütlich auf das Greisenalter zutreiben lassen. Wie ist es mit dir?“
„Keine Ahnung. Es sieht ganz so aus, als könnten wir gemeinsam der Verklärtheit des Alters entgegenschreiten.“
„Darauf trinke ich, Brad“, sagte Aub fröhlich. „Prost!“
„Prost!“
„Wie ist es mit deinen Sachen?“ fragte Sarah.
„Sachen?“
„Besitztümer … Was du so zum Leben benutzt hast, in Kalifornien. Wo sind sie?“
„Ach, diese Sachen“, wieder zuckte Aub mit den Achseln. „Ich habe alles verkauft, was dem Kumpel nicht gefiel, der mit mir das Appartement teilte. Ich reise gern mit leichtem Gepäck. Ein paar Taschen stehen noch draußen vor der Tür.“
„Das ist also alles, was du hast?“ fragte Clifford.
„Ach was!“ Aub machte eine umfassende Bewegung mit den Armen. „Die ganze Welt da draußen steht mir zur Verfügung. Das kann mir niemand nehmen. Wenn du schwimmen willst, brauchst du deswegen nicht den Pazifik zu kaufen.“ Er dachte einen Moment nach, dann fuhr er fort: „Wusstest du, dass zwölf Prozent aller Selbstmörder mehr als eine Million Dollar besitzen? Das Risiko will ich gar nicht erst eingehen.“
Clifford verzog den Mund.
„Deine Logik ist nicht ganz schlüssig“, sagte er, „du trägst als Besitzloser ein viel höheres Risiko.“
„Wie meinst du das?“
„Weit nach deinen Angaben achtundachtzig Prozent aller Selbstmörder weniger als eine Million besitzen“, antwortete Clifford grinsend. „Du musst eben alles von zwei Seiten betrachten.“
Aub lachte dröhnend und schlug sich auf den Schenkel. „Du verstehst es, mit Zahlen umzugehen. Aber sei auf der Hut. Zahlen können lügen.“
„Auch Lügner müssen essen“, sagte Sarah, die ins Zimmer trat. „Ich wollte gerade das Essen zubereiten. Wie wäre es, wenn ich ein Hühnerfrikassee für drei Personen mache? Einverstanden, Aub?“
„Du hast mich überredet. Deiner Überzeugungskraft ist kein Mann gewachsen.“
„Ach du liebe Güte.“ Sarah seufzte ahnungsvoll. „Ich sehe schon, dass ich einige Probleme mit euch beiden haben werde.“
„Achte gar nicht auf sie, Aub“, sagte Clifford. „Trink lieber noch etwas.“
„Große Probleme“, stellte Sarah fest und ging zurück in die Küche.
„Was sollte sie also tun?“ Aub stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte, die mit schmutzigem Geschirr übersät war, und wandte die Handflächen nach außen. „Sie sind drei Meilen von der Straße entfernt, ihr Auto ist weg, all ihre Kleider sind weg … Sie waren wirklich in einer schwierigen Lage.“ Sarah wischte sich eine Träne von der Wange und versuchte, ihr Kichern zu unterdrücken. Clifford versprühte prustend einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse klappernd auf die Untertasse zurück.
„Also, wie ging es weiter?“ fragte er.
„Nun, sie mussten sich zu Fuß zur Straße durchschlagen. Sonst hätten sie ja da bleiben können, und den Rest ihrer Tage Adam und Eva spielen können. Aber für solche Sachen hat Robbie einfach nie genügend Zeit gehabt.“
„Was?“ rief Sarah ungläubig aus. „Quer durch den Wald? Ohne einen Fetzen am Leib?“
„Was sollten sie denn sonst tun?“ fragte Aub. „Wie ich schon gesagt habe, konnten sie ja schlecht für immer dort bleiben. Aber dieser Teil der Geschichte ist nicht so lustig, darum lasse ich ihn aus. Als sie also schließlich zur Straße kamen, stolperten sie urplötzlich an den Fahrbahnrand. Da war nämlich so ein langgestrecktes, dichtes Gebüsch gewesen, und als sie sich hindurchgekämpft hatten, standen sie direkt neben der Straße. Der Verkehr rauschte vorbei, und die Leute in den Autos rissen sich fast die Hälse aus … einfach irre.“ Aub erhob die Hand, um Cliffords und Sarahs Gelächter noch einen Moment zurückzuhalten. „Und direkt neben der Stelle, an der sie aufgetaucht waren, standen zwei Frauen im mittleren Alter. Mit Knotenfrisur, dicken Tweedröcken, ihr könnt euch den Typ sicher vorstellen; offensichtlich waren es
Weitere Kostenlose Bücher