Die Schokoladendiät
absolut einleuchtende Erklärung», fährt sie fort. «Warte nur ab.»
«Ich versuche später nochmal, ihn anzurufen», sage ich – und stopfe mir verzweifelt gleich ein paar Trüffel auf einmal in den Mund, womit meine Fassade der Gelassenheit völlig in sich zusammenbricht.
Eine Beziehung in komplett entgegengesetzten Zeitzonen zu führen, ist zwangsläufig eine Zerreißprobe, aber – glauben Sie mir – Mr. Sexy ist es wert. Er ist einfach wundervoll und mit Abstand der netteste Freund, den ich jemals hatte. Und auch wenn das keine ellenlange Liste ist, so waren es doch einige.
Aiden Holby und ich arbeiten beide für Targa, eine Datenrettungsfirma, die, nun ja, Daten rettet. Fragen Sie mich bitte nicht nach weiteren technischen Details. Wie schongesagt war Aiden mein Chef, und damals fand ich ihn so unglaublich sexy, dass meine Freundinnen vom Schokoclub ihm den entsprechenden Spitznamen verpasst haben. Vor kurzem wurde Mr. Sexy zum Leiter des Internationalen Dingsbums Trallala befördert, jedenfalls wahnsinnig wichtig, und darum ist er jetzt bei den Antipoden. Währenddessen stecke ich hier in der Londoner Verkaufsabteilung von Targa fest, als Zeitarbeitskraft mit nicht genauer umrissenem Aufgabengebiet, und verbringe den Arbeitstag damit, allzu anstrengenden Tätigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ich bin vermutlich die dauerhafteste Zeitarbeitskraft, die Targa jemals hatte, habe aber nicht die Absicht, den Rest meiner Tage hier zu verbringen. O nein. Ich warte noch auf meine mir vorherbestimmte Rolle im Leben. Sie will sich mir im Moment einfach noch nicht so recht erschließen.
Eigentlich sollte ich mit Mr. Sexy nach Sydney gehen, um dort mit dem Siegel der Vollzeitfreundin versehen ein neues Leben in Jubel, Trubel, Heiterkeit zu beginnen. Wir wollten dort zusammenleben, und zwar mit allem Drum und Dran. Das ganze
Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende.
Aber dann fiel ich die Treppe hinunter und brach mir ein Bein, als wir schon einmal ein bisschen Jubel, Trubel, Heiterkeit im Voraus übten und dabei die Kontrolle verloren. Als wäre das nicht schon schlimm genug, durfte ich daraufhin wegen meines sperrigen Gipsbeins wochenlang nicht fliegen.
Mr. Sexy musste ohne mich nach Australien abschwirren – den Antritt eines Spitzenpostens sollte man schließlich nicht auf die lange Bank schieben. Er wollte schon einmal alles vorbereiten, sodass ich dann so bald wie möglich nachkommen konnte. Doch jetzt, da der Gips herunter ist, kann ich mir zu dieser Jahreszeit der Nächstenliebe und Wucherpreise das Flugticket nicht leisten. Abgesehen davon,dass mein wunderbarer Freund sowieso inzwischen in Übersee vom Angesicht der Erde verschwunden ist.
«Dann weißt du also nicht, ob er über Weihnachten heimkommt?», fragt Nadia.
«Nein. Es war zwar die Rede davon, aber …» Aber er ignoriert einfach meine Nachrichten auf dem Anrufbeantworter und meine E-Mails , statt schon mal das Bier, die Grillpartys und die besten Plätze auf dem Bondi Beach auszukundschaften. Das schreit nach mehr Schokolade und einer Bekräftigung unseres Grundsatzprogramms. Der Schokokaramell-Brownie da sieht so aus, als wäre er bestens dazu geeignet.
Durchatmen. Zählen. Essen. Mhm. Schon besser …
2
Wer
behauptet, Geld mache nicht glücklich, hat es wohl niemals in Schokolade angelegt. Nach einigen lustvoll trägen Stunden mit meinen Freundinnen und unserem liebsten Nahrungsmittel – alle Küchlein, Trüffel und Schokokaramell-Brownies sind längst vertilgt – glühen meine Wangen rosig, und mein Bauch ist wunderbar warm und voll. Ich bin stillvergnügt und gestatte mir einen ersten Anflug von Vorweihnachtsstimmung. Bin ich alleine mit der Ansicht, dass Weihnachten nur alle fünf Jahre gefeiert werden sollte? Das wäre der perfekte Abstand. Einmal im Jahr ist einfach zu oft. Kaum ist der Weihnachtsschmuck weggeräumt, da muss man ihn schon wieder rausholen und abstauben. Nur eines würde mir fehlen: all diese Schokoleckereien, die es nur zu Weihnachten gibt – Geschenkboxen, Schokoladentaler und Milk-Tray-Schokolade in extra großen Vorratspackungen, die man genau genommen auch auf einen Schlag aufessen kann.
Alle Jahre wieder hatte ich trotz aller entgegengesetzter Schwüre meine Kreditkarte bis aufs Limit ausgereizt, um meinem Ex-Verlobten Marcus irgendetwas unglaublich Extravagantes zu schenken, das er vermutlich nicht brauchte und mit ziemlicher Sicherheit auch nie zu schätzen wusste.Es ist wirklich kein
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