Die Schokoladendiät

ist. «Weißt du, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?»
    «Ein Mädchen», erzählt Chantal. «
Mein
kleines Mädchen.» Die werdende Mutter platzt fast vor Stolz und Glück.
    «Wer ist denn der glückliche Vater?», fragt Clive, der kein Fettnäpfchen auslässt.
    «Na ja, in diesem Punkt bin ich mir nicht ganz so sicher», gibt sie zu. Sie steckt das Ultraschallfoto wieder in ihre große Anya-Hindmarch-Umhängetasche. Ob Miss Hindmarch wohl auch Babytaschen im Angebot hat? Ich muss innerlich lächeln – unsere Freundin wird so einiges an ihrem Lebensstil umstellen müssen.
    «Sorry, dass ich dir ein bisschen die Schau gestohlen hab, Lucy. Aber ich wette, das kannst du nicht toppen.»
    «Hmm», mache ich ziemlich bedeppert. Bis jetzt habe ich die linke Hand hinter dem Rücken versteckt gehalten, aber jetzt ziehe ich sie mit einer schwungvollen Geste hervor, die allerdings nicht ganz gelingen will. «Ta-tah!»
    Allen bleibt der Mund offen stehen.
    «Das ist aber wirklich ein verdammt schöner Diamant»,stellt Chantal mit aufrichtiger Bewunderung fest. Tatsächlich würde so ein Ring besser zu den eleganten Händen meiner Freundin passen als zu meinen.
    «Von Mr.   Sexy?», fragt Nadia.
    «Aber nein.» Ungeduldig wische ich seinen Namen vom Tisch. Warum versuchen meine Freundinnen nur immer wieder das Flämmchen Hoffnung zu schüren, das doch schon längst erloschen ist?
    «Aber doch nicht etwa von Marcus?», fragt Chantal stirnrunzelnd.
    «Von wem denn sonst?» Alle am Tisch ziehen hörbar die Luft ein. Ein bisschen zickig lege ich nach: «Natürlich ist er von Marcus.»
    Meine Freundinnen wechseln erstaunte Blicke. «Du hattest doch versichert, sein Besuch Weihnachten wäre nur ein kleines, einmaliges Abenteuer gewesen», bemerkt Chantal.
    «Nun, da hatte ich mich dann wohl geirrt.»
    «Soll ich zur Feier des Tages wieder einen Kuchen holen, so wie letztes Mal?», fragt Clive, klingt aber eindeutig nicht begeistert. «Ich kann sofort einen herbringen.»
    «Nein, nein.» Ich hätte mit einer solchen Reaktion rechnen müssen, aber irgendwie hatte ich mir trotzdem mehr erwartet. «Ich will einfach nur, dass ihr euch für mich freut.»
    Keiner macht den Mund auf.
    «Seht», fange ich an. «Ich hatte wirklich gehofft, dass es mit Mr.   Sexy zu was führt, aber es hat eben nicht geklappt. Er hat gleich beim ersten Problem die Flinte ins Korn geworfen. Vielleicht haben wir eben einfach doch nicht so gut zueinander gepasst.»
    Meine Freundinnen wirken nicht überzeugt.
    «Ich kenne Marcus», fahre ich fort. «Ich kenne ihn durch und durch.»
    «Dann sollte dir auch klar sein, dass aus ihm niemals der perfekte Ehemann wird», merkt Chantal an.
    «Das musst gerade du sagen», erwidere ich spitz. «Treue war ja nun auch nicht gerade deine Stärke, aber trotzdem soll sich Ted wieder auf eure Ehe einlassen. Ich weiß, dass Marcus nicht vollkommen ist, aber ich bin das schließlich auch nicht.» Ich denke daran, wie schnell ich Mr.   Sexy enttäuscht habe, und meine Scham will einfach nicht schwinden. Als ob ich selbst so ein toller Fang wäre, dass ich von einem Mann absolute Vollkommenheit erwarten dürfte. «Kein Mann ist perfekt. Marcus liebt mich – auf seine eigene, fehlerhafte und unvollkommene Art. Und ich liebe ihn – und zwar ebenfalls auf meine eigene unzureichende Art. Wir haben gemeinsam schon eine Menge durchgestanden. Reicht das nicht? Unsere Beziehung ist vielleicht nicht ideal, aber wenigstens dauerhaft. Wie viele Menschen können das heutzutage noch von sich behaupten? Ich werde jedenfalls nicht mehr jünger. Ich möchte zu Ruhe kommen. Ich möchte ein Kind. Und ich will wissen, wer der Vater ist.»
    Chantal zuckt unter dieser Spitze zusammen, erwidert aber nichts.
    «Also, ich werde bestimmt nicht diejenige sein, die den ersten Stein wirft», meint Nadia. «Ich bin mit einem Spieler verheiratet, was nicht heißt, dass ich ihn deswegen irgendwie weniger liebe. Du musst tun, was du für richtig hältst, Lucy.»
    Ich ringe die Hände, und das Licht fängt sich in meinem Ring. «Ich kann einfach nicht weitere fünf Jahre darauf verschwenden, einen Mann zu finden, der mich dann vielleicht irgendwann auch mal heiraten möchte.»
    Statistisch gesehen sind die Chancen auf eine Hochzeit ohnehin gering. Zur Zeit herrscht in GroßbritannienMännermangel – der Frauenüberhang beträgt beinahe eine Million. Und da sind
alle
Männer mit eingerechnet – also auch die mit Mundgeruch, Bierbauch, Haarteilen oder