Die Schokoladendiät

«Auf genau diese Frage hab ich schon mal mit Ja geantwortet, Marcus, aber dann habe ich dich nach unserer Verlobung zusammen mit einer anderen Frau erwischt, verdammt nochmal.»
    «Und du hast eine Beziehung mit einem anderen Typen ausprobiert, aber es hat nicht geklappt.» Diese schlichte Erkenntnis versetzt mir einen Stich.
    In Marcus’ schönen Augen stehen jetzt Tränen. «Ich tue alles dafür, dass du mir noch einmal eine Chance gibst.»
    Was soll man darauf sagen? Mir tut der Kopf weh, und ich würde mich am liebsten auf dieses wundervolle Bett legen und den abendlichen Verwöhnservice ein bisschen früher hier vorbeikommen lassen.
    «Bitte, öffne dein Herz und verzeih mir», fleht Marcus mich an.
    Geht es bei der Liebe nicht genau darum? Dem Menschen, den man liebt, zu verzeihen? Eben das habe ich kürzlich Mr.   Sexy gesagt. Würde mein Jawort nicht beweisen, dass wir jeden Sturm abwettern können? Aber ist das ein gutes Fundament für eine Ehe? Ich kenne Marcus. Ich kenne ihn in- und auswendig. Ich weiß, wie wunderbar er sein kann, wenn er möchte. Und wie mies, wenn nicht. Wie Marcus sagte, ist meine Beziehung mit Mr.   Sexy ja tatsächlich sofort gescheitert. Wir sind an der ersten Hürde hängen geblieben. Für Mr.   Aiden Holby war die Sache gleich nach meinem allerersten Fehler gelaufen.
    «Unser Hochzeitslokal ist noch immer gebucht, Lucy.»
    «Das soll wohl ein Scherz sein!»
    «Ich habe den Termin nie storniert», erklärt Marcus mit verlegenem Schulterzucken. «Ich konnte einfach nicht akzeptieren, dass es zwischen uns aus sein sollte.»
    Er holt einen riesigen Solitärdiamanten aus der Hosentasche. Im Licht des Kronleuchters funkelt er in allen Regenbogenfarben. Ich schnappe nach Luft. Dieser Ring ist wie für mich gemacht und viel schöner als der letzte Verlobungsring, den er für mich ausgesucht hatte. «Ein neuerRing für einen neuen Anfang», sagt er ernsthaft, und ich frage mich, was er wohl mit dem alten Ring angestellt hat. Ob er ihn beim Juwelier für diesen hier eingetauscht oder vielleicht der liebreizenden Joanne für ihre Mühen geschenkt hat?
    Ich drücke das kalte Champagnerglas an mein glühendes Gesicht. Ohne Schokolade fällt mir das Nachdenken schwer. «Marcus, Marcus», seufze ich. «Ich weiß nicht, was ich sagen soll.»
    «Sag ja», bedrängt er mich. «Sag ja und mach mich zu einem glücklichen Menschen.»
    Ich sehe Marcus tief in die Augen und erkenne dort nichts als ehrliche Liebe. Trotzdem frage ich mich, ob ich da meinem künftigen Ex-Mann in die Augen sehe. Aber dann ist es, als schaltete irgendetwas in mir um. Ich kippe den Champagner hinunter, um meinen staubtrockenen Mund zu befeuchten, sehe Marcus direkt an und sage: «Ja.»

33
    Ich habe meinen besten Freundinnen einen SCHOKOLADENNOTRUF geschickt. Das musste einfach sein. Jetzt sind wir im Chocolate Heaven, und wieder einmal bin ich es, die ein Geständnis machen muss. Doch zunächst haben wir erst einmal an das Wichtigste gedacht und uns mit Schokolade eingedeckt – Schweizer Milchschokoladestäbchen, Schokoplättchen mit Limonen-Verbenen-Aroma und eine Earl Grey Ganache. Doch zum ersten Mal in meinem Leben erscheint mir Schokolade allein nicht ausreichend, und ich wünschte, ich hätte noch ein oder zwei Flaschen billigen Wein dazu.
    «Es gibt Neuigkeiten», sage ich mit ziemlich zittriger Stimme. «Clive und Tristan sollten auch dazukommen.» Bei den Jungs läuft offensichtlich derzeit nicht alles zum Besten, und sie zanken sich gerade mal wieder hinter dem Tresen. Ich winke sie herbei, und sie brechen ihren Streit sofort ab und kommen zu uns.
    «Ist es etwas Gutes?» Autumn wirkt noch immer fix und fertig. Noch mehr schlechte Nachrichten würde sie wohl jetzt nicht ertragen.
    «Ich hoffe es.»
    Clive und Tristan setzen sich zu uns. «Lucy hat eine Ankündigungzu machen», erklärt ihnen Chantal. «Aber ich hab euch vorher auch noch was zu sagen. Ich kriege ein Kind, Jungs. Ihr seid die Ersten, denen ich es sage, und dazu musste ich meinen ganzen Mut zusammennehmen.»
    Die beiden stürzen sich auf sie und bedecken sie mit Küssen. «Wir werden eine Baby-Shower schmeißen», verkündet Clive hochfliegend. Das ist ein Geschenkfest für werdende Mütter. «Das Motto ist natürlich Schokolade.»
    Als die beiden sich beruhigt haben, reichen wir noch einmal Chantals Ultraschallbild herum und stoßen alle entzückte Töne aus.
    Tristan dreht das Bild hin und her und versucht herauszufinden, wo oben und unten