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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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könne? Das muss man dann von Fall zu
     Fall entscheiden.
    Ab einem gewissen Stadium fast jeder Liebesbeziehung tritt die Entschuldigungsphase ein. Die Entschuldigungsphase umschließt
     das notorisch wiederkehrende heftige Streiten mit anschließender Versöhnung. Dann sagt man: »Sorry, mein Engel, ich wollte
     nicht so brüllen.« – »Ja, Schatz, dieser Satz mit dem schlechten Sex, den wir angeblich seit Jahren haben, der war kränkend.
     Er stimmt auch gar |65| nicht!« – »Meine Andeutung, ja, dass du etwas zugenommen hast, die tut mir leid. Vor allem, weil es mich gar nicht stört!
     Es steht dir!«
    Spätestens drei Tage danach gibt es wieder Streit, und wieder erfolgt die von Entschuldigungsorgien flankierte Versöhnung.
     Das geht so eine Weile, bis es, man ist des Streitens müde, zum Versöhnen längst zu spät ist. Denn ist einmal die Entschuldigungsphase
     eingetreten, ist das einst prächtig in der Sonne glitzernde Schiff der Liebe von Gewitterwolken, die sich schwerlich nur verziehen,
     längst umhüllt. Daher die erste Regel, Entschuldigungen betreffend: Mit Anlässen geizen, die einem Entschuldigungen abverlangen
     könnten, mit Zorn immer sparsam umgehen und niemals unbedacht vor sich hinreden.
    Bei schlimmen Vergehen wird sich übrigens gern auf unbeholfene Weise auf ein Missverständnis berufen. Man sei falsch verstanden
     worden. Schön zu beobachten war ein derartiges Szenario im Jahr 2007. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hatte sich
     folgendermaßen über Ex-Kanzler Helmut Kohl geäußert: »Seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen zu lassen, wie es Helmut
     Kohl gemacht hat, ist kein Ideal.« Thierse hatte damit eine Entscheidung von Vizekanzler Franz Müntefering zu erklären versucht,
     der aufgrund einer Erkrankung seiner Frau zurückgetreten war. Hannelore Kohl, die Frau des früheren Bundeskanzlers, hatte
     bereits während dessen Amtszeit unter einer Lichtallergie gelitten und sich das Leben genommen.
    Auf den wenig schmeichelhaften Satz Thierses konnte die |66| gegnerische Partei mit bebender moralischer Entrüstung reagieren. So ein Satz ist immer ein unverhofftes Geschenk, das andere
     zu nutzen wissen. Thierse sagte zunächst, er sei missverständlich, nämlich verkürzt zitiert worden. Als die bebende moralische
     Entrüstung dennoch nicht abklang, entschuldigte er sich dann doch sehr nachdrücklich. Und Helmut Kohl wurde der schöne Moment
     beschert, die Entschuldigung Thierses, seines alten Widersachers, während einer öffentlichen Veranstaltung generös anzunehmen.
    Die zweite Regel, Entschuldigungen betreffend, lautet daher: Ein Satz, der kursiert, lässt sich, unabhängig davon, ob er nun
     so oder ein klein wenig anders gesagt worden ist, nicht mehr wegdiskutieren. Hier hilft nur, so schwer es auch fällt, eine
     uneingeschränkte Entschuldigung.
    Es gibt auch Entschuldigungen, die einem regelrecht nützen können. Nehmen wir an, Sie sind ein sehr berühmter und sehr reicher
     Winzer, mächtig von Erscheinung, auf vorteilhafte Weise untersetzt. Ihr Riesling aus der Pfalz ist auf dem Weltmarkt ein rares,
     begehrtes Gut. Einer ihrer Auszubildenden, ein schmächtiger junger Mann mit verhaltenem Bartwuchs, stößt versehentlich eine
     Flasche Spätlese um. Und zwar während einer Ihrer weithin gerühmten Weinproben, die Sie regelmäßig im erlesenen Kreis von
     Geschäftsleuten veranstalten. Die Flasche fällt auf derart unglückliche Weise, dass sie auf dem Tisch zerspringt und sich
     ihr Inhalt auf der Bluse der Gattin eines bedeutenden Verlagsleiters ergießt, die mit einem lauten »Huh!« einen Satz nach
     hinten macht.
    |67| Sie verhalten sich zunächst ausgesprochen nachgiebig, ja geradezu lässig, schütteln nur den Kopf, entschuldigen sich mit Nachdruck
     bei der Gattin des Verlagsleiters für das Missgeschick, die sich rasch durch den nunmehr hektisch umhereilenden Auszubildenden
     mit Taschentüchern versorgt sieht und die ganze Angelegenheit mit Fassung, ja mit Humor trägt: »Spritziger Laden hier!«, wird
     sie zum Abschied sagen und Sie übermütig auf die Wange küssen, was Sie sich lachend gefallen lassen werden.
    Erst nach der Veranstaltung packen Sie Ihren Auszubildenden am Hemdsärmel: Ob er zwei linke Hände habe, fragen Sie mit glühendem
     Zorn, und ob er zu dumm sei, die Gäste zu bedienen? Und: Dass Sie hoffen, dass dies niemals wieder passiere, sonst könne er
     wieder in Kasachstan, wo er herkomme, seine Schafe züchten oder sonst was

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