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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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einem kleinen
     Café, das er vor |96| einigen Monaten in einem nur wenig frequentierten Viertel der Stadt eröffnet hatte.
    Gegen alle Ratschläge seiner Freunde hatte Timo sein sich unmäßig in die Länge hinziehendes Biologiestudium aufgegeben und
     zunächst vage von der Idee gesprochen, sich selbständig zu machen. Eines Tages aber, zur Bestürzung Anjas, hat er tatsächlich
     in einem Akt großer, und wie ihr schien, irrationaler Entschlossenheit eine alte, lange schon leer stehende Eckkneipe angemietet
     und daraus eine Lounge für die Mütter des Viertels gemacht. Dort kehren sie nun mit ihren Säuglingen ein, um sich über Erziehung,
     Kindergärten und Turnschuhmarken auszutauschen. Nebenbei laufen, was die Frauen sehr mögen, mit lasziver Stimme vorgetragene
     Chansons einer mittlerweile weltbekannten französischen Sängerin. Ein voller Erfolg alles in allem, der aber, glaubt Anja,
     die Begleiterscheinung mit sich bringe, dass Timo seither unter einem an Verblendung grenzenden Selbstbewusstsein leide und
     ihr nicht mehr, wie früher, spontan etwas, und sei es auch nur ein albernes Überraschungsei, von irgendwoher mitbringe. Von
     einem schönen Wein, den man in besseren Zeiten unter allerhand Scherzen gemeinsam im Bett getrunken habe, ganz zu schweigen.
     Stattdessen verbringt Timo seine Zeit unentwegt bei den Müttern in seinem Café, was Anja einen doppelten Schmerz zufügt, da
     ihr ein uneingestandener Kinderwunsch zu schaffen macht.
    Nun hat Timo Anja auch vor seinem Café-Erfolg bereits seit längerer Zeit nur selten irgendetwas irgendwoher mitgebracht. Oft
     gehen Beziehungen, wie in diesem Fall, ja |97| auch eher daran zugrunde, dass einer der Partner einen dramatischen Lebenswandel vollzieht, aus eigener Leistung oder dem
     Zufall verschuldet, zum Besseren oder zum Schlechteren hin. Das fein austarierte Gleichgewicht im Kräfteverhältnis der sich
     Liebenden kippt, verschiebt sich zu Ungunsten des einen, und sehr bald sucht dieser auch nach Gründen, weshalb man nicht mehr
     zueinander passt. Gründe gibt es immer. Sie verdecken nur das wahre Hindernis für die Fortsetzung der Beziehung: Die Selbstliebe
     des Unterlegenen entbehrt von einem Moment auf den anderen schmerzhaft der Befriedigung, dann heißt es, das Gegenüber sei
     arrogant, unaufmerksam usw.
    Doch die schlummernde Unzufriedenheit Anjas über ihren Freund kommt erst machtvoll zur Entfaltung während einer gemeinsam
     besuchten Feier, die ihre beste Freundin Verena anlässlich ihres Geburtstages veranstaltet. Nach dem Konsum zweier Biere,
     dreier Rotweine minderer Güte und, zu allem Übel, zweier Schnäpse …
    Halt. Wir wollen nicht vorgreifen. Der Abend beginnt eigentlich halbwegs guter Laune. Timo ist nämlich früher aus seinem Café
     zurückgekehrt als beabsichtigt, was Anja recht freut. Doch muss sie mitansehen, wie er sich, nach einem in der Küche hastig
     im Stehen eingenommenen Abendessen, unter der Vorgabe, noch einige eilige Mails schreiben zu müssen, erst einmal vor sein
     Notebook setzt.
    Während der U-Bahn-Fahrt zu Verenas Party stehen die beiden dicht gedrängt nebeneinander, Anja in einem bunt gemusterten,
     fröhlichen Kleid, Timo in einem leichten |98| Jackett, das durch ein darunter sich spannendes T-Shirt und eine etwas zu lange Jeans ironisch gebrochen wird. Anja mustert
     sein Kinn, das er sich seit einiger Zeit nur mehr, offenbar aus modischen Erwägungen, selten rasiert, was ihr aber beinahe
     lächerlich erscheint, seines verhaltenen Bartwuchses wegen.
    Außerdem findet sie, dass er es neuerdings übertreibt mit dem Eau de Toilette. Die Folgeerscheinung des unmäßigen Besprühens
     muss allen Fahrgästen als Geruchsbelästigung entgegenschlagen.
    Rasch trennen sich, auch wegen dieser in der U-Bahn gemachten Beobachtungen, ihre Wege auf der bereits gut besuchten Feier,
     die sich unter großem Gelächter, Gerede und, im frei geräumten Wohnzimmer, auch unter hektischem Getanze vollzieht.
    Es lässt sich nur schwer rekonstruieren, was genau Anja bewogen hat, um ein Uhr morgens, das Fest war noch im wogenden Gange,
     Timo, während er im Gespräch versunken war, heftig zu ohrfeigen, was, wie man sich denken kann, noch Wochen später für Gesprächsstoff
     unter den diesem Schauspiel beiwohnenden Gästen sorgte. Allerlei ist da wohl zusammengekommen.
    Das Unheil begann also mit zwei Bieren. Nachdem diese recht heiter gemeinsam mit Verena und einem ihrer Freunde, Andreas,
     der eigens aus dem Rheinland

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