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Die Schopenhauer-Kur

Die Schopenhauer-Kur

Titel: Die Schopenhauer-Kur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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verblüfft, um zu reagieren. Dann pfiff Tony und sagte: »Willkommen daheim, Pam.«
    »Es ist witzlos, hier zu sein, wenn ich nicht ehrlich bin«, sagte Pam.
    »Was empfinden Sie, Gill?«, fragte Julius.
    »Ach, nur dasselbe wie immer, wenn ich einen Tritt in den Magen kriege und ein paar Stücke Bauchspeicheldrüse ausspucken muss. Ist das persönlich genug, Pam? Warten Sie,
warten Sie, tut mir Leid, antworten Sie nicht. Ich habe es nicht so gemeint. Ich weiß, dass Sie nur aufrichtig mit mir sind. Und im tiefsten Innern weiß ich, dass Sie Recht haben.«
    »Sagen Sie mehr darüber, Gill, darüber, dass sie Recht hat«, forderte Julius.
    »Sie hat Recht. Ich könnte mehr offenbaren. Das weiß ich. Es gibt Sachen, die ich einigen hier sagen könnte.«
    »Wem zum Beispiel?«, fragte Bonnie.
    »Na ja, Ihnen. Ich mag Sie sehr gern, Bonnie.«
    »Schön zu hören, aber das ist immer noch nichts allzu Persönliches.«
    »Also, ich bin drauf abgefahren, dass Sie mich vor ein paar Wochen ein echtes Mannsbild genannt haben. Und ich akzeptiere es nicht, dass Sie sich als reizlos bezeichnen und als vollkommen außerhalb von Rebeccas Liga, was Ihr Aussehen betrifft  – ich habe immer eine Schwäche – vielleicht seit Tante Val – für ältere Frauen gehabt. Und ich will ehrlich sein, ich hatte ein paar pikante Fantasien, als Sie mich zu sich einluden, weil ich nicht zu Rose nach Hause wollte.«
    »Haben Sie Bonnie deshalb nicht beim Wort genommen?«, fragte Tony.
    »Ist was dazwischen gekommen.«
    Als deutlich wurde, dass Gill nicht ausführlicher werden würde, erkundigte sich Tony:«Wollen Sie mehr darüber erzählen?«
    Gill saß einen Moment lang da, die Glatze glitzernd von Schweiß, dann riss er sich zusammen und meinte: »Lassen Sie mich mit dem Rest der Gruppe weitermachen und über meine Gefühle reden.« Er fing mit Stuart an, der neben Bonnie saß. »Für Sie, Stuart, empfinde ich nichts als Bewunderung. Wenn ich Kinder hätte, würde ich mich glücklich schätzen, wenn Sie ihr Arzt wären. Und was Sie letzte Woche beschrieben haben, ändert nichts an meinen Gefühlen.
    Und Sie, Rebecca, um die Wahrheit zu sagen, Sie schüchtern mich ein – Sie wirken zu perfekt, zu hübsch, zu geleckt. Was
Sie uns über den Vorfall in Las Vegas erzählt haben, ändert nichts daran – für mich sind Sie nach wie vor unberührt und makellos und haben haufenweise Selbstvertrauen. Vielleicht liegt es daran, dass ich jetzt nervös bin, aber ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, warum Sie eine Therapie machen. Stuarts Bild von Ihnen als Porzellanpuppe – das scheint mir zutreffend –, vielleicht sind Sie ein bisschen zu spröde, vielleicht haben Sie auch Ihre Ecken und Kanten – ich weiß es nicht.
    Und, Pam, Sie sind sehr geradeaus, unverblümt, der intelligenteste Mensch, den ich je kennen gelernt habe, bis Philip kam – er könnte eine Herausforderung für Sie sein. Jedenfalls möchte ich Sie beide nicht zu Feinden haben. Aber, Pam, mit Männern haben Sie noch eine Menge zu klären. Sie haben Sie hart rangenommen, aber Sie hassen uns auch. Uns alle. Schwer zu entscheiden, was die Henne ist und was das Ei.
    Philip, Sie schweben irgendwo über uns, in einer ganz anderen Schicht oder . . . oder Sphäre des Seins. Aber ich mache mir so meine Gedanken über Sie. Ich frage mich, ob Sie jemals einen Freund hatten – ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie einfach zusammen abhängen, ein Bier trinken, über die Giants reden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich mal amüsieren oder auch nur jemanden mögen. Und die wirkliche Frage für mich ist: Warum sind Sie nicht einsam? «
    Gill fuhr fort: »Tony, Sie faszinieren mich, Sie arbeiten mit Ihren Händen; Sie erschaffen etwas, schieben nicht nur Zahlen hin und her wie ich. Ich wünschte, Sie würden sich nicht so für Ihren Beruf schämen.
    So, das waren alle.«
    »Nein, waren es nicht«, sagte Rebecca mit einem Blick auf Julius.
    »Oh, Julius? Der ist bei der Gruppe, nicht in der Gruppe.«
    »Was soll das heißen, › bei der Gruppe‹?«, fragte Rebecca.
    »Ach, ich weiß nicht, einfach ein schlauer Spruch, den ich
gehört habe und mal anbringen wollte. Julius – der ist einfach für mich da, für uns alle, er steht weit über uns. So wie er . . .«
    »Er?«, fragte Julius und deutete pantomimisch an, wie er die Gruppe absuchte. »Wer ist dieser ›er‹?«
    »Okay, ich meine Sie, Julius, so wie Sie mit Ihrer Krankheit umgehen – das werde ich nie

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