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Die Schopenhauer-Kur

Die Schopenhauer-Kur

Titel: Die Schopenhauer-Kur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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Schuldzuweisungen enden und Verantwortlichkeit an ihre Stelle tritt.« Dann, diesmal lauter: »Und was ist mit Ihrer Verantwortlichkeit, Philip? Nicht ein verdammtes Wort darüber außer dem Blödsinn, dass sich all Ihre Gehirnzellen verändert haben und es deshalb nicht Sie waren, der das getan hat. Nein, Sie waren nicht dabei.«
    Nach einem verlegenen Schweigen sagte Rebecca leise: »Pam, ich möchte darauf hinweisen, dass Sie doch verzeihen können. Sie haben sehr vieles verziehen. Sie haben mir meinen Ausflug in die Prostitution verziehen.«
    »Da gab es keine Opfer – nur Sie«, entgegnete Pam rasch.
    »Und«, fuhr Rebecca fort, »wir haben alle zur Kenntnis genommen, wie schnell Sie Julius seine Unbedachtheiten verziehen haben. Sie verziehen ihm, ohne zu wissen oder nachzufragen, ob er seine Freundinnen mit seinem Verhalten verletzt hat.«
    Pams Stimme wurde weicher. »Seine Frau war gerade gestorben. Er war in einem Schockzustand. Stellen Sie sich vor,
jemanden zu verlieren, den man seit der Schulzeit geliebt hat. Machen Sie mal halblang.«
    Bonnie griff ein. »Sie haben Stuart sein sexuelles Abenteuer mit einer Betrunkenen verziehen und sogar Gill vergeben, dass er uns seinen Alkoholismus so lange vorenthalten hat. Sie haben allen verziehen. Warum nicht Philip?«
    Pam schüttelte den Kopf. »Es ist eine Sache, jemandem ein Vergehen gegen jemand anderen zu verzeihen – und eine ganz andere, wenn man selbst das Opfer ist.«
    Die Gruppe lauschte mitfühlend, machte aber trotzdem weiter. »Und Pam«, sagte Rebecca, »ich verzeihe Ihnen, dass Sie versucht haben, John dazu zu bringen, dass er seine zwei kleinen Kinder verlässt.«
    »Ich auch«, sagte Gill. »Und irgendwann verzeihe ich Ihnen auch, was Sie Tony angetan haben. Was ist mit Ihnen? Verzeihen Sie sich, dass Sie mit dieser ›Beichtstunde‹ rausgeplatzt sind und ihn vor uns allen abserviert haben? Das war demütigend.«
    »Ich habe mich bereits öffentlich dafür entschuldigt, dass ich mich wegen der Beichte nicht mit ihm beraten habe. Das war extrem gedankenlos von mir.«
    Gill blieb beharrlich. »Da ist aber noch was: Verzeihen Sie sich, dass Sie Tony benutzt haben?«
    »Tony benutzt?«, fragte Pam. »Ich habe Tony benutzt? Wovon reden Sie?«
    »Scheint, als wäre Ihre ganze Beziehung für ihn wichtiger gewesen als für Sie. Sieht aus, als wäre es Ihnen nicht so sehr um Tony gegangen, sondern um andere, vielleicht sogar um Philip.«
    »Ach, diese blödsinnige Idee von Stuart – die fand ich immer abwegig«, sagte Pam.
    »Benutzt?«, warf Tony ein. »Sie glauben, ich wurde benutzt? Da hören Sie von mir keine Klagen – ich lasse mich jederzeit gern wieder benutzen.«
    »Kommen Sie, Tony«, sagte Rebecca, »hören Sie auf mit
den Spielchen. Hören Sie auf, mit Ihrem kleinen Kopf zu denken.«
    »Mit meinem kleinen Kopf?«
    »Mit Ihrem Schwanz!«
    Als Tony breit und lüstern grinste, bellte Rebecca: »Sie Mistkerl, Sie wussten genau, was ich meinte! Sie wollten bloß, dass ich es ausspreche. Aber im Ernst, Tony, wir haben nicht mehr viel Zeit. Sie meinen doch nicht wirklich, dass es Sie nicht betroffen hat, was Pam mit Ihnen angestellt hat.«
    Tony hörte auf zu grinsen. »Na ja, so plötzlich abserviert zu werden, fühlte sich an . . . Sie wissen schon, als hätte sie mich weggeworfen. Aber ich habe noch Hoffnung.«
    »Tony«, sagte Rebecca, »über den Umgang mit Frauen haben Sie noch viel zu lernen. Betteln Sie nicht – das ist entwürdigend. Sie sagen praktisch, dass sie Sie benutzen können, wie es ihnen passt, weil Sie nur eins von ihnen wollen: mit ihnen schlafen. Damit erniedrigen Sie sich selbst – und die Frauen auch.«
    »Ich glaube nicht, dass ich Tony benutzt habe«, sagte Pam. »Es kam mir vor, als ob alles auf Gegenseitigkeit beruhte. Aber um ehrlich zu sein, ich habe in der Zeit nicht groß nachgedacht. Ich habe einfach gehandelt wie ein Roboter.«
    »Wie ich früher. Wie ein Roboter«, sagte Philip leise.
    Pam war überrascht. Sie schaute Philip ein paar Sekunden an und blickte dann zu Boden.
    »Ich habe eine Frage an Sie«, sagte Philip.
    Als Pam nicht aufschaute, fügte er hinzu: »Eine Frage an Sie, Pam.«
    Pam hob den Kopf und wandte sich ihm zu. Die anderen Gruppenmitglieder wechselten Blicke.
    »Vor zwanzig Minuten sagten sie: › ernüchtert vom akademischen Leben‹. Dabei meinten Sie vor einigen Wochen, dass Sie für Ihr Hauptstudium ernsthaft Philosophie in Betracht zogen, sogar Schopenhauer. Wenn dem so ist, frage

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