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Die Schopenhauer-Kur

Die Schopenhauer-Kur

Titel: Die Schopenhauer-Kur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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unerwarteter Kommentar die Sprache zu verschlagen.
    Tony beantwortete ihre unausgesprochene Frage: »Philip ist hier der offizielle Fragenbeantworter. Stellen Sie eine Frage,
und er beantwortet sie. Tut mir Leid, nachdem Sie schon mal angefangen hatten, hätte ich meinen Mund halten sollen. Erzählen Sie weiter. Kommen Sie wieder zu uns in den Kreis?«
    Pam nickte, ging zu ihrem Platz zurück, schloss erneut die Augen und fuhr fort: »Also, damals war ich mit Molly an der Sommeruni der Columbia, und dieser Mann, diese Kreatur, die hier sitzt, war unser Tutor. Meiner Freundin Molly ging es schlecht; sie hatte gerade mit ihrem langjährigen Freund Schluss gemacht. Und kaum hatte der Kurs begonnen, als dieser . . . dieser Widerling von einem Mann« – sie deutete mit einem Nicken auf Philip – »anfing, sie anzubaggern. Vergessen Sie nicht, wir waren erst achtzehn, und er war der Dozent – klar, zweimal pro Woche hielt ein richtiger Professor die regulären Vorlesungen, aber für den Kurs, einschließlich unserer Zensuren, war eigentlich der Tutor zuständig. Er war aalglatt. Und Molly war verletzlich. Sie verknallte sich in ihn und war ungefähr eine Woche lang total selig. Und dann, an einem Samstagnachmittag, ruft er mich an und bittet mich um ein Treffen wegen eines Prüfungsaufsatzes, den ich geschrieben hatte. Er war gewieft und skrupellos. Und ich war so blöd, dass ich mich von ihm austricksen ließ, und als Nächstes lag ich nackt auf dem Sofa in seinem Büro. Ich war eine achtzehnjährige Jungfrau. Und er stand auf harten Sex. Ein paar Tage später machte er noch mal dasselbe mit mir, und dann ließ das Schwein mich fallen, schaute mich nicht mal mehr an, tat, als würde er mich nicht wiedererkennen, und bot mir, was das Schlimmste war, keine Erklärung für sein Verhalten an. Und ich war zu verängstigt, um zu fragen – er hatte die Macht, er benotete uns. Das war meine Einführung in die herrliche, wundervolle Welt der körperlichen Liebe. Ich war am Boden zerstört, wütend, schämte mich . . . und am schlimmsten war mein Schuldgefühl, Molly hintergangen zu haben. Und mein Bild von mir als attraktiver Frau war auf dem Tiefpunkt.«
    »Oh Pam«, sagte Bonnie, langsam den Kopf schüttelnd. »Kein Wunder, dass Sie geschockt sind.«

    »Warten Sie. Das Schlimmste über dieses Ungeheuer haben Sie noch nicht gehört.« Pam kam auf Touren. Julius schaute sich im Raum um. Alle hatten sich vorgebeugt, waren auf Pam fixiert, bis auf Philip natürlich, dessen Augen geschlossen waren und der aussah, als befände er sich in Trance.
    »Er und Molly waren noch zwei Wochen ein Paar, dann ließ er sie fallen, sagte ihr einfach, es mache ihm keinen Spaß mehr mit ihr, er brauche Abwechslung. Das war’s. Unmenschlich. Ist es zu fassen, dass ein Dozent so was zu einer jungen Studentin sagt? Er weigerte sich, weitere Erklärungen abzugeben oder ihr auch nur zu helfen, die Sachen zu transportieren, die sie noch in seiner Wohnung hatte. Zum Abschied gab er ihr eine Liste mit den dreizehn Frauen, die er im letzten Monat gevögelt hatte, viele davon aus unserem Kurs. Mein Name stand ganz oben.«
    »Er hat ihr die Liste nicht gegeben«, sagte Philip mit immer noch geschlossenen Augen. »Sie hat sie gefunden, als sie in sein Apartment einbrach.«
    »Was für eine verkommene Kreatur würde überhaupt eine solche Liste führen?«, schoss Pam zurück.
    Mit ausdrucksloser Stimme erwiderte Philip: »Männer sind darauf programmiert, ihren Samen zu verbreiten. Er war weder der erste noch der letzte, der eine Bestandsaufnahme der Felder macht, die er gepflügt und bepflanzt hat.«
    Pam drehte ihre Handflächen in einer hilflosen Geste nach oben, schüttelte den Kopf und murmelte: »Sehen Sie?«, als wolle sie auf die bizarre Natur dieser besonderen Spezies hinweisen. Philip ignorierend, fuhr sie fort: »Es war schmerzlich und zerstörerisch. Molly litt furchtbar, und es dauerte sehr lange, bis sie wieder einem Mann vertraute. Und mir vertraute sie nie mehr. Das war das Ende unserer Freundschaft. Sie hat mir meinen Verrat nie verziehen. Es war ein schrecklicher Verlust für mich und für sie, glaube ich, auch. Wir haben immer wieder versucht, neu anzufangen – sogar heute noch schicken wir uns gelegentlich Emails, um uns über wichtige Ereignisse in
unserem Leben zu informieren – aber sie war niemals, niemals bereit, diesen Sommer mit mir zu erörtern.«
    Nach langem Schweigen, dem längsten vielleicht, das die Gruppe je erlebt

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