Die schottische Braut
wegen seiner schottischen Abstammung hassten.
Konnte er einen anderen Jungen zu so einem Leben verurteilen?
Nein. Es wäre viel gnädiger, Dermot einfach umzubringen, als ihn einem solchen Schicksal auszuliefern.
Er sah zu Callie und versuchte, sich ihr Gesicht einzuprägen. Hätte er einen Wunsch frei, dann wäre es, sie zu lieben. Sie vor allem Leid zu bewahren.
Aber darin war er machtlos. Wenn er Dermot nicht auslieferte oder selbst tötete, würde Henry ihren ganzen Clan auslöschen und sie damit auch.
Wie so oft schon in seinem Leben waren ihm die Hände gebunden. Er musste es tun. Es gab keinen Ausweg.
Kapitel 13
S in erschien in dieser Nacht nicht zum Essen in der Halle. Sobald die Mahlzeit beendet war, begab sich Callie auf die Suche nach ihm. Simon riet ihr, auf dem Wehrgang anzufangen, und obwohl es ihr eher unwahrscheinlich vorkam, wandte sie sich als Erstes dorthin.
Tatsächlich fand sie Sin dort alleine auf der Steinmauer sitzen. Mit dem Rücken lehnte er gegen die Wand des Turmes, den einen Fuß auf die gegenüberliegende Zinne gestützt, während sein anderes Bein über die Brüstung hing und von der Nacht verschluckt zu werden schien.
» Überlegst du, ob du springen sollst?«, erkundigte sie sich.
»Das würde dich zu einer reichen Witwe machen.« Er warf ihr einen Blick über die Schulter zu. »Willst du mich schubsen?«
Etwas an seinem Tonfall weckte in ihr Zweifel, ob das wirklich nur eine scherzhafte Bemerkung war oder nicht doch ein Test, um zu sehe n , was sie tun würde.
Sie trat zu ihm und schaute ihn tadelnd an. »Nein, ich möchte dich lieber um mich haben. Aber da bist du heute Abend nicht gewesen. Du versteckst dich schon wieder. Willst du mir verraten, warum du hier draußen bist?«
»Ich wollte etwas frische Luft schnappen.«
»Hier oben?«
Er zuckte die Achseln. »Mir gefällt es hier. Da stört mich niemand.«
Sie hob schelmisch eine Augenbraue. »Störe ich dich etwa?«
»Nein«, erwiderte er zu ihrer Überraschung. Der Blick, mit dem er sie musterte, war herzlich und voller Zärtlichkeit. Das stellte eine gewaltige Verbesserung gegenüber seinem gewöhnlich leeren Blick dar.
Im Mondlicht sah er großartig aus, wie er so an der Mauer lehnte. Der Mond war rund und hell und erlaubte es ihr, seine Züge genau zu erkennen. Wie er rittlings auf der Brüstung saß, das hatte etwas ungeheuer Männliches. Seine Körperhaltung war entspannt, und doch, das wusste sie, konnte er jeden Moment bei der geringsten Herausforderung wie ein gereizter Löwe aufspringen.
Die Intensität seiner Gegenwart ließ sie erzittern, und sie streckte die Hand aus und berührte ihn am Knie. »Woran denkst du gerade?«
»Ich überlege, wo die Rebellen wohl als Nächstes zuschlagen werden.«
»Meinst du nicht, dass du sie heute Abend eingeschüchtert hast?«
»Du etwa?«
»Nein«, antwortete sie aufrichtig. Der Rächer hatte auch nicht aufgehört, als Aster es öffentlich von ihm verlangt hatte. Und da sie vermutete, dass der Rebellenführer ein Mitglied ihres Clans war, schätzte und achtete er Aster bestimmt. So gesehen schien es ziemlich unwahrscheinlich, dass er wegen Sins Aufforderung sein Tun einstellen würde, den er zweifelsohne hasste und verachtete.
Sin faltete die Hände über seinem Bauch, während er
ihr Gesicht betrachtete. »Ich bin sicher, alle Rebellen sitzen heute Nacht zusammen und schmieden Pläne. Ist Dermot zum Essen erschienen?«
Bei seiner Frage blieb ihr fast das Herz stehen. Konnte er tatsächlich ahnen ...
»Aye. Warum fragst du?«
»Er ist aber nicht die ganze Zeit dageblieben.«
Furcht drohte sie zu überwältigen. Worauf wollte er hinaus? Aber eigentlich war sie sich gar nicht sicher, ob sie das überhaupt wissen wollte. »Wie kommst du darauf?«
Er deutete auf den Hof unten, und sie erkannte einen Schatten, der sich auf die Burg zubewegte. »Dermot ist vorhin zu Fräser gegangen.«
»Sie sind alte Freunde.«
Sein Blick richtete sich wieder auf sie, wurde scharf, was ihre Sorgen noch vergrößerte. »Warum bist du mit einem Mal so nervös?«
»Nervös?«
»Aye, du siehst so aus wie an dem Tag, als ich dich bei deinem Fluchtversuch auf der Treppe im Turm getroffen habe.«
Manchmal war er wirklich unheimlich scharfsinnig. Kein Wunder, dass Henry ihn so schätzte. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie schwören, dass der Mann die Gabe des zweiten Gesi ch ts besaß. »Wieso kannst du Menschen so gut deuten?«
»Das hat es mir als Junge möglich
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