Die schottische Braut
Verlegenheit ersparen, nur geringschätzige Blicke zu ernten.«
Callie lachte noch lauter. »Oh Simon. Ich wenigstens bin mehr als froh, dass Ihr mitgekommen seid. Wir werden Euch nur einfach beibringen müssen, ein Plaid zu tragen und ein wenig Gälisch zu sprechen.«
Simon räusperte sich und wisperte Sin laut genug zu, dass Callie ihn verstehen konnte. »Stimmt es eigentlich, dass die Männer unter diesem Plaid nichts anhaben?«
»Aye.«
Er erschauerte und erwiderte ihren Blick mannhaft. »Ich möchte aber meine Beinkleider anlassen, wenn es Euch nichts ausmacht.«
»Die Entscheidung liegt ganz bei Euch«, entgegnete Callie und öffnete die Tür zu seinem Zimmer.
Simon trat ein, während Sin ihr über den Flur in ihre eigenen Gemächer folgte.
Auf der Türschwelle blieb Sin stehen und schaute sich in dem freundlichen Raum um. Das große Bett hatte Vorhänge aus burgunderrotem Serge, und warme Decken und Pelze lagen auf der Matratze. Eine elegant geschnitzte Truhe stand unter dem Fenster aus gefärbtem Glas, ein unvorstellbarer Luxus. Die Wände waren in einem geometrischen Muster weiß und hellblau getüncht.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, hier einzutreten, fast so, als würde er in etwas ganz Privates eindringen.
»Wollt Ihr nicht hereinkommen?«, fragte sie.
Sin zwang sich, über die Schwelle zu treten, doch er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass er hier eigentlich nichts zu suchen hatte. Bes onders nicht mit ihr zusammen.
Er ließ seine Satteltaschen neben der Truhe liegen und schnallte den Schwertgürtel ab.
Callie beobachtete seine steifen Bewegungen. Er war so unnahbar und kalt. Fast schmerzlich sehnte sie sich nach dem zu Scherzen aufgelegten Sin, den sie flüchtig in London und eben auf der Treppe mit Simon erblickt hatte.
Sie schlug die Bettdecken zurück, sodass er sich hinlegen konnte, wenn er wollte. »Soll ich Euch ein Bad kommen lassen?«
»Nein. Ich werde höchstens ganz kurz ruhen.«
Sie machte einen Schritt auf ihn zu. »Geht es Euch gut?«
»Bestens.«
Sie streckte die Hand aus, um sein Gesicht zu berühren, und rechnete halb damit, dass er ihr ausweichen würde.
Doch das tat er nicht.
Sin wusste, er sollte sich besser wegdrehen, aber das tröstliche Gefühl ihrer Hand auf seiner Haut hielt ihn an Ort und Stelle. Er hatte sich an grauenhaften Orten aufgehalten, umgeben von Menschen, die ihn hassten. An der Situation hier war nichts neu für ihn. Nichts außer der Freundschaft, die sie und Simon ihm anboten.
Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich nicht allein gelassen. Und bevor er begriff, was er tat, senkte er den Kopf und bedeckte ihre Lippen mit den seinen.
Er stöhnte, als er den Geschmack ihres Mundes wahrnahm, die Süße ihres Atems. Sie schlang die Arme um ihn und zog ihn noch näher an sich heran.
Sin spürte, wie er der Versuchung zu erliegen begann. Er wollte sie auf eine Art und Weise, wie er sonst nichts in seinem Leben gewollt hatte. Er wollte sie an seinem verdörrten Herzen bergen, sie sicher und geschützt wissen, und war sich doch der Torheit solcher Gedanken bewusst.
Nie konnte er eine Frau wie sie den Schrecken des Lebens als Ausgestoßener aussetzen. Ihre Leute waren ein Teil von ihr, und sie würden ihn niemals akzeptieren.
Wenn selbst die Leute seiner eigenen Brüder ihn nicht dulden konnten, welche Hoffnungen durfte er sich da machen, dass es diese Fremden hier tun würden? Wenigstens hatten ihn die Mitglieder des MacAllister-Clans schon als Kind gekannt und wussten im Grunde genommen, dass er irgendwie zu ihnen gehörte.
Aber selbst so hatten sie ihn nie als einen der Ihren angesehen.
Sie hatten die Verachtung bemerkt, mit der ihre Herrin ihn behandelte, und waren ihrem Vorbild gefolgt. Während seine Brüder überall willkommen gewesen waren, hatten sie ihm kaum einen Gedanken gegönnt, wenn sie seine Existenz nicht einfach völlig vergaßen.
Er löste sich von ihr. »Ihr solltet gehen und das Wiedersehen mit Eurer Familie feiern.«
»Ihr seid meine Familie, Sin.«
Sin musste schlucken, als ein wahrer Gefühlssturm in ihm losbrach. Der war so stark, dass ihm einen Augenblick lang Tränen in den Augen brannten. Gequält wandte er sich von ihr ab.
»Mylord?«
»Lasst mich«, knurrte er abweisend.
»Sin?« Sie fasste ihn am Arm.
Er riss sich los und floh vor ihr und den verwirrenden Empfindungen, die sie in ihm weckte. Er brauchte Zeit für sich allein. Zeit, nachzudenken. Zeit, seinen Körper wieder seinem Willen zu
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