Die schottische Braut
dafür sein, dass ich es einmal in meinem Leben so empfinden durfte.”
Jenny drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Es freute sie zu wissen, dass sie Harris genauso viel Leidenschaft bereitet hatte wie er ihr. Ein Hauch von Erleichterung und tiefer Befriedigung überkam sie. Bereits an der Schwelle des Schlafes, hob sie nochmals an.
“Harris?”, flüsterte sie.
“Ja”, murmelte er. “Was noch?”
“Ich liebe dich, Harris.” Aus ganzem Herzen hoffte sie, dass sie die nötige Stärke finden könnte, ihn zu lieben in guten wie in schlechten Zeiten, so wie sie es gelobt hatte.
Er legte ihr einen Arm um die Taille. Mit seiner anderen barg er ihren Kopf an seiner Brust.
“Und ich liebe dich, Jenny. Alles wird gut werden – du wirst sehen. Wir gehören zusammen, du und ich. Das ist alles, was zählt.”
Bevor Jenny in den süßen Schlummer glitt, betete sie, dass Harris recht hatte.
Draußen in den Straßen Chathams war die Luft unerträglich heiß und dumpf. Vom Fluss oder vom Meer her kam keine Brise, die das Atmen erleichterte. Vom Wald her klang es wie weit entfernter Donner oder Geschützfeuer einer fernen Artillerie. Dichte düstere Wolken verdunkelten den Himmel, und die untergehende Sonne leuchtete unheimlich in gespenstischem Gelb.
22. KAPITEL
Harris hatte keine Ahnung, wie spät es war, als er erwachte. Sein Magen knurrte und erinnerte ihn daran, dass er seit dem frühen Morgen nichts gegessen hatte. Es musste Abend sein, obgleich ein seltsames bernsteinfarbenes Licht durch das enge Fenster schimmerte. Vermutlich war es schon nach acht Uhr. Jenny konnte er deutlich sehen. Das war alles, was zählte.
Selbst wenn er hundert Jahre lebte, er wollte das tägliche Wunder, neben ihr aufzuwachen, niemals als gottgegeben ansehen. Bei ihrem Anblick fühlte er sich erneut erregt. Er könnte eine Ewigkeit damit verbringen, ihre üppigen Formen zu betrachten. Gefolgt von einer weiteren Ewigkeit, mit der seine Hände sie eroberten. Und eine weitere, mit der es seine Lippen taten …
Er erinnerte sich ihrer stürmischen Begierde, mit der sie ihm auf den Gipfel der Ekstase gefolgt war.
Sanft drückte er sein Gesicht in ihre festen, vollen Brüste. Sie regte sich träge, dabei streifte sie mit einer Knospe seine Lippen. Liebkosend umspielten sie ihre Brust.
Sie stöhnte auf vor Lust. “Weißt du was, Harris?” Sie gab ihm keine Gelegenheit zu antworten – vielleicht wollte sie seine Lippen nicht von ihrer gegenwärtigen Beschäftigung ablenken. “Jedes Mal, wenn wir gegenseitig unsere Körper erforschen, lernen wir wieder etwas Neues am anderen kennen.”
“Ja, mein Schatz, da hast du recht”, meinte Harris. Seine Lippen suchten sich den Weg hinab über ihren Bauch, und seine Hände spreizten ihre Schenkel.
“Oh ja”, seufzte sie, “mach weiter.”
Plötzlich zerbarst die Tür krachend.
Jenny richtete sich schreiend auf und ergriff das Laken, um sich zu bedecken. Harris sprang aus dem Bett und stellte sich schützend vor sie.
“Was für ein Unheil richtest du jetzt schon wieder an, Jungchen?” spottete eine leider nur zu bekannte Stimme. “Ich dachte, dein Auftritt auf dem Friedhof hätte dir all deinen Mumm genommen.”
Daraufhin wurde er gepackt.
Eine Faust versetzte Harris einen Schlag aufs Kinn. Eine Hand hielt seinen Arm fest. Er schlug wie blind mit dem anderen zu und traf mit meisterhafter Genauigkeit, wie ein Schmerzensschrei bestätigte.
Sein Fuß stieß gegen etwas Festes, was jedoch zerbrach. Harris folgte dem Klang des atemlosen Stöhnens und warf sich auf die Gestalt. Er schlug um sich wie ein Verrückter – mit Fäusten, den Ellenbogen, den Knien und Füßen schlug und trat er auf einmal ein, mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Die große Gestalt – Sweeney, vermutete er – hob die Arme, um seine rasenden Schläge abzuwehren.
Nimm das für Morag! Und das für die Lügen über Levi Augustines Leute! Nimm das dafür, dass du mich halb tot in den Busch geworfen hast! Und das dafür, dass du einen Mann nicht in Frieden seine Frau lieben lässt.
“Lass ab von ihm, Chisholm! Ich habe deine Frau.”
Harris hielt in seinen Rachegelüsten gegen Sweeney inne. Im Licht, das durchs Fenster kam, konnte er die muskulöse Gestalt von McBean ausmachen, der ein Messer an Jennys Kehle hielt.
“Lass sie los”, schrie Harris, als ihm Morag McGregor einfiel. “Was wollt ihr von mir?”
“Wir wollen nur einen kleinen Spaziergang mit dir machen, das ist
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