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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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das Ufer eines kühlen Flusses gebracht. Doch wir sind immer noch im Busch.”
    Er hob den Blick zum blassblauen Himmel, an dem zarte Wölkchen vorüberzogen. Es war ein wunderschöner Anblick, doch gerade jetzt hätte Harris sich eine dunkle Wolkenbank gewünscht, die einen Schauer versprach.
    “Wir werden keinen weiteren Schritt tun, bis die Sonne untergeht”, bemerkte er. “Bis wir in den Schatten eines Waldes kommen, werden wir unseren Weg nur in der Morgendämmerung oder abends fortsetzen. Wenn die Sonne hochsteigt, lassen wir uns in dem Schatten nieder, den wir finden.”
    “Das ist ein guter Plan, Harris.” Jennys Stimme klang leise. “Du wirst uns hier herausbringen. Es gibt nichts, was du nicht tun kannst, wenn du es willst.”
    Harris konnte kaum an sich halten, dem Drang nachzugeben und lauthals loszulachen. Alles zu tun, was er sich in den Kopf gesetzt hatte? Er konnte doch so gut wie nichts richtig machen. Immerhin hatte er Jenny gewähren lassen, diesen gewagten, unsinnigen Fußmarsch nach Chatham fortzusetzen, obwohl er gewusst hatte, welche Gefahren vor ihnen lagen. Wäre er nur halbwegs der Mann, für den sie ihn hielt, hätte er sie über die Schulter geworfen und wäre mit ihr zurück nach Richibucto marschiert. Dann ließe er sie Tag und Nacht bewachen, um sicherzugehen, dass sie dort blieb.
    Es mag ein Körnchen Wahrheit in ihren Worten liegen, gestand er sich widerstrebend ein. Er fühlte sich leistungsfähiger, sachkundiger, wenn Jenny bei ihm war. Vielleicht war es ihr bedingungsloser Glaube an ihn. Vielleicht sein Gefühl für sie, das ihn beseelte, alles noch besser zu machen. Oder war es vielleicht die verzweifelte Lage, die ihm keine andere Wahl ließ, als über sich hinauszuwachsen?
    Jenny fächelte sich mit der Hand ein wenig Luft zu. “Erinnerst du dich, dass dir jemals so heiß war, Harris?”
    Von Schweiß durchnässt, klebte ihr das Gewand aufreizend am Körper. Harris versuchte, den Blick abzuwenden, doch seine Augen weigerten sich, ihm zu gehorchen. Plötzlich fühlte sich sein Gaumen so trocken an, als hätte er Staub verschluckt. Er brachte kaum einen Ton heraus.
    “Nein, noch nie.”
    Dies war nicht die ganze Wahrheit. Er gab nicht zu, dass die erbarmungslose Sonne nur zum Teil schuld daran war.
    “Harris, was ist das dort drüben?”
    Er blinzelte in die Richtung, in die Jenny zeigte. “Es scheint ein großer Felsen zu sein. Gut gemacht! Lass uns dahingehen, um nachzusehen.”
    Wie vermutet war es ein riesiger Gesteinsbrocken, dessen zerklüftete Oberfläche mit Moos bewachsen war.
    “Endlich!” Harris nahm den Ranzen vom Rücken und kletterte hoch. “Von dort oben hat man bestimmt einen Rundblick.”
    Jenny hielt den Atem an, als er zur Spitze emporklomm. In den vergangenen drei Stunden, seit Harris erklärt hatte, dass die Sonne tief genug stand, um ihren Weg fortzusetzen, hatte sie gegen ihre Benommenheit gekämpft. Sie wollte nicht daran denken, was geschehen würde, wenn Harris abrutschen würde.
    Glücklicherweise erreichte er die Kuppe ohne Fehltritt. Dann beschattete Harris die Augen gegen das Licht der untergehende Sonne und blickte sich um.
    “Kannst du etwas sehen?”, rief Jenny zu ihm hinauf.
    “Bloß noch mehr niederes Buschwerk”, kam die enttäuschte Antwort zurück. “Meilenweit.”
    Jenny gab der Schwäche in den Knien nach und sank zu Boden. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie schluckte energisch. Sie und Harris hatten die letzten Tropfen Wasser aus der Flasche geteilt. Bald mussten sie erneut rasten, um die Nacht abzuwarten. In der Morgendämmerung würden sie einige Stunden losziehen, ehe sie gezwungen waren, erneut eine Pause einzulegen. Wenn sie bis dahin kein Wasser fanden …
    Jenny schob den Gedanken von sich.
    Harris sprang von seinem unsicheren Platz auf dem Felsen hoch. Hatte er das Gleichgewicht verloren?
    “Bäume!”
    Jenny bedurfte eines Augenblickes, um die Wichtigkeit dieses Wortes zu erfassen. Inzwischen kletterte Harris von dem Aussichtspunkt herab.
    “Bäume, Jenny!” Harris packte sie am Arm, zog sie hoch und schulterte wieder seinen Ranzen. “Hier entlang. Gar nicht weit.”
    Ehe sie ihre Gedanken sammeln oder gar Atem holen konnte, um etwas zu fragen, stolperte Jenny hinter Harris her. Sie konnte nichts anderes tun, als ihre Beine in Bewegung halten, um nicht mit dem Gesicht vornüber auf den Erdboden zu fallen. Einen Moment dachte sie, sie hätten ihr Bündel mit ihrem Hochzeitsgewand zurückgelassen.

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