Die schottische Braut
Arme fest auf den Rücken gedreht wurden. Er stieß mit dem Fuß zu und traf.
Der Rothaarige schrie vor Schmerzen auf. “Das wirst du bereuen, Bürschchen.”
Ein Bein hakte sich um seinen Knöchel, und er ging zu Boden. Bei seinem Fall schlug er mit dem Kopf gegen einen Grabstein. Er fühlte einen stechenden Schmerz an der Schläfe, bevor alles um ihn her schwarz wurde.
18. KAPITEL
“Wach auf, Harris. Du atmest, daher weiß ich, dass du am Leben bist.”
Jenny?
Harris schrak aus seiner Ohnmacht hoch. Er schwankte schon eine Weile zwischen Erwachen und Bewusstlosigkeit hin und her, doch der Schmerz hatte ihn immer wieder in friedliche Vergessenheit zurücksinken lassen. Diesmal war es anders.
Jenny rief ihn, und er konnte sich dem Lockruf ihrer Stimme nicht entziehen. Selbst dann nicht, wenn ihn hundert Teufel mit glühenden Forken herausgefordert hätten.
Er versuchte, die Augen zu öffnen, doch bloß eines schien ihm zu gehorchen. Die Welt um ihn her verschwamm, und Harris schloss verärgert das Augenlid wieder. Ein Stöhnen kam über seine geschwollenen Lippen.
Sein linkes Bein schien unversehrt. Jeder andere Teil seines Körpers schmerzte, brannte oder stach und bereitete ihm große Qualen.
“Wer hat dir das angetan, Harris?”
Für einen Augenblick war aller Schmerz vergessen. Er wollte Jenny sagen, dass Roderick Douglas für diesen brutalen Angriff verantwortlich war, und das würde das Ende ihrer Hochzeitspläne bedeuten.
Er versuchte, seine Lippen dazu zu bringen, Worte auszusprechen, doch es kam nur unverständliches Murmeln heraus.
“Sag jetzt nichts”, bat sie. “Ich werde Wasser holen, um deine Wunden zu kühlen. Dann werde ich jemand suchen, der mir hilft, dich nach Hause zu bringen.”
Nach Hause?
Harris bemühte sich, bei Bewusstsein zu bleiben, und rätselte, wo denn das Zuhause war. Jenny meinte doch nicht etwa Roderick Douglas’ Heim? Oder dachte sie an eine eigene an die Taverne angebaute Hütte?
Er beschäftigte sich immer noch mit der Frage, als sie mit dem Wasser zurückkehrte. Harris vernahm, wie Stoff zerrissen wurde, und er rang sich mit seinen geschwollenen Lippen ein Lächeln ab. War das nicht bezeichnend für Jenny, die vermutlich ein Stück von ihrem Unterrock abtrennte, um ihm zu helfen?
Sie strich ihm mit dem kühlen, feuchten Tuch über die Stirn. Die Berührung stach wie eine Horde Wespen. Harris sog durch die zusammengebissenen Zähne Luft ein. Bei der Berührung mit der Zunge merkte er, dass ein Zahn wackelte.
Jenny begann erneut zu sprechen. Vielleicht wollte sie ihn von den notwendigen Qualen ihrer Fürsorge ablenken.
“Es waren Sweeney und McBean, die dich zusammenschlugen, oder nicht?”
Als er nicht antwortete, nicht stöhnte oder gar nickte, setzte sie fort: “Douglas’ Männer? Einer mit einer eingeschlagenen Nase und der andere mit einem Gesicht wie eine rote Bulldogge?”
“Mmm”, brachte Harris an Zustimmung hervor, obwohl ihm ihre Beschreibung ein weiteres schmerzhaftes Grinsen abrang.
“Ich wusste es. Ich hätte dich niemals hinter ihr herschicken dürfen.”
Harris blinzelte sie an und zwang sich, das verschwommene Bild klar zu erkennen. “Morag!” Mühsam stieß er ihren Namen hervor.
“Ja, wer sonst sollte es sein?” Ihre Stimme klang bitter. “Jenny Lennox? Es tut mir leid, dich zu enttäuschen, doch du bist nicht in der Verfassung, um viel Aufhebens darum zu machen, wer dich pflegt.”
Harris sackte erneut zusammen. Sein zerschundener Mund war zu keiner noch so mühsamen Erklärung, die er Morag schuldete, fähig. Er war nicht über ihre Anwesenheit enttäuscht, sondern über Jennys Abwesenheit. Könnte sie doch sehen, welchen Schaden Roderick jemandem zufügen imstande war, dann hätte Harris die Schläge als Segen gewertet und noch mehr auf sich genommen.
“Das ist alles, was ich hier für dich tun kann”, sagte Morag endlich. “Ich werde Murdock und Vater holen, damit sie dich zu uns bringen.”
Harris hatte nicht mehr die Kraft zu antworten.
Vielleicht dachte sie, er habe das Bewusstsein wieder verloren, denn sie legte die Hand sanft auf seine Stirn, wie eine zärtliche Liebkosung. “Haben sie Jenny aus dir herausgeprügelt, Harris? Es wäre vielleicht das Beste, was dir passieren könnte.”
Als er wieder in den sanften Dämmerzustand glitt, musste Harris lächeln. Obwohl Jenny ihn von sich gestoßen hatte und er alles tat, damit er sich von seinen Gefühlen für sie befreite, bedurfte es schon kräftigerer
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