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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Fäuste als die von Roderick Douglas’ Männern, um sie aus seinem Herzen zu prügeln.
    Die Sonne in den späten Septembertagen brannte auf Roderick Douglas’ Kutsche hernieder, als diese auf dem Weg zum sonntäglichen Gottesdienst in St. Mary war. Kein Anzeichen sprach für das nahende Ende des Sommers. Die Luft war bereits drückend schwül geworden und das Gras auf dem Friedhof zu goldbraunen Halmen verdorrt.
    Während Jenny vorgab, sich völlig auf das zu konzentrieren, was Roderick sagte, warf sie verstohlene Blicke in alle Richtungen. An den beiden vorherigen Sonntagen hatte sie Harris erspäht, wie er sie aus der Entfernung beobachtete. Heute war er nicht zu sehen.
    So war es ihm also doch ernst gewesen, Chatham zu verlassen. Sie hatte das nicht gerade gehofft, doch sie hatte gedacht, es wäre eine List gewesen, sie auf den Friedhof zu locken.
    Jenny versicherte sich selbst, dass sein Fortgang eine Erleichterung für sie war. Nun konnte sie all ihre Gedanken auf die Vermählung richten, ohne befürchten zu müssen, dass er die Zeremonie stören könnte. Vielleicht würde Roderick seine Beschränkungen über ihr Kommen und Gehen lockern, jetzt, nachdem Harris fort war. Er beteuerte, dass dies zu ihrer eigenen Sicherheit geschehe, und sie glaubte ihm. Trotzdem gab es Tage, an denen sie sich unterdrückt fühlte.
    “Was meinen Sie dazu, Janet?”
    “Wie bitte, Roderick? Etwas hat meinen Blick gefesselt, und ich habe nicht alles gehört, was Sie erzählten.”
    Sein schöner Mund verzog sich missbilligend, und Jenny schrak zusammen.
    “Ich sagte, dass einige wichtige Geschäftsfreunde von mir nächste Woche in die Stadt kommen – aus Boston. Mindestens zwei von ihnen werden ihre Gattinnen mitbringen. Natürlich möchte ich sie zur Hochzeit einladen. Ich dachte auch, dass wir einen Empfang am Abend zuvor geben könnten. Würde Ihnen das gefallen?”
    “Ja, ja doch.” Jenny versuchte begeistert zu klingen. Sie schalt mit sich selbst, dass sie etwas anderes empfand.
    Hatte sie davon nicht immer geträumt, daheim in Dalbeattie, als sie sich erstmals mit dem Gedanken vertraut machte, Roderick zu heiraten? Ein elegantes Haus, Bedienstete, welche die Arbeit verrichteten, Empfänge für wichtige Gäste. Die Aussicht darauf, solche Feste gestalten zu müssen, ließ Jenny nun verzagen.
    Was wusste sie schon, wie man solche Leute unterhielt? Womit wurde so eine Gesellschaft eröffnet? Essen. Musik. Erwartete man von ihr, dass sie Einladungen schrieb? Sie wollte Roderick nicht vor seinen reichen amerikanischen Freunden bloßstellen. Er hatte so hohe Erwartungen in sie gesetzt, und es schien, als könnte sie diesen niemals gerecht werden.
    Harris hatte ihr dieses Gefühl nie gegeben. Der Gedanke kam Jenny ungebeten in den Sinn. Selbst als sie versuchte, ihn loszuwerden, kehrte er immer wieder zurück. Bei Harris hatte sie nie an sich gezweifelt, hatte geglaubt, alles erreichen zu können, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Doch Harris war fort, und das Gefühl von Stärke, das er ihr gegeben hatte, schwand rasch dahin. War es nur eine Illusion gewesen?
    Die Kutsche hielt vor dem Portal von St. Mary. Andere Kirchgänger traten respektvoll vom Tor zurück und warteten, bis Mr Douglas und seine Braut hineingingen.
    “Sie sind heute Morgen so still, meine Liebe”, sagte Roderick, als er ihr aus dem Wagen half. “Es fehlt Ihnen doch nichts, hoffe ich?”
    Schwang nicht der Anflug eines spöttischen Triumphes in seiner Stimme mit?
    Natürlich nicht!
Jenny rief sich selbst zur Ordnung. Ihr Bräutigam war lediglich über ihren Gefühlszustand besorgt, das war alles.
    “Was sollte mir fehlen? Nichts, natürlich!” Sie zwang sich zu einem strahlenden Lächeln. “Oh nein. Ich dachte bloß an die Vorbereitungen für den Empfang. Wir könnten die letzten Gartenblumen zur Dekoration des Tisches nehmen. Ist es in New Brunswick Ende September immer so warm, Roderick?”
    “Ha! Oh nein. Vor zwei Jahren zur selben Zeit hatten wir bereits Schnee, der liegen blieb. Das war ein launischer Sommer.”
    Als sie ihre Plätze auf der Kirchenbank einnahmen, dachte Jenny an die letzte Lesung des Aufgebots. In einigen Tagen würde sie Mrs Roderick Douglas sein. Die Frau eines der ehrenvollsten Bürger der Stadt. Ihr lang gehegter Traum wurde wahr. Warum also fühlte sie sich gefangen in einem Albtraum, aus dem sie aufzuwachen hoffte?
    Harris erwachte schweißgebadet.
    Sein Herz pochte ungestüm gegen seine blutunterlaufenen

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