Die schottische Lady
ein Badetuch gehüllt, ging sie zur Balkontür, angelockt von dem unheimlichen Gefühl, von jemandem beobachtet zu werden.
Aber da war niemand. Sie setzte sich vor das Kaminfeuer und entwirrte ihre nassen Haarsträhnen. »Herein!« rief sie, als es an der Tür klopfte.
Aufgeregt kehrte die Zofe mit hochroten Wangen zurück. »Er ist da!«
»Wer?«
»Andrew! Laird Douglas! Soeben aus Amerika mit seiner Frau und ihrer Schwester eingetroffen. Beeil dich, Shawna!«
O Gott, Hawk war hier Reglos blieb Shawna sitzen. Von beiden Douglas-Brüdern bedrängt, würde sie den Verstand verlieren. Wusste Andrew, dass David lebte? Sollte sie ihm das Geheimnis verraten? Oder hatten sich die beiden schon gesehen?
»Schnell, Shawna!« rief Mary Jane.
»Ja, ich bin gleich fertig. Lass mich jetzt allein.«
»Soll ich dir nicht beim Ankleiden helfen?«
»Nein, danke, da schaffe ich schon. Aber ... « Shawna schaute sich im Zimmer um. »Hier muss ich einige Veränderungen vornehmen. Wenn du mir dabei zur Hand gehen würdest ... «
Kapitel 9
»Shawna!« rief Andrew Douglas. Als sie die Stufen hinabstieg, eilte er ihr entgegen. Er hatte mit Gawain, Alistair und zwei Frauen, die sie nicht kannte, in der großen Halle vor dem Kamin gesessen. Bei ihrem Anblick war er sofort aufgesprungen. Lächelnd erwartete er sie am Fuß der Treppe und ergriff ihre Hände. Dann drückte er sie fest an seine Brust.
Ein wenig verwirrt befreite sie sich aus seinen Armen und sah zu ihm auf. Er war ein eindrucksvoller Mann, der seinem Bruder glich, aber die etwas schärferen Gesichtszüge und die kupferbraune Haut verrieten das Sioux-Blut in seinen Adern. Voller Zuneigung erwiderte er ihren Blick, wie ein Bruder, der nach langen Jahren eine Schwester wiedersieht.
jetzt war sie sich sicher - er hatte David noch nicht getroffen. Andrew wusste, dass sie sich in der brennenden Stallkammer aufgehalten hatte, in der sein Bruder gestorben war. Das hatte sie ihm beim Begräbnis selbst erzählt. Selbst wenn sie lügen wollte, es wäre unmöglich gewesen. Zu viele Dorfbewohner hatten ihre verkrümmte Gestalt neben den verkohlten sterblichen Überresten des Mannes liegen sehen, den sie für David Douglas hielten.
Offenbar glaubte Andrew, sie hätte etwas für seinen Bruder empfunden und ihre Gefühle wären erwidert worden. Und er wusste wohl kaum, dass David ihr einen Teil der Schuld an seine m Tod gab, sonst würde er sie nicht so herzlich begrüßen.
»Hawk«, flüsterte sie, und es fiel ihr nicht allzu schwer, ihn anzulächeln, denn unter normalen Umständen würde sie sich über seinen Besuch freuen. Er war in Amerika aufgewachsen, aber oft nach Schottland gekommen, und sie hatten sich immer gut verstanden. Aber seit der Feuersbrunst musste sie sich zwingen, in seine Augen zu schauen. »Ich bin so froh, dich wiederzusehen und deine Gemahlin kennenzulernen.«
Nun erhoben sich die zwei Frauen. Im schlanken Körperbau und in den Gesichtszügen glichen sie einander. Aber die eine war honigblond, mit faszinierenden Silberaugen, die andere hatte kastanienbraunes Haar und Augen, die im Feuerschein wie Türkise schimmerten, mit kobaltblauen Lichtern. Beide waren jung, elegant und bildschön. Falls Hawk die entsprechenden Sioux-Sitten außer Acht ließ, konnte er nur mit einer verheiratet sein. Shawna fragte sich unwillkürlich, was David von der ledigen Amerikanerin halten würde, die sein Schloss besuchte.
Ärgerlich verdrängte sie ihre Eifersucht. »Willkommen im Hochland!« rief sie und ging zu den beiden Frauen.
Hawk folgte ihr, legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie erst zu der Blondine. »Darf -ich dir meine Frau Skylar vorstellen? Und das ist Sabrina Connor, meine Schwägerin.«
Shawna reichte ihnen lächelnd die Hand, wobei Sabrina etwas geistesabwesend wirkte.
Umso begeisterter ergriff Skylar das Wort. »Ich habe deinem Onkel und meinem Mann gerade erklärt, wie sehr ich dich bewundere. Oh, es ist einfach fantastisch, dass du Andrews Ländereien so gut verwaltest, obwohl du dich auch um deine eigenen Angelegenheiten kümmern musst. Vielen Dank für alles, was du für uns tust.«
»So schwierig finde ich das gar nicht«, erwiderte Shawna. Über Skylars Scheitel hinweg begegnete sie dem strengen Blick ihres Großonkels. »Die zwei Besitze sind schon lange miteinander verbunden, und deshalb bereitet es keine große Mühe, beide gemeinsam zu betreuen.«
»Aber es ist doch sicher problematisch, diese alten Schlösser instand zu
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