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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Ich melde mich gleich wieder bei Ihnen.«
    Ich rief den für dieses Viertel zuständigen Streifen-Sergeanten an und bat ihn, Beamte zu der Adresse zu schicken, die dort auf mich warten sollten. Die Wartezeit würde ihr die Chance geben, sich ein wenig zu beruhigen, doch ich wollte sie auch nicht zu lange zappeln lassen. Was ihr bevorstand, war eine Reihe höchst verletzender Fragen, die den Zweck hatten, Ausflüchte und Lügengeschichten von vornherein zu unterbinden.
    Wann haben Sie Ihr Kind das letzte Mal körperlich gezüchtigt?, ist eine, die allgemein sehr beliebt ist.
    Mein eigener Schreibtisch ist lachhaft ordentlich. Wenn ich einen Bleistift brauche, weiß ich genau, wohin ich meine Hand strecken muss, und wenn er stumpf ist, habe ich einen elektrischen Spitzer in der oberen rechten Schublade. Früher hatte ich ihn an der Kante meines Tisches stehen, aber da bekam er ein paarmal Beine. Nur weil ich Detective bin, kam ich auf die Idee, in Frazees Verschlag danach zu suchen.
    Ein Stapel neuer Notizbücher lag in der unteren rechten Schublade, die nicht mehr quietschte, weil ich sie tags zuvor geölt hatte. Sie ging mit einem netten, weichen Wuusch auf, und das zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht.
    Es konnte gut das letzte Mal gewesen sein, dass ich lächelte.
    Mit aufgeschlagenem Notizbuch und gespitztem Bleistift drückte ich auf den Knopf. »Mrs. Leeds«, sagte ich in den Hörer, »tut mir Leid, dass ich Sie habe warten lassen.«
    »Detective Dunbar, mein Sohn ist irgendwo da draußen, allein und verängstigt. Jede Sekunde ist kostbar.«
    So was tut mir noch immer weh, aber wir müssen gewisse Verfahrensweisen einhalten, vor allem in solchen Fällen, denn es ist eine traurige Tatsache, dass hinter dem Verschwinden eines Kindes fast immer ein enger Freund oder ein Vertrauter steckt – »Verwandter« können wir nicht mehr sagen, weil die Familienstrukturen sich so sehr verändert haben.
    »Ich verstehe, dass Sie sich im Augenblick die größten Sorgen machen. Es tut mir Leid, aber ich muss Ihnen gewisse Fragen stellen, von denen einige Sie vielleicht aus der Fassung bringen. Aber ich hoffe, auch Sie verstehen, dass wir bestimmte Dinge sofort klären müssen, um herauszufinden, wie wir im Fall des verschwundenen Kindes verfahren sollen. Das erspart uns später nutzlose Kleinarbeit.«
    »Dann machen Sie schon. Aber ich kann Ihnen gleich sagen, dass irgendjemand ihn sich geschnappt hat. Ihn sich einfach geschnappt hat.«
    So viel zu Vorgehensweisen. »Wie kommen Sie auf den Gedanken?«
    »Er ist kein Junge, der ausreißen würde.«
    Das sind sie nie. »Ich bin mir sicher, dass Sie Recht haben, aber wir müssen diese Möglichkeit ausschließen. Also bitte haben Sie Nachsicht mit mir. Das dauert nur ein paar Minuten, und dann können wir uns um die Einzelheiten kümmern. Wohnt der Junge bei Ihnen?«
    »Nathan? Ja, das tut er.«
    »Was ist mit seinem Vater?«
    »Wir sind geschieden. Er lebt in Tuscon.«
    »Haben Sie noch andere Kinder?«
    Sie zögerte ein wenig und sagte dann: »Nein.«
    »Leben noch andere Erwachsene in diesem Haushalt?«
    »Nein. Nur er und ich.«
    »Wie alt ist Nathan?«
    »Zwölf seit letztem Juni.«
    »Welche Klasse?«
    »Siebte.«
    »Sie sagen, Sie sind geschieden. Wie ist Ihr Verhältnis zu Nathans Vater?«
    »Einigermaßen herzlich.«
    Sie war das schon einmal gefragt worden und hatte die Antwort parat. Ich fragte mich, wer ihr die Frage gestellt hatte, und notierte mir, sie danach zu fragen.
    »Was ist mit seinem Verhältnis zu Nathan?«
    »Sie lieben sich abgöttisch.«
    »Wie oft sehen sie sich?«
    »Nicht oft genug. Vielleicht einmal im Monat. Mein Ex fliegt sooft hierher, wie er kann. Und den Sommer verbringt Nathan in Arizona.«
    »Wann haben Sie sich das letzte Mal gesehen?«
    »Ungefähr vor einer Woche. Nathans Vater war hier.«
    »Bevor wir das Gespräch beenden, müssen Sie mir noch sagen, wie ich ihn erreichen kann.«
    »Natürlich.«
    Ich atmete tief durch, bevor ich ihr die nächste Frage stellte. Ich bin mir sicher, dass sie das gehört hatte. »Mrs. Leeds, haben Sie irgendeine Art von Lebensgefährten?«
    Ich hasse diese Frage. Mein erster Impuls wäre, Freund zu sagen, aber auch das können wir nicht mehr tun. Es wird langsam lächerlich, wie wir inzwischen reden müssen. Frazee hatte einmal einen tollen Anruf – eine weiblich klingende Stimme sagte: Mein Geliebter ist verschwunden. Nach den üblichen Anfangsfragen bittet Frazee um eine Beschreibung. Er brauchte

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