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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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hatte eine Lieblingssendung, die jeden Freitag um 17 Uhr wiederholt wurde, aber er war nicht nach Hause gekommen, um sie sich anzuschauen. Seine Mutter gab an, es habe sie sehr überrascht, dass er sie verpasst hatte.
    Beschreibung und Foto des Jungen waren per Fax verschickt und an alle Streifenwagen im Bostoner Raum ausgegeben worden. Der Fall wurde dann dem Revier South Boston zugeteilt. Der Aufnahmebericht war unterzeichnet von dem Streifenbeamten, einem gewissen Peter Moskal.
    Ich fing eben an, die letzte Zusammenfassung des anderen Detective zu lesen, eine bittere Chronik der Frustration, als Moskal mir meinen Kaffee und den Muffin auf den Tisch stellte.
    »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie der Erste vor Ort waren?«
    Nun kam er mir sehr philosophisch. »Es war mir einfach zu viel Zufall. Ich weiß auch nicht, ich schätze, es war mir ein bisschen unheimlich. Aber als ich hörte, wonach Sie fragten, war ich richtig froh. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich je die Chance bekommen würde, diesen Fall zu bearbeiten. Ich habe im Lauf der Jahre ein paarmal gebeten, den Fall wieder aufnehmen zu dürfen, aber ohne Beweise wollte man es mich nicht tun lassen.«
    Ich lehnte mich zurück und betrachtete ihn. Ich sah Aufregung in seiner Miene, anstelle des vorherigen besorgten Ausdrucks, und Feuer in seinen Augen. »Nun, Detective, wie’s aussieht, bekommen Sie jetzt diese Chance doch noch.«
    »Wollen nur hoffen, dass es kein Schuss ins Blaue ist. Diese Geschichte war für mich immer irgendwie unabgeschlossen. Aber bis jetzt konnte ich nichts unternehmen. Ich sollte Ihnen also danken.«
    »Ist mir ein Vergnügen«, sagte ich. »Glaube ich wenigstens. Aber weil wir gerade von unabgeschlossen reden, ich muss noch heute Abend nach New York zurück. Es wäre schön, wenn Sie, ausgehend von dem, was Sie wissen, für mich die Prioritäten setzen könnten.«
    Er nahm die restlichen Akten vom Schreibtisch und deponierte sie auf einem nahen Aktenschrank. »Vergessen Sie die«, sagte er.
    »Oder schieben Sie sie wenigstens für den Augenblick beiseite. Der Fall des Gallagher-Jungen ist der vollständigste von allen, und falls Sie irgendwas finden, das Sie weiterverfolgen wollen, dann ist der Rest hier. Zuerst fahren wir zum Schauplatz – es ist nicht weit. Und dann würde ich mit der Familie Gallagher reden. Sein Vater und ein paar Brüder leben noch immer im Viertel. Und wenn dann noch Zeit ist, gibt es jemanden, mit dem Sie meiner Meinung nach auf jeden Fall reden sollten. Eine sehr nette Frau – kannte die Familie Durand ziemlich gut, aber eher über indirekte Kanäle, sie hat also keine schützende Loyalität. Die Dame heißt Kelly McGrath. Ihre Schwester Maggie war eine Zeit lang Haushälterin im Durand-Haus – sie ist inzwischen allerdings gestorben, auch an Krebs.«
    »Das ist eine Epidemie, was?«
    »Sieht so aus. Ich hoffe, es erwischt mich nicht.«
    »Das hoffe ich auch.«
     
    Moskal tätigte drei Anrufe, bevor wir uns auf den Weg zu der Stelle machten, wo der Gallagher-Junge gefunden worden war. Sheila Carmichaels Telefondienst sagte, dass sie nicht in der Stadt sei und erst ab Montag zurückrufen könne; er hinterließ keine Nachricht, sondern schrieb mir ihre Nummer auf, damit ich sie von L. A. aus zumindest anrufen konnte. Patrick Gallagher, Michaels Vater, meinte, er würde sehr gerne mit uns reden; wie Moskal sagte, war er sogar begierig darauf. Und Kelly McGrath würde sich freuen, mich zum Tee empfangen zu dürfen. Wir würden dann direkt von ihrem Haus zum Bahnhof fahren. Es würde eine anstrengende kleine Tour werden.
    »Ich könnte versuchen, den Detective zu finden, der die Folgeermittlungen in diesem Fall anstellte, aber ich muss Ihnen sagen, der Kerl wird Ihnen nicht viel weiterhelfen.«
    »Im Augenblick habe ich zu viel zu tun und nicht genug Zeit. Aber ich könnte ihn von L. A. aus anrufen.«
    »Ich weiß nicht, ob der überhaupt noch Telefon hat.«
    »Ist es so schlimm?«
    »Schlimmer.«
    Er fuhr; ich las. Die von dem inzwischen Alkoholiker Gewordenen durchgeführten Befragungen waren vollständig und perfekt gemacht; ich fand es sehr schade, dass solche Fähigkeiten den Bach hinuntergingen. In den Berichten, die er schrieb, war chronologisch eine deutliche Zunahme seiner Besorgnis erkennbar, ähnlich wie ich es in Terry Donnollys Arbeit gesehen hatte. Als der Fall schließlich geschlossen wurde, war das alles andere als ein Paukenschlag gewesen. Die Ermittlung war einfach ausgebrannt und

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