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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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benutzte, musste eine bestimmte Bedeutung gehabt haben.«
    Ich blätterte in den Tatortfotos, bis ich zu einer Aufnahme der Strümpfe kam. Sie waren der Länge nach ausgebreitet, aber in der Mitte umgeschlagen, damit sie auf das Fotoformat passten. In ihrer ganzen Länge ausgebreitet, wären sie auf dem Foto nur unklar zu erkennen gewesen. Durch den hauchdünnen beigefarbenen Stoff schien eine Tischplatte durch.
    »Waren Sie aus Seide oder Nylon?«
    Er starrte mich an. »Das weiß ich nicht.«
    Ich betrachtete das Foto noch einmal; irgendetwas an diesen Strümpfen beschäftigte mich.
    Eine dunkle Linie verlief entlang der geformten Rückseite des Beins.
    »Sie haben Nähte«, sagte ich laut.
    »Was?«
    »Nähte! Hinten. Sehr Fünfzigerjahre. Betty Gable, wissen Sie noch? Es gibt ein paar berühmte Fotos von ihr, auf denen sie Strümpfe mit Ziernaht trägt.«
    »Und?«
    »Die kamen schon Anfang der Sechziger aus der Mode. Krankenschwestern und Nutten trugen sie noch, aber sonst niemand. Der Kerl musste sich eine ziemliche Mühe machen, um sie zu beschaffen. Wahrscheinlich in einem exklusiven Strumpfgeschäft.«
    »Oder in einem Kostümladen.«
    »Er erzeugte eine Illusion«, sagte ich leise. Lauter fragte ich: »Wissen Sie zufällig, welche Schule Wilbur Durand besuchte, als dies hier passierte?«
    »Wir hatten damals noch dieses Schulbussystem zum Rassenausgleich, also kann ich Ihnen das nicht so einfach sagen, aber er dürfte in der High School gewesen sein – da müssen Sie sich wohl an die Schulbehörde wenden. Viel Glück. Das werden Sie brauchen.«
    Ansonsten gab es nichts mehr zu sehen. Ich hatte die Atmosphäre des Tatorts auf mich wirken lassen. Draußen war es hell und sonnig, eine warme Brise blies mir Haarsträhnen ins Gesicht. Aber mir war eiskalt.
    Patrick Gallagher führte uns ins Wohnzimmer seines schmalen Reihenhauses und bot uns Kaffee an. Pete Moskal nahm an; ich lehnte ab.
    Zwanzig Jahre waren vergangen, aber der Mann trug noch immer die emotionalen Narben. Ich drückte ihm mein aufrichtiges Beileid aus. Er wollte wissen, warum ich, eine Polizistin aus Los Angeles, mich für einen Mord interessierte, der vor zwanzig Jahren hier, auf der anderen Seite des Kontinents passiert war.
    »Ich habe einen Verdächtigen im Fall eines verschwundenen Kindes in Los Angeles, der früher hier lebte.«
    »Und Sie hoffen, eine Verbindung zwischen den Fällen herzustellen.«
    Ich nickte.
    »Es ist Durand, nicht?«
    Pete Moskal kam bis zu einem Wir sind nicht befugt, als ich ihm mit einem entschiedenen Ja das Wort abschnitt. Wir drei starrten uns gegenseitig an, bis Gallagher schließlich sagte: »Ich wusste es. Dieser Hurensohn, ich wusste es.« Er deutete mit dem Finger auf Moskal. »Habe ich es Ihnen nicht gesagt? Ich sagte doch, dass er etwas damit zu tun hatte.«
    Ich drängte mich dazwischen. »Mr. Gallagher, im Augenblick weiß ich noch nicht sicher, ob Durand der Mann ist, den ich suche. Bitte ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse. Ich habe Ihnen das nur gesagt, weil ich Ihre uneingeschränkte Kooperation brauche. Außerdem brauche ich Ihre Diskretion, zumindest so lange, bis ich genug beisammen habe, um ihn zu verhaften. Vorausgesetzt, Sie haben nichts dagegen, wäre es mir recht, wenn Sie mir jetzt sagen, wie Sie darauf kommen, dass Wilbur Durand Ihren Sohn umgebracht hat.«
    »Zunächst einmal, weil er ein Perverser war.«
    »Ein Perverser.«
    »Ja. Er war eine absolute Schwuchtel. Und er hatte ein Motiv.«
    »Das wäre …«
    »Sich an Aiden zu rächen.«
    Ich schaute Moskal an. »Ich weiß nicht, wer das ist.«
    »Michaels älterer Bruder«, antwortete Gallagher. »Durand war in der High School scharf auf ihn. Versuchte, ihn zu allen möglichen widerlichen Sachen zu überreden. Aiden sagte ihm, er solle verschwinden, verprügelte ihn sogar ein paarmal.«
    »Mr. Gallagher, warum haben Sie das nicht gesagt, als die Polizei den Mord an Ihrem Sohn untersuchte?«
    »Weil Aiden es mir erst vor ein paar Jahren gestanden hat.«
    Ich stellte mir die Szene zwischen Vater und Sohn vor, die Enttäuschung und Frustration und der schreckliche Schock, etwas so Entsetzliches erzählt zu bekommen. »Darf ich fragen, warum das nach so langer Zeit zur Sprache kam?«
    Gallagher ließ die Schultern hängen. Schließlich redete Moskal.
    »Aiden war Feuerwehrmann. Dieses Gebäude, das hier in Boston einstürzte, wo so viele Jungs so schlimme Verbrennungen erlitten …«
    Ich erinnerte mich. Die Geschichte hatte es bis in

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