Die Schreckenskammer
hatte dabei einen ehemals guten Polizeibeamten mitgerissen.
Er hatte sich alle bekannten Pädophilen der Gegend vorgeknöpft, wie ich es getan hatte, auf Anweisung seines Vorgesetzen, ebenfalls wie bei mir. Drei Verdächtige, alles weiße Männer in den Dreißigern, waren nach der Erstbefragung weiter verhört worden, wurden später jedoch wieder freigelassen, weil es keine Hinweise gab, die auch nur einen von ihnen mit dem Verschwinden des Jungen in Verbindung brachten.
Er hatte ausführlich alle Kumpel von Michael Gallagher befragt, doch keiner von ihnen erinnerte sich an irgendetwas Ungewöhnliches oder Beunruhigendes im Verlauf dieses Nachmittags oder im Verhalten des Jungen. Michael hatte sich lächelnd von ihnen allen verabschiedet, so die Transkriptionen, und war dann mit einem halb gegessenen Schokoriegel in der Hand in die erwartete Richtung, nach Hause nämlich, davongegangen. Einer der Freunde erinnerte sich, dass Michael den Rest des Riegels auswickelte, bevor er um die vertraute Ecke bog, und danach konnte er ihn nicht mehr sehen. Das war das letzte Mal, dass Michael Gallagher lebend gesehen wurde, bevor man am nächsten Montagmorgen seine Leiche fand.
Das Auto hielt in einer Gasse hinter einem offensichtlich verlassenen Gebäude. Es war ein schmales dreistöckiges Haus mit Veranden vor den Hintertüren. Von den Geländern der Veranden spannten sich Wäscheleinen zu einer Stange auf der anderen Seite der Gasse. Die Gegend war deprimierend, sogar ein bisschen unheimlich.
»Da sind wir«, sagte Moskal. Wir stiegen aus, und er führte mich zur hintersten Veranda. Dort deutete er auf das Gitterwerk unterhalb der Veranda, das die Stützpfosten verdeckte.
Ich drückte gegen eine der Tafeln; zu meiner Überraschung gab sie nach, öffnete sich aber nicht mehr als ein paar Zentimeter.
Zu meiner weiteren Überraschung trat Moskal sie mit einem kräftigen Tritt ein und störte so die Anordnung dessen, was möglicherweise dahinter lag.
»Netter Platz zum Sterben für einen Jungen, was?«
Es war nasskalt, es stank, und überall hingen Spinnweben. Gott allein wusste, wie viel Rattenkot auf dem nackten Erdboden lag, wie viele Mäuseskelette streunende Katzen dort hinterlassen, wie viele Stinktiere ihre Drüsen entleert, wie viele Penner dort vor dem Regen Schutz gesucht hatten. All diese Hinterlassenschaften waren während der Misshandlungen Michael Gallaghers tiefer in die Erde hineingearbeitet worden, wahrscheinlich durch den Druck seines Bauchs, während er von hinten vergewaltigt wurde.
Die Bodenbretter der Veranda litten an den Rändern an terminaler Trockenfäule. »Sieht leer aus«, sagte ich leise.
»Ist es. Hatte schon eine Reihe von Besitzern. Hat sich aber für keinen so recht rentiert.«
»War es damals schon leer?«
»Nein, aber das Erdgeschoss war unbewohnt, das weiß ich zumindest. Die Mieter im ersten Stock waren gerade am Ausziehen.«
»Wer fand ihn?«
»Handwerker. Sie ersetzten gerade einige gesprungene Fassadenplatten. Der Besitzer hatte ihnen gesagt, sie könnten ihr Werkzeug übers Wochenende hier unterstellen. Sie hörten gegen drei am Freitagnachmittag auf. Michael wurde um halb vier zum letzten Mal gesehen. Am Montagmorgen kamen die Jungs wieder, und der Gestank traf sie wie eine Keule. Einer von ihnen kotzte genau da, wo Sie jetzt stehen. Die Spurensicherung für diesen Mord war eine richtige Drecksarbeit, das kann ich Ihnen sagen.«
Ein Metallstift rostete in der Öse eines Überwurfscharniers. »Es war nicht zugeschlossen?«
»Das Vorhängeschloss war aufgebrochen, aber der Mörder hatte es wieder so hingehängt, dass es auf den ersten Blick intakt aussah. Leider wurden die Fingerabdrücke, falls es welche gab, von dem Mann verwischt, der den Verschlag am Montagmorgen öffnete. Die Tür war offen, als ich hier ankam; sie haben sie nicht wieder geschlossen. Und ich habe als Erstes meinen Einsatzleiter angerufen. Sergeant O’Reilly.«
Durands Onkel.
»Verdammt.«
»Ja. Der war da wie der Blitz und ließ mich das Areal absperren. Dann stieg er über die Kotze und ging hinein. Allein.«
»Noch mal verdammt.«
»Ja, ja, ja. Und er war lange da drin, länger als fünf Minuten. Ich weiß nicht, wie er das aushalten konnte, aber irgendwie hat er es geschafft. Erst als er wieder rauskam, durfte ich die Spurensicherung rufen.«
»Nicht während er drin war?«
»Nein. Er hat mich mit anderen Sachen beschäftigt. Die Namen der Handwerker aufnehmen, Sachen, die eigentlich die
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