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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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jedes der Dinge aufschreiben, die sich in dem uns vorliegenden Fall ereignen, und die schließlich mit der Aufgabe betraut sind, dies alles zur Veröffentlichung auszuarbeiten, zu welcher sie alle und jeden von uns hier Anwesenden bevollmächtigt haben.«
    Ad infinitum, ad nauseum. Ich verstand zwar Jean de Malestroits Wunsch, die Befugnisse dieses Gerichts in seiner Zusammensetzung sorgfältigst darzulegen, aber es war eine ermüdende Aufzählung. Unmittelbar danach wurden die Zeugen aufgerufen, damit sie ihre Aussagen zur Stützung der Anklage machten. Einige öffneten nicht nur ihren Mund, sondern auch die Schleusen ihrer Wut, und diejenigen, die es taten, wurden ermahnt, sich zu besinnen.
    Agathe, Frau von Denis de Lemion; die Witwe von Regnaud Donète; Jeanne, Frau von Guibelet Delit; Jean Hubert und seine Frau; die Witwe von Yvon Kerguen; Tiphaine, Frau von Eonnet le Charpentier. Ich sah wie betäubt zu, wie jeder Einzelne aufgerufen wurde, aufstand, vereidigt wurde und dann sein Zeugnis ablegte. Alle sprachen verbittert und ausführlich gegen den Angeklagten und seine Komplizen; eine Geschichte unterschied sich kaum von der nächsten. Poitou hatte das Kind weggeführt; die alte Frau war auf dem Waldweg aufgetaucht und hatte ihre Kinder mit Versprechungen von Nahrung und anderen Wohltaten fortgelockt; De Sille und De Briqueville hatten von Geschenken gesprochen. Stellungen in vornehmen Haushalten wurden angeboten und Kleidungsstücke, die zu solchen Ehrungen passten, verschenkt. Danach hörte man nichts mehr, kein Wort, keinen Brief, nicht den kleinsten Hinweis darauf, ob diese guten, treuen Söhne entweder umgekommen oder aus anderen Gründen verschwunden waren.
    Aber einer dieser Zeugen zeichnete ein anderes Bild. Die Frau hatte ihren Sohn nicht freiwillig als Gegenleistung für die versprochenen Wohltaten weggegeben. Sie war klein und dünn und sah in ihrem staubigen Kleid schrecklich schwächlich aus; am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen und sie getröstet, ihre Tränen aufgefangen, die sicherlich bitter und oft geflossen waren. Aber sie hielt den Kopf bei ihrer Aussage hoch erhoben, was jeder Schwächlichkeit widersprach, und Seine Eminenz musste sie kein einziges Mal bitten, lauter zu sprechen.
    »Ich bin Jeanne, die Frau von Jean Darel. Am letzten Fest der Heiligen Peter und Paul kehrte ich mit meinem Sohn nach Hause zurück. Wir waren von unserem Zuhause in der Gemeinde Saint-Similien nach Nantes gegangen, wo ich einiges zu erledigen hatte, und wir nutzten diese Gelegenheit, um meine Schwester Angélique zu besuchen, die nicht weit von diesem Palast hier entfernt wohnt. Ich hatte außerdem vor, die Kirche Notre Dame de Nantes zu besuchen, um dort für die Seele meiner verstorbenen Mutter ein Opfer darzubringen, was, wie ich wusste, meine Schwester sehr freuen würde.
    Wir sind eine arme Familie, Milords, und wir haben keine Reittiere. Es ist eine ziemliche Entfernung, aber das Wetter war schön, und es schien ein angenehmer Tag zum Wandern zu sein. Wir pilgerten zuerst zur Kathedrale und besuchten dann meine Schwester; sie ist mir sehr lieb und eine hingebungsvolle Tante, mein Sohn beklagte sich deshalb nie über die Wanderung zu ihrem Heim, die einem Jungen seines Alters sehr weit vorkommen mochte. Und wie es manchmal passiert, wenn die Zeit voller Freude vergeht, Milords, flohen die Stunden, und wir mussten uns entscheiden, ob wir die Nacht über bleiben oder nach Saint-Similien zurückkehren sollten. Da wir niemandem gesagt hatten, dass wir vielleicht in Nantes bleiben würden, dachte ich, dass man uns vielleicht vermissen würde, was in unserem Haushalt große Beunruhigung auslösen würde. Wir verabschiedeten uns deshalb und brachen auf, als die Sonne sich dem Horizont näherte.
    Mein Sohn war inzwischen hungrig geworden, und so gab ich ihm einen Ranken Brot, den er unterwegs essen konnte. Er aß ein wenig davon, aber nicht alles, doch was er aß, schien ihm für den Augenblick zu genügen. Nun wurde mein kleiner Junge allerdings auch müde, denn der Tag war lang gewesen für ein Kind in einem so zarten Alter. Wenn wir so unterwegs waren, spielte ich oft ein wenig Verstecken mit ihm, damit er aus Langeweile nicht übellaunig wurde. Er versteckte sich dann hinter einem Baum, und ich suchte nach ihm. Das machte ihm viel Freude; er war noch nicht schlau genug, um sich jedes Mal vollständig zu verstecken, und ich musste dann immer lächeln bei dem Gedanken, dass er glaubte, ich könnte ihn

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