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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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uns durch die Menge zu drängen, die sich vor dem Palast versammelt hatte. Ich blieb einen Augenblick in der wimmelnden Masse stehen, denn sie hatte meine Aufmerksamkeit erregt. Frère Demien ging noch ein paar Schritte weiter, bevor er bemerkte, dass ich stehen geblieben war.
    »Mutter?«, rief er mir zu. »Es ist besser, wenn Ihr weitergeht.«
    Er fasste nach meiner Hand und wollte mich führen.
    »Geht nur«, sagte ich ihm. »Wir sehen uns später.«
    Er seufzte, schüttelte den Kopf und ließ mich stehen.
    Die Menge war beträchtlich angewachsen, seit wir an diesem Morgen die Kapelle betreten hatten. Der Platz vor dem Palast schien der Ort, wo die Leute sich aus allen möglichen Gründen versammelten; meistens strömten sie zusammen, um sich ein wenig unterhalten zu lassen, sei es von einem Jongleur oder einem Minnesänger; manchmal war es auch der Ausrufer, der wichtige Nachrichten zu verkünden hatte. Da sich die Einzelheiten der Zeugenvernahme an diesem Morgen sicherlich schon verbreitet hatten, war eine ziemliche Masse zusammengekommen. Der Anblick dieser wimmelnden Menschen, das erregte Summen ihrer Worte, die scharfen Geräusche ihrer Tätigkeiten – das alles machte mich neugierig. Doch schließlich ging auch ich in die Küche, wo die Köchin mich mit einer Schüssel Suppe zum Mittagessen erfreute, denn für ein größeres Mahl war keine Zeit; doch mir machte das nichts aus.
     
    Mit Jean de Malestroit im Hintergrund wirkte De Touscheronde, der vor dem Richtertisch stand, beinahe winzig. In Wahrheit war sein ganzes Wesen »schmächtig«. Er hatte eine sanfte, fast weibliche Stimme, doch das gereichte dem Anklagevertreter zum Vorteil – wir alle waren so gezwungen, aufmerksam zuzuhören, und in der Kapelle herrschte absolute Stille, wenn er sprach. Spielend brachte er eine Reihe aufgeregter und verwirrter Zeugen dazu, hier unter den Blicken von mächtigen Fremden klar und deutlich von Dingen zu sprechen, die unaussprechlich waren.
    »Und sagt mir, Madame, wenn Ihr so freundlich sein wollt, was geschah, nachdem Ihr Euren Sohn an Poitou übergeben hattet …«
    Oder: »Monsieur, bitte sagt diesem Gericht so klar, wie es Euch angesichts Eures sichtbaren Leids möglich ist, was Eurer Ansicht nach mit dem jungen Bernard geschehen ist …«
    Sie erzählten ihm alles, beichteten ihm ungezwungen, als wäre er ein Heiliger, obwohl nicht sie die Sünder waren, sondern die, an denen schwere Sünden verübt worden waren. Sie berichteten ihm, wann sie den Verlust bemerkt hatten, wo ihre Jungen verschwanden, wer die Beschwerde erhoben hatte, warum Gilles de Rais verdächtigt wurde; ein etwas herrischer auftretender Befrager hätte Zeugen von derart niederer Geburt vielleicht keine so tiefen Erkenntnisse entlockt.
    Ein Mann namens André Barbé berichtete über das Verschwinden von Madame le Barbiers Sohn.
    »Ich sah ihn, wie er hinter Rondeaus Haus Äpfel pflückte, und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen … Verschwunden sind auch viele andere: die Söhne von Guillaume Jeudon, Alexandre Chastelier und Guillaume Hilairet … Wir wären schon früher vorstellig geworden, aber keiner wagte etwas zu sagen, aus Angst vor den Halunken in Milord de Rais’ Umgebung und anderen, die ihm folgten, denn sie drohten uns mit Kerker, Verletzungen oder anderen Misshandlungen, sollten wir dem Magistrat von unserem Verdacht berichten, und der Magistrat selbst schien kein Ohr zu haben für das, was wir sagten, als einer von uns den Mut aufbrachte, ihn aufzusuchen.«
    Zu meiner Überraschung stand nun Madame le Barbier selbst auf. »Euer Ehren, wenn Ihr gestattet«, sagte sie, »ich möchte den Worten meines guten Nachbarn gerne noch etwas hinzufügen.«
    Unmut und Zögerlichkeit zeigten sich in De Touscherondes Gesicht. »Nun gut«, willigte er schließlich ein, »aber bitte kurz.«
    Sie entsetzte uns alle, indem sie am Zeugenstand vorbei und zu dem Tisch ging, an dem die Richter saßen. Wachen strafften sich, als Madame die geballte Faust ausstreckte und sie rhythmisch schüttelte. Sie schien Entschlossenheit und Mut gleichsam aus der Luft zu holen. »Ich verfluche Milord Gilles de Rais für alle Ewigkeit«, sagte sie. »Möge seine Seele hinabsteigen in die Tiefen der Hölle für das, was er mir und diesen anderen guten Menschen angetan hat. Möge der Satan ihn sich holen und für alle Zeiten an einen Brandpfahl ketten.«
    Beifalls- und Zustimmungsrufe wurden laut. Jean de Malestroit erhob sich halb vom Tisch und rief die Menge

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