Die Schreckenskammer
der andere bei den Füßen, und versuchten mich ins Erdgeschoss hinabzuwerfen. Wäre meine Bedienerin mir nicht zu Hilfe geeilt, hätten sie mich wohl über das Geländer geschwungen, und ich wäre vielleicht zu Tode gestürzt! Wer hätte sich dann um meinen Gatten gekümmert? Der Marquis oder Monsieur Prelati sicherlich nicht.
Während ich so im Obergeschoss auf dem Boden lag, traten sie mir viele Male mit ihren spitzen Stiefeln in den Rücken, und ich bin seitdem nicht mehr die Alte.
Später in dieser Nacht hörte ich mit, wie der Marquis de Ceva zu Prelati sagte, er habe in Dieppe einen hübschen jungen Pagen für ihn gefunden. Monsieur schien äußerst erfreut, und einige Tage später erschien ein sehr schöner junger Knabe, der von sich behauptete, einer sehr guten Familie aus der Region um Dieppe zu entstammen. Er wohnte ungefähr zwei Wochen bei Monsieur François, und in dieser Zeit sah ich ihn bei vielen Gelegenheiten, immer in Prelatis Gesellschaft. Doch plötzlich schien er verschwunden zu sein – sein Herr kam und ging ohne ihn. Deshalb erkundigte ich mich nach ihm. Monsieur Prelati wurde sehr erregt und behauptete, dass der Junge trotz seiner angeblich so guten Herkunft ihn mächtig betrogen und sich mit zwei Goldkronen aus dem Staub gemacht habe. Ich bin nur froh, dass ich den jungen Halunken wieder los bin, sagte Prelati.
Seine Behauptungen verwirrten mich, denn der Knabe hatte einen guten Eindruck gemacht und war mir ehrlich und aufrichtig erschienen. Und ich täusche mich selten in Menschen.
Bald darauf verließen Monsieur Prelati und ein neuer junger Herr namens Eustache Blanchet mein Haus und gingen nach Machecoul, um dort Wohnung zu nehmen. Ich hörte das Gerücht, sie hätten einen Mann namens Cahu aus seinem Haus vertrieben und ihm höchst unehrenhaft und mit großer Gewalt seinen Schlüssel abgenommen. Ich kannte dieses Haus, war ich doch mit meinem Gatten schon viele Male in Machecoul gewesen. Das Haus war weit von anderen Häusern entfernt, an einer Straße außerhalb der Stadt, und es hatte seinen eigenen Brunnen, doch trotz dieses Vorzugs war es heruntergekommen und bedurfte dringend der Instandsetzung; als angemessene Unterkunft für Männer von Stand würde es sicherlich niemand betrachten.
Der Marquis de Ceva wohnte weiter bei mir; ich glaube, er fand meine Räumlichkeiten einem Herren angemessener. Er verlangte viel von mir, auch in Zeiten, da ich sichtlich unter der schlechten Gesundheit meines Gatten litt, aber er ließ sich immer Zeit mit der Bezahlung, wenn gewisse Summen fällig waren, und wenn er wirklich zahlte, dann gab er die Münzen erst nach langen, quälenden Verhandlungen über die tatsächliche Höhe der Schuld heraus oder mit unhöflichen Bemerkungen darüber, dass man ihn wohl betrogen habe. François Prelati und Eustache Blanchet kamen häufig aus ihrer erbärmlichen kleinen Unterkunft in Machecoul zum Marquis zu Besuch und übernachteten oft bei ihm in meinen oberen Räumlichkeiten, doch die Ruine, in der sie selber wohnten, gaben sie nicht auf. Stattdessen ließen sie ihre Pagen dort zurück, damit sie es in Besitz hielten. Mit gutem Grund, wie ich später erkannte.
Es geschah, dass ich ein paar Tage in Machecoul sein musste, während mein Gatte einen Heiler aufsuchte, und zwar kurz vor der Zeit von Gilles de Rais’ Verhaftung – Gerüchte über seine bevorstehenden Schwierigkeiten machten bereits in großer Zahl die Runde, deshalb war ich neugierig darauf, was in Cahus Haus vor sich ging. Einige Mal versteckte ich mich hinter nahen Büschen und beobachtete das Kommen und Gehen dieser Herren und ihrer Diener, die alle sehr beunruhigt wirkten.
Eines Tages sah ich so, dass sie einen großen Schubkarren voller Asche aus Cahus Haus fortschafften. Er quoll über von grauem Pulver, und der junge Mann – ein fast mädchenhafter, schmächtiger Kerl – hatte Schwierigkeiten, ihn im Gleichgewicht zu halten. Einiges davon rieselte auf die Erde. Wohin sie den Rest brachten, kann ich nicht sagen, aber sobald sich mir die Gelegenheit bot, ging ich zu dem verschütteten Pulver. Es fühlte sich sehr fettig an, als ich es zwischen den Fingern zerrieb, und der Geruch – mon dieu, ich kannte kein gekochtes Tier, das so roch. Ich suchte einige sandige Splitter heraus und blies die Asche weg. Sie waren weiß und fühlten sich an wie Knochen, als ich sie mit meinen Zähnen prüfte.
Und dann begriff ich, was ich in der Hand hatte und dann in meinem Mund, und mir wurde übel
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