Die Schreckenskammer
Earl Jackson ermittelt, dessen Leiche letzte Woche auf einem verlassenen Parkplatz in der Nähe des Flughafens gefunden wurde.
Durand selbst wurde kurz vor der Entdeckung des Belastungsmaterials von den Behörden zum letzten Mal gesehen, als er persönlich in die Abteilung Verbrechen gegen Kinder kam und den Ermittlern Belästigung im Verlauf der Durchsuchung seiner Arbeitsräume vorwarf. Er verlangte von ihnen sein Studio zurück. Aufgrund der Informationen, die bei der zeitweiligen Besetzung und Durchsuchung von Durands Studio gefunden wurden, wird nun eine langjährige Reihe von ähnlich gearteten Verschwindensfällen, die bisher verschiedenen Entführern zugeschrieben wurden, als das potenzielle Werk eines einzigen Täters betrachtet.
Durand steht offensichtlich schon länger in dem Verdacht, in diese Verbrechen verwickelt zu sein, nach Angaben der Polizei gestaltete sich die Suche nach Belastungsmaterial gegen ihn jedoch schwierig. Es heißt, seine allgemein bekannten einsiedlerischen Tendenzen hätten die Ermittlung erschwert.
Zusätzlich behauptet ein namentlich nicht genannter Polizeibeamter aus dem Umfeld der Ermittlung, Durands herausragende Position in der Filmindustrie habe ihm einen gewissen Schutz gewährt, und vergleicht dies mit der Nachsicht, die O. J. Simpson zu Beginn seines Verfahrens entgegengebracht wurde. Nach Angaben dieses Beamten ist es nicht ungewöhnlich, dass bekannte Mitglieder der Film-Szene von Los Angeles eine derartige Sonderbehandlung erfahren, wenn sie in Schwierigkeiten mit der Polizei geraten.
» Polizisten sind auch nur Menschen – auch sie suchen die Nähe der Stars. Was liegt da näher, als sich zum Verbündeten zu machen, wenn ein Star in Schwierigkeiten ist. « Um einen Kommentar gebeten, wies die Sprecherin der Polizei von Los Angeles, Heather Maroney, diese Behauptung vehement zurück und nannte sie » unverantwortlich und haltlos « .
Inzwischen läuft eine landesweite Fahndung nach Durand, dessen Aufenthaltsort weiter unbekannt ist. Die Polizei geht zwar davon aus, dass er unbewaffnet ist, betrachtet ihn jedoch als extrem gefährlich, vor allem für Kinder. Sein Sprecher sagt, er arbeite » außer Landes « an einem Film, doch diese Behauptung konnte nicht bestätigt werden. Wegen seines Geschicks im Verkleiden und Verstellen ist es unwahrscheinlich, dass er als er selbst unterwegs ist. Die Polizei von Los Angeles hat eine gebührenfreie Hotline eingerichtet, die von jedem angerufen werden kann, der glaubt, ihn gesehen zu haben. Die Anrufer können anonym bleiben, aber jeder, der Hinweise gibt, die zu Durands Ergreifung führen, hat Anspruch auf etwaige zukünftige Belohnungen.
Drei Minuten, nachdem die Zeitung auf Freds Schreibtisch gelandet war, wurde ich in sein Büro gerufen.
»In der Kopie, die ich gelesen habe, stand nichts von diesem ›Nachsichts‹-Zeug.« Er schlug mit der Hand auf den Artikel; es musste ihm wehgetan haben. »Was soll dieser Scheiß überhaupt?«
»Wie gesagt, die haben dort Redakteure. Meine Bekannte wollte ihrem Redakteur nicht sagen, dass alles arrangiert war, deshalb konnte sie gegen dieses Extrazeug nichts unternehmen.«
»Blödsinn. Das stammt doch von Ihnen.«
Er hatte Recht – es stammte wirklich von mir. Ich hatte es zwischen Freds Lektüre und der Schlussredaktion hineingeschrieben. Es war nicht gestrichen worden. Doch die Wahrheit würde nie ans Licht kommen. »Nein«, log ich, »das stammt nicht von mir. Ich hatte ihr die Ursprungsfassung abgesegnet, und der Rest wurde später eingefügt. Vergessen Sie nicht, diese Leute werden dafür bezahlt, dass sie fantasievoll mit der Wahrheit umgehen.«
»Jetzt, da das draußen ist, möchte ich gar nicht wissen, wie mit mir umgegangen wird, wenn wir diesen Kerl nicht schnell schnappen. Und mit Ihnen natürlich auch.«
Fotos des undefinierbaren Wilbur Durand zierten die Titelseite jeder Zeitung des Landes. In Mexiko und Kanada hielt man die Augen auf nach dem flüchtigen Genie, und in Europa ebenso. Seine Geschichte machte international Schlagzeilen, und das war vorherzusehen: Sie triefte förmlich von dem Saft, dem anscheinend keiner von uns widerstehen kann, auch wenn es kaum jemand zugibt.
Ich schämte mich nicht. Ich muss gestehen, dass ich für diese Art von Sensationen ebenso anfällig bin wie jeder andere. Dass ich ihnen nicht widerstehen kann, dürfte mit ein Grund sein, warum ich Polizistin wurde; ich habe meine Zeit auf der Straße abgedient, aber ich wusste
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