Die Schreckenskammer
also wieder abziehen. So fuhren wir hinein in die spätnachmittägliche Sonne mit ihren stechenden, schief einfallenden Strahlen, die alles so heruntergekommen aussehen lassen.
»Und, wie sieht Plan B aus?«, fragte Spence.
»Es gibt keinen Plan B«, sagte ich. »Ich hatte ja kaum ’nen Plan A.«
Er starrte mich ziemlich ungläubig an. »Also komm, Lany, du hast doch sogar einen Plan B, wenn du deine Nagelfeile verlierst.«
»Im Ernst, Spence. Kein Plan B.«
»Und was tun wir jetzt, so herausgeputzt, wie wir sind?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wir sollten ihn aufscheuchen.«
»Und wie, bitte schön?«, fragte Fred. »Sie haben doch selbst gesagt, der Kerl ist ein wandelnder Verschwindibus. Und im Augenblick können wir damit noch nicht an die Öffentlichkeit gehen.«
Ein paar hohe Tiere und einige Detectives nahmen an dieser Krisensitzung teil. Ich saß mal wieder im Schleudersitz und musste mir ziemlich schnell etwas einfallen lassen.
»Ich kenne eine Frau bei der Times « , sagte ich. »Ich habe mit ihr zwar schon eine ganze Weile nicht mehr zusammengearbeitet, aber wir hatten früher eine ziemlich solide Beziehung. Wenn wir ihr etwas als Gegenleistung anbieten, bringen wir sie vielleicht dazu, dass sie schreibt, Durand sei irgendwie in den Fall verwickelt, ohne ihn konkret einen Verdächtigen zu nennen. Sie könnte sich auf anonyme Quellen bei der Polizei berufen, so dass niemand von oben eine auf den Deckel bekommt.«
»Sie trauen ihr?«
»Ja, ich glaube schon. Wie gesagt, es ist schon eine Weile her, aber sie hat sich immer sehr anständig verhalten.«
Ich hatte von Fred mehr Widerstand erwartet, aber er schien bereit, so ziemlich alles auszuprobieren. »Könnte einen Versuch wert sein. Aber bevor es in Druck geht, möchte ich sehen, was sie geschrieben hat.«
Was stellte er sich denn vor? »Ich weiß nicht, Fred, da dürfte sie was dagegen haben. Redaktionelle Autonomie.«
»Ich will ja nicht ihre Grammatik korrigieren. Ich möchte nur sicherstellen, dass der Artikel in die Richtung geht, die wir haben wollen.«
»Für diese Art von Zusammenarbeit möchte sie wahrscheinlich was Exklusives haben, wenn es so weit ist.«
»Wie wär’s mit dem ersten Interview mit Ihnen?«
»Was, wenn ich keine Interviews machen will?«
»Pech.«
Jetzt hatte ich den Salat.
Es waren knifflige Verhandlungen, letztendlich aber einigten wir uns auf eine für beide Seiten tragbare Abmachung, nur wir beide, ohne Vorgesetzte, ohne Fred, ohne Redakteure. Sie versprach, den Artikel zu platzieren, und verlangte dafür sofortigen Zugang zu allen Informationen gleich nach Eröffnung des Verfahrens, unabhängig davon, wie der Rest der Presse behandelt wurde. Außerdem würde ich mich eine Stunde lang mit ihr zusammensetzen, sobald ich mich vom Verhaftungs-Papierkram loseisen konnte, und in dieser Zeit würden wir offen über den Fall und seine Entwicklung reden.
Am nächsten Morgen war die Kacke am Dampfen.
Wie aus anonymen Polizeikreisen verlautete, wird gegen Hollywoods Special-Effects- und Make-up-Genie Wilbur Durand, zu dessen spektakulärer Erfolgsgeschichte eine Reihe der berühmtesten Horrorfilme aller Zeiten gehören, in Zusammenhang mit dem Verschwinden mehrerer kleiner Jungen im Großraum Los Angeles ermittelt. Sein erst kürzlich angelaufener Kinofilm Sie essen dort kleine Kinder, in jeder Hinsicht ein spektakulärer Erfolg, war das erste Projekt seiner eigenen Produktionsfirma Angel Films. Durand, 40, wird von vielen Hollywood-Stars als der beste Make-up-Künstler seiner Generation betrachtet, doch dieser Titel sagt kaum etwas über die wahre Bandbreite seiner Talente aus. Eine Schauspielerin, die ungenannt bleiben will, wird mit folgendem Satz zitiert: » Er konnte mich auf eine Art wieder jung aussehen lassen wie sonst keiner. «
Nach einer » langen und gründlichen Ermittlung « , so ein zuständiger Polizeibeamter, wird nun nach Durand gesucht, um ihn im Zusammenhang mit dem Verschwinden von drei Jungen zu verhören, zwei 13 und einer 12 Jahre alt, die alle im westlichen Teil von Los Angeles entführt wurden. Einer wird seit etwa zwei Jahren vermisst, ein anderer seit ungefähr einem Jahr und der dritte seit etwa zwei Monaten. Gegenstände, die den drei vermissten Jungen zugeschrieben wurden, wurden in einem Versteck in Durands Studio gefunden und später eindeutig von Verwandten der Jungen identifiziert. Darüber hinaus wird gegen ihn wegen einer möglichen Verwicklung in den Tod des zwölfjährigen
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